Die Rose von Angelâme (German Edition)
weg, was sie bislang lediglich zum Gerücht machte. Als er jedoch den Bericht des Oheims gehört hatte, schwieg er betroffen. Er wusste, dass jedes Gerücht einen wahren Kern hatte. Den Kern hinter den Gerüchten um die Hexenverbrennungen hatte er bislang jedoch ignoriert.
„Das Fatale daran ist, Albert: Diese Prozesse werden von der Kirche geradezu gefördert. Die Pater, die den Prozess geführt haben, die Vertreter der Inquisition in ihren schwarzen Mänteln, diese Ausgeburten der Hölle sind wahre Könner bei diesem makabren Geschäft. Die haben gar nichts ausgelassen, als sie die Frau foltern ließen.“ Er starrte mit zusammengezogenen Augenbrauen vor sich hin. „Gar nichts.“
„Woher weißt du das?“
„Ich habe meine Verbindungen.“
„Bleibt zu hoffen, dass solche Dinge nicht auch bei uns geschehen“, sagte Albert leise, der ahnte, was der Oheim mit diesen Verbindungen meinte.
„Bis jetzt ist mir nichts von einer Hexenverfolgung in unserem Lehen zu Ohren gekommen“, antwortete ihm der Ältere. „Ich hoffe sehr, die Inquisition wird hier auch niemals tätig. Allerdings …“ fügte er an, „und dies ist der Grund dafür, weshalb ich dich hergebeten hatte: Der gefürchtetste der Inquisitoren, Fulco, hat anklingen lassen, dass er sich als Nächstes unser Lehen genauer anzusehen wünsche.“
„Fulco?“, fragte Albert überrascht. Der Ruf dieses Mannes war auch ihm nicht unbekannt.
„Er hat bereits im Languedoc damit begonnen, die jüdischen und lombardischen Bürger in Angst und Schrecken zu versetzen.“
„In wessen Namen?“, wollte Albert wissen, der einen Funken Hoffnung hatte, dass Fulcos Auftraggeber keinen Einfluss auf das Lehen derer zu Angelâme haben würden. Wobei er sich auch im Klaren darüber war, dass sich Klerus und König angesichts der neueren Entwicklung verschiedener Dinge einen Dreck um alte Dekrete kümmern würden, wenn es um ihre Ansprüche an Macht und Geld ging.
„Im Namen unseres allergnädigsten Herrn und Königs, Philipps des Schönen von Frankreich“, antwortete Jacques sarkastisch. „Ein König, der im Augenblick seinen Spaß daran zu haben scheint, unbescholtene Bürger einkerkern zu lassen, und der skrupellos ihr Hab und Gut beschlagnahmt!“
„Das ist wohl der eigentliche Grund dafür, warum er die Abscheulichkeiten zulässt, die einem Mann wie Fulco einfallen“, mutmaßte Albert. „Der König scheint in großen Geldschwierigkeiten zu stecken, wenn er sich auf diese beschämende Weise des Vermögens Unschuldiger bemächtigt.“
„So sehe ich es auch.“
„Glaubt Ihr …”
„Eine weitere Sache, weshalb ich dich hergebeten habe, Albert“, unterbrach ihn der Oheim. „Ich habe gehört, dass de Nogaret einen Schlag gegen die Templer geplant hat. Wenn ich richtig informiert bin, hat er Beweise in der Hand, wonach er sie einiger schwerwiegender Vergehen beschuldigt.“
„Gegen die Templer? Großer Gott!“ Albert war aufgefahren.
„Setz dich wieder! Ich hoffe, du behandelst dieses Gespräch mit der dir auferlegten Verschwiegenheit!“
„Sicher“, bestätigte Albert. „Sicher.“
„Hör zu: Die Ritter werden unter anderem bezichtigt, sich an Kirchenschätzen bereichert zu haben.“
„Ungeheuerlich!“, stieß Albert zwischen den Zähnen hervor. „Dabei haben die obersten Würdenträger der Kirche seit Jahrzehnten nichts anderes getan, als sich an Dingen zu bereichern, die sie sich aus dem Verkauf unermesslicher Schätze und Ländereien des Lateran und der Kirche aneigneten! Die meisten Päpste haben sofort nach ihrer Amtseinführung begonnen, die Ländereien, ja selbst die heiligen Messgeräte des Lateran und sogar der Kirchen unter ihren Familien aufzuteilen! Selbst der König …“
„Beruhige dich doch!“, rief Jacques und sah sich lauschend um. „Auch diese Wände haben Ohren.“
„Verzeiht. Ich habe mich vergessen. Also will sich der König auf infame Weise auch der Güter und des Geldes der Templer bemächtigen“, stellte Albert schließlich lakonisch fest.
„Das ist noch längst nicht alles. Seitdem einer unserer ehemaligen Mitbrüder öffentlich das Gerücht verbreitet, wir machten uns der Häresie, der Zauberei und des Götzendienstes schuldig, hat Monsieur de Nogaret Trümpfe in der Hand, die es ihm ermöglichen, den Orden anzugreifen. Genau das wird er auch tun, dieser Satansbraten, du wirst sehen, und die Kirche wartet nur darauf, sich einzumischen und ihren Anteil zu sichern. De Nogaret hat offenbar von langer
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