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Die Rose von Angelâme (German Edition)

Die Rose von Angelâme (German Edition)

Titel: Die Rose von Angelâme (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carmen Mayer
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Festhalten an die vor Gott abgelegten Gelübde zu Keuschheit und absolutem Gehorsam. Die allerdings kein Orden je von ihm erbeten hatte, und die ihm inzwischen mehr zur Gewohnheit denn zur Notwendigkeit geworden waren.
    Pierre erreichte Kirkcaldy Anfang Oktober und begab sich schnurstracks zu der angegebenen Adresse, wo er erwartet wurde. Sein Weg per Schiff nach Norden entlang der Ostküste der britischen Insel und das ekelhafte Wetter mit seinen Nebeln und ewigem Regen waren nicht gerade dazu angetan, seine Laune zu verbessern. Ein kräftiger Wind, der das Schiff bedenklich schaukeln ließ und schließlich nicht nur einmal in eine bedrohliche Krängung brachte, konnte seine ohnedies niedergeschlagene Stimmung auch nicht heben.
    Jetzt dachte er voller Ekel daran zurück, dass ihn eine unaufhörliche Übelkeit dazu gezwungen hatte, sein Lager an Bord zu hüten, das er nur verließ, um sich zu übergeben.
    Wütend stapfte er durch den für diese Jahreszeit recht früh gefallenen Schnee zu der klosterähnlichen Anlage hinauf, wohin man ihn verwiesen hatte, und ärgerte sich darüber, sich im Ort kein Pferd gemietet zu haben. In Kirkcaldy hatte man ihm versichert, es wäre ein Katzensprung bis zu seinem Ziel, und Pierre begann sich bei jedem Schritt zu fragen, wie groß wohl die schottischen Katzen sein mochten, die solche Sprünge machten.
    Überrascht blieb er wenige Schritte vor dem Tor des Temple stehen, das halb geöffnet war und ihn offensichtlich zum Eintreten aufforderte. Die Gestalt, die jetzt auftauchte und in ihrem hellen Habit und dem vertrauten Mantel mit dem roten Tatzenkreuz über der Schulter gegen das Dunkle Rechteck der Toröffnung stand, ließ ihn die Luft anhalten.
    „Nun, Bruder, was stehst du da draußen in Kälte und Schnee? Komm herein, du wirst erwartet!“
    Bruder! Wie lange hatte er das Wort nicht mehr auf diese ehrliche Weise ausgesprochen gehört. Und jetzt hier, nach all seinen Zweifeln der vergangenen Tage, Monate, Jahre! rief es ihm dieser Mann am Ende der Welt zu, wo er es am allerwenigsten erwartet hätte.
    Mit den Fingern der rechten Hand umschloss er für einen Augenblick seinen linken Mittelfinger, an dem seit so vielen Jahren jener Ring steckte, den man ihm einstmals überlassen hatte. Dann warf er sein Bündel in den Schnee, riss die Arme hoch und lief voller Freude auf den Mann zu, der ihm lachend entgegentrat.
    „Bruder!“, rief er und umarmte den längst verschollen Geglaubten. „Dass Ihr lebt! Ich habe es nicht zu hoffen gewagt.“
    SaintMartin lächelte.
    „Unkraut verdirbt nicht“, sagte er und legte freundschaftlich seinen hellen Mantel um die Schultern des Jüngeren. „Komm jetzt, wir haben das Essen für dich vorbereitet, und wollen doch keine Minute verlieren, das Erlebte der vergangenen Jahre zu erzählen. Außerdem: Lass die förmliche Anrede. Wer meinen Ring so viele Jahre in Treue trägt, ist mir mehr als ein Bruder im Herrn!“

    SaintMartin hatte (so berichtete er Pierre nach einem reichlichen Mahl im Kreise schottischer und französischer Ordensbrüder, die ihn herzlich aufgenommen hatten) nach einem Gespräch mit Henri le Loup und einem weiteren mit de Molay noch im Jahre 1307 die Aufgabe übernommen, sich darum zu kümmern, dass sich die Mitglieder des Ordens in den verschiedenen Komtureien still verhielten. De Molay konnte und wollte sich nicht vorstellen, dass der König es wagen würde, einem vom Papst approbierten Orden zu nahe zu treten, wessen immer sich dieser auch schuldig gemacht haben mochte.
    Der Großmeister wollte auf alle Fälle durch Gespräche mit Papst Clemens und Philipp IV. die Vorwürfe aus der Welt schaffen, die inzwischen nicht nur gegen den Orden, sondern auch gegen dessen Mitglieder erhoben worden waren, und erreichen, dass diese nach einer päpstlichen Untersuchung zurückgenommen würden. De Molay war sicher gewesen, dass sich die erhobenen Anklagen entkräften lassen würden, und informierte seine Präzeptoren und Komture darüber, dass Hausdurchsuchungen anstünden, die sie jedoch ohne jeglichen Widerstand zulassen sollten, um der Wahrheitsfindung nicht hinderlich zu sein.
    Eine im guten Glauben erteilte Anordnung, die dazu führte, dass die Verhaftungen an jenem 13. Oktober 1307 an Männern vollzogen wurden, die sich, ohne zu ihren Waffen zu greifen, ergeben hatten. De Molay selbst hatte in seinem blinden Glauben an den Papst und die Unantastbarkeit seines Ordens die Wege zu dem geebnet, was der König auszuführen

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