Die Rose des Propheten 4 - Das Buch der Akhran
daß die Nesnas mehr werden, und so können wir nur annehmen, daß sie zwar fast in jeder Hinsicht nur halbe Männer sind, mindestens in einer aber vollständig.«
Langsam sackte Zohra wieder auf ihren Stuhl zurück.
»Ich hätte nicht gedacht, daß du uns schon so bald verlassen willst.«
»Wer bist du?«
»Man nennt mich die Schwarze Zauberin. Mein Gemahl ist der Gebieter der Schwarzen Paladine. Er und ich haben unser Volk seit mehr als siebzig Jahren regiert…«
Zohra starrte die Frau erstaunt an.
»Mein Alter? Ja, ich sehe, daß dir das bemerkenswert erscheint. Ich kann dir dieselbe ewige Jugend versprechen, meine Liebe, sofern du dich als fügsam erweist.«
»Was willst du von mir?«
»Jetzt wirst du endlich vernünftig. Wir wollen deinen Körper. Ihn und die Frucht, die er austragen wird. Hast du schon jemals Kinder ausgetragen?«
Zohra schüttelte verächtlich den Kopf.
»Und doch bist du die Frau des einen, der von den Ghulen angegriffen wurde.«
Zohras Gesicht glühte. Sie preßte die Lippen aufeinander und starrte ins flackernde Licht des Kohlenbeckens. Sie spürte, daß sich die Augen der Zauberin auf sie richteten, und sie hatte das unbehagliche Gefühl, daß die Frau in die tiefsten Tiefen ihrer Seele hineinblicken konnte.
»Außerordentlich«, murmelte die Zauberin. »Laß mich dir erzählen, meine Liebe, wie der Gott die Frauen ehrt, die in diese Burg gebracht werden. Jene, die für würdig befunden werden, werden als Züchterinnen ausgewählt. Sie sind es, die die Anhängerschar des Zhakrin vermehren, auf daß unser Großer Gott in Stärke und Macht zu uns zurückkehren kann. Jede Nacht begeben sich diese Frauen in besondere Räume, und stets um Mitternacht betreten die Schwarzen Paladine diesen Turm und suchen die Räume auf. Hier ehrt jeder Mann die auserwählte Frau, indem er seinen Samen in ihren Schoß legt. Wenn dieser Samen keimt und die Frau schwanger wird, wird sie aus den Räumen entfernt und versorgt, bis sie niedergekommen ist. Danach kehrt sie wieder in die Räume zurück, um ein weiteres Kind zu empfangen…«
»Lieber würde ich sterben«, erklärte Zohra gelassen.
»Ja«, antwortete die Zauberin lächelnd, »ich glaube, das würdest du wohl. Das sagen viele am Anfang, und einige wenige haben es auch versucht. Aber wir können uns eine solche Verschwendung nicht erlauben, und ich verfüge über Mittel, auch die störrischsten Frauen meinem Willen zu unterwerfen.«
Zohra schürzte verächtlich die Lippen.
Die Zauberin stand auf. »Ich werde dir trockene Kleider bringen lassen und auch etwas zu essen und zu trinken. Es wird ein Raum für dich vorbereitet. Wenn er fertig ist, wird man dich dorthin bringen.«
»Du vergeudest deine Zeit. Kein Mann wird mich berühren!« sagte Zohra langsam.
Die Zauberin hob eine Braue, lächelte und schwebte auf die Tür zu, die sich vor ihr öffnete. Zwei Frauen, wie die Zauberin in schwarze Gewänder gekleidet, schlüpften lautlos in den Raum. Eine trug ein Bündel aus schwarzem Samt in den Armen, die andere ein Tablett mit Speisen. Keine der Frauen sprach mit Zohra oder sah sie auch nur an. Vor den wachsamen Augen der Zauberin legten sie die Kleider auf einen Stuhl und setzten das Tablett auf einen Tisch. Dann verschwanden sie wieder stumm. Die Zauberin warf Zohra einen letzten Blick zu, bevor sie ihnen folgte.
Zohra horchte auf das Drehen des Schlüssels, konnte es aber nicht hören. Schnell lief sie zur Tür und preßte das Ohr dagegen. Als im Gang alle Geräusche verstummt waren, drückte sie auf den Griff. Die Tür blieb fest verschlossen. In der Ferne meinte Zohra ein leises Lachen zu vernehmen. Zornig wirbelte sie herum.
»Usti!« flüsterte sie.
Nichts geschah.
»Usti!« wiederholte sie wütend und schüttelte dabei den Ring. Rauch quoll hervor und verdichtete sich zu der Gestalt eines bleichen, erschütterten Dschinns.
»Diese Frau ist eine Hexe!«
»Eid oder nicht Eid, du mußt mich hier rausholen!«
»Nein, Gebieterin!« Usti fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Sie ist eine Hexe! Eine wahre Hexe! In meinem ganzen Leben habe ich noch nie einen so mächtigen Menschen gesehen. Sie wußte, daß ich hier war!«
»Unmöglich!« rief Zohra. »Hör auf, Vorwände zu suchen, und bring Khardan und mich auf der Stelle in unsere Wüste zurück!« Sie stampfte mit dem Fuß auf.
»Sie hat mit mir gesprochen!« Usti begann zu zittern. »Sie hat mir gesagt, was sie mir antut, wenn ich ihre Pläne durchkreuze. Prinzessin…
Weitere Kostenlose Bücher