Die Rose des Propheten 6 - Das Buch Promenthas
Wohle seines Volks geopfert zu haben, und es ist auch wunderbar, daß der böse Kaug endlich unschädlich gemacht wurde, aber ich fürchte, daß das unseren Leuten in Kich nicht geholfen, sondern sie eher einer noch viel schlimmeren Gefahr ausgesetzt hat.«
»Was meinst du damit, Frau?« wollte Scheich Zeid wissen.
In dem Wissen, daß sich alle Augen auf sie gerichtet hatten, erbleichte Meryem angemessen und wurde noch schüchterner als zuvor. Khardan nahm ihre Hand und ermutigte sie. Errötend warf Meryem ihm einen dankbaren Blick zu und fuhr fort. »Der Imam wird in zwei Wochen nach Kich zurückkehren. Er hat verkündet, daß eure Leute, die in Kich gefangengehalten werden, sollten sie sich bis dahin nicht zu Quar bekehrt haben, ausnahmslos die Klinge zu spüren bekommen werden.«
»Ist das denn möglich?« fragte Khardan entsetzt.
»Ich fürchte ja, Kalif«, erwiderte Zeid. »Das hat er schon öfter getan, in Meda und in Bastine und in anderen Städten. Ich selbst habe dieselbe Drohung vernommen. Wenn Quar, wie die Dschinnen sagen, jetzt wahrhaft verzweifelt sein sollte…« Selbst verzweifelt zuckte er mit den dicken Schultern.
»Dann müssen wir sie befreien«, entschied Khardan. »Aber wir können Kich nicht angreifen…«
»Ich kenne einen geheimen Weg in die Stadt«, sagte Meryem eilfertig mit leuchtenden Augen. »Ich kann euch führen!«
Zohra erhob sich und stolzierte aus dem Zelt. Khardan sah sie gehen, und es schien, als wollte er etwas sagen, doch dann schüttelte er leise den Kopf und widmete sich wieder dem Gespräch. Mathew warf dem Kalifen einen empörten Blick zu, dann eilte er Zohra nach.
»Wir müssen es ihm sagen!« bedrängte er sie.
»Nein!« erwiderte Zohra und schüttelte wütend Mathews Hand vom Arm. »Soll er sich doch wegen dieser Houri zum Narren machen!«
»Aber wenn er wüßte, daß sie versucht hat, dich zu ermorden…«
»Du hast ihm doch von dem Zauber erzählt, den sie über ihn verhängt hat!« Zohra fuhr herum und blickte Mathew ins Gesicht. »Hat er da vielleicht zugehört? Hat er dir geglaubt? Pah!« Sie drehte sich wieder um, ging weiter und stürmte in ihr Zelt.
Mathew setzte einen Schritt nach, dann blieb er stehen. Er machte einen Schritt zurück, auf das Kalifenzelt zu und blieb erneut stehen. Verwirrt und verunsichert, was er tun sollte, richtete der junge Hexer seine Schritte auf die offene Wüste. Obwohl die Nacht angebrochen war, strahlte der Sand noch viel Hitze ab, daß es noch einige Zeit dauern würde, bis die Temperatur erträglich geworden war.
»Ich habe ihm davon erzählt, wie Meryem einen Zauber über ihn verhängte. Ich habe ihm davon erzählt, wie sie versucht hat, ihn gefangenzunehmen und zum Emir zu bringen. Offensichtlich hat er mir nicht geglaubt, vielleicht hat ihm auch der Gedanke geschmeichelt, daß sie sich seinetwegen soviel Sorgen gemacht hat. Warum kann er denn nicht begreifen?« Mathew kochte vor Wut. »In allem anderen ist der Mann doch intelligent! Warum ist er ausgerechnet in dieser Hinsicht ein solch blinder Narr?«
Wäre Mathew in den süßen Qualen der Liebe erfahrener gewesen, hätte er sich diese Frage nie gestellt. Aber so sorgte er sich, stieß Verwünschungen aus und ging auf und ab, bis er voller Schweiß war, der auf seinem Leib trocknete und ihn mit zunehmender Nachtkälte zittern ließ.
Als ihm plötzlich bewußt wurde, daß das Stimmengewirr verstummt war, merkte er, daß es schon sehr spät war. Die Versammlung hatte sich aufgelöst, die Stammesmitglieder waren in ihre Zelte zurückgekehrt. Müdigkeit überwältigte den jungen Mann. Als er in das stille Lager zurückkehrte, entdeckte er, daß in der Nacht alle Zelte gleich aussahen. Schläfrig und gereizt stolperte Mathew erst in die Richtung, dann in jene. Er hoffte darauf, noch irgend jemandem zu begegnen, der ihm den Weg weisen könnte. Als er eine Bewegung wahrnahm, ging er auf die Person zu, eine Bitte um Hilfe auf den Lippen. Die Worte erstarben unausgesprochen, und Mathew huschte in den Schatten eines Zelts zurück.
Eine geschmeidige Gestalt glitt durch das Lager. Sie trug seidene Schleier, aber es fiel Mathew nicht schwer, die zerbrechliche, kleine Statur, den anmutigen Gang wiederzuerkennen. Verstohlen folgte der junge Mann Meryem und war nicht überrascht, als er sie auf die verschlossene Klappe eines Zelts zuschleichen sah, das Mathews Schätzung zufolge Khardan gehören mußte.
»Wer ist da? Was ist los?« rief der Kalif, der offenbar selbst das
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