Die Rose von Angelâme (German Edition)
mit einer Tasse heißer Milch kommen und sich kichernd über sehr interessante Themen mit ihr unterhalten. Rose liebte die Gespräche unter Frauen und konnte kaum erwarten, die erregenden Neuigkeiten zu erfahren, die ihre Zofe ihr zweifellos zutragen würde.
Albert war wenige Minuten später in den Gemächern des Oheims angekommen. Noch immer lag ein belustigtes Lächeln auf seinen Lippen, und außerdem drängte ihn das glühende Gefühl zur Eile, das er seit dem Berühren der üppigen Formen seiner Frau in den Lenden verspürte.
Der Ältere kam ohne Umschweife zum Thema, und Alberts Lächeln und seine lüsternen Gedanken verschwanden augenblicklich.
„Es hat im Nachbarlehen eine aufsehenerregende Hexenverbrennung gegeben“, sagte der Oheim aufgebracht und wies auf einen Stuhl. „Setz dich.“
„Eine Hexenverbrennung?“, fragte Albert und starrte ihn entsetzt an. „Aber …“
„Diese sogenannte Hexe, eine gut bekannte Kräuterfrau, wurde angeklagt, mit dem Teufel im Bunde zu stehen. In ihrer Nachbarschaft waren nacheinander mehrere Totgeburten zu verzeichnen gewesen. Die Mütter dieser Kinder wurden daraufhin von ihren Männern beschuldigt, sich von der Frau Mittel verschafft zu haben, unter deren Einwirkung die Ungeborenen bereits im Mutterleib getötet wurden.“
„Das ist doch nicht ungewöhnlich“, warf Albert wissend ein, aber Jacques gebot ihm zu schweigen.
„Angezeigt und angeklagt wurde die arme Frau von einem Mann, der plötzlich ein Nachlassen seiner Manneskraft festgestellt hat, mit der er sich bislang gerne gebrüstet hatte. Er habe lediglich ein harmloses Mittel gegen Blasenbrennen bei ihr besorgen wollen, sie aber habe ihm offenbar aus Boshaftigkeit ein Zeug zusammengebraut, das seine Männlichkeit lächerlich mache.“
„Ach.“
„Daraufhin wurde die Frau verhaftet und hochnotpeinlich verhört. Und siehe da: Die Mütter der toten Kinder und eine ganze Reihe impotenter Männer wollen gemäß ihrer Aussagen plötzlich alle gewusst haben, dass die Kräuterfrau im Bund mit dem Teufel stehe!“ Der Oheim war sichtlich ungehalten. „Diese Kreaturen sagten vor den eilig angereisten Herren der Inquisition Dinge aus, die sich ein normaler Mensch weder vorstellen noch von jemand anderem glauben kann, und die ihnen diese Ratten in den Mund gelegt haben müssen. Doch haben genau diese Verleumdungen dazu geführt, dass das armselige Weib schließlich auf dem Scheiterhaufen landete, nachdem man sie fürchterlich gequält und gezwungen hatte, die absurdesten Anschuldigungen zu bestätigen.“
„Wer …“
„Das Unglaubliche an der Geschichte ist: Derjenige, der das alles eingefädelt hat, ist immerhin in den Vierzigern! Ein Alter, in dem es schon hin und wieder passiert, dass die Manneskraft nachlässt. Aber noch viel ungeheuerlicher ist: Es handelt sich um einen Priester!“ Jacques schnappte hörbar nach Luft.
„Ein Priester?“
„Jawohl, ein Priester!“
„Könnte es sein, dass die Kräuterfrau dem lüsternen Bock tatsächlich ein Mittelchen gegeben hat, um ihm die Erfüllung seines priesterlichen Eides auf Enthaltsamkeit zu erleichtern?“
„Das ist wohl möglich“, pflichtete ihm der Alte bei. „Es gibt Gerüchte, denen zufolge die Kräuterfrau seit längerer Zeit im Streit mit der Kirche und ihren Dienern lag.“
„Das also steckt hinter der ganzen Geschichte! Gab es denn Beweise für die Anschuldigungen, die man gegen sie vorgebracht hat?“, fragte Albert fassungslos.
„Beweise? Wofür Beweise? Glaubst du denn an einen Teufel, der es nötig hat, von Wehmüttern Mittelchen gegen ungewollte Schwangerschaften, und Salben gegen priesterliche Potenz verkaufen zu lassen?“, fragte der Oheim wütend. „Ich denke, wen dieser üble Geselle jenseits der fleischlichen Genüsse wissen will, den macht er mit einem Wimpernschlag zum Eunuchen! Und wessen Balg er nicht in seiner gehörnten Schar haben mag, den tötet er bereits vor seiner Zeugung!“
Der Oheim setzte sich. Er winkte müde ab, als Albert sich dazu äußern wollte.
„Wem sollte denn diese Hexenverbrennung nützen?“, überlegte Albert schließlich laut.
„Die Inquisition findet immer einen Nutzen an solchen Dingen. Ein Glück nur für die Ärmste, dass der Henker ihr das Genick gebrochen hat, bevor die Flammen sie auffraßen. Ein Hohn, nicht wahr? Ausgerechnet der Henker besaß noch eine Spur von Menschlichkeit.“
Albert war blass geworden. Er hatte schon gehört, dass es Hexenprozesse gab – aber weit
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