Die Rose von Angelâme (German Edition)
Guillaume Imbert schickte, mit dem er beichtend und beratschlagend den Rest des Tages verbrachte.
De Nogaret kannte Philipp genau und wusste, dass jener spätestens am darauf folgenden Tag seinen nächsten Schachzug mit ihm besprechen und ihm entsprechende Anweisungen geben würde. Das konnte der Kanzler des Königs abwarten. Schließlich stand viel für ihn dabei auf dem Spiel. Er wähnte sich kurz vor der heiß ersehnten Erfüllung seiner Träume. Für seine Erhebung in den hohen Adel war er mehr denn je bereit, das Leben von Menschen aufs Spiel zu setzen, die ihm nur etwas bedeuteten, solange sie ihm nützten.
De Nogaret war Guillaume Imbert beharrlich auf den Fersen geblieben und glaubte zu wissen, dass dessen Maßnahmen rund um das Lehen zu Angelâme nur dem einen Zweck dienten: den Schatz zu heben, den sie seiner Meinung nach beide dort vermuteten. Er wollte um jeden Preis schneller sein als der dicke Dominikaner.
Zu dumm nur, dass er bislang noch immer nicht herausgefunden hatte, wonach er eigentlich suchen sollte. War es eine geheime Formel, ein uraltes Wissen, ein sakraler Gegenstand, eine Reliquie? War es gar tatsächlich der Heilige Gral? Jene heilige Schale, nach der angeblich die Ritter der Tafelrunde ehemals gesucht hatten? War es der Stein der Weisen, das Wasser des Lebens, die Flamme der Ewigkeit? Oder war es nur ein Symbol, ein Menetekel an der Wand? Er ärgerte sich maßlos darüber, dass er dem alten, wimmernden Papst nicht mehr entlocken hatte können, als dass es ein Geheimnis gebe, welches denjenigen, der es zu seiner Zeit entschlüssele, uneingeschränkte Macht verliehe.
Uneingeschränkte Macht!
Was für ein Wort!
De Nogaret erinnerte sich grinsend an den alten Papst, der in der Hoffnung auf Gnade und in seinem von Hunger, Misshandlung und Entbehrung gezeichneten Zustand nicht mehr zu wissen schien, was er sagen durfte und was er hätte verschweigen müssen.
Jetzt hatte der Beichtvater des Königs die Dinge in die Hand genommen. Das erleichterte Vieles.
De Nogaret lachte böse.
Die Inquisition würde einen Grund finden, auf Geheiß des Königs in Angelâme einzudringen und den Weg für die Pläne Philipps zu ebnen, sich dieses wertvolle Lehen unter die Nägel zu reißen. Was sich weiter dort verbarg, davon ahnte der König de Nogarets Meinung nach nichts, und er würde tun und lassen können, was ihm beliebte.
Mit seinem Handeln würde Philipp dem Orden, der auf undurchschaubare Weise eng mit dem Anwesen verbunden war, einen schweren Verlust zufügen. Was wiederum von allem anderen ablenkte, das danach dort geschah.
De Nogaret rieb sich in grimmiger Vorfreude die Hände.
Aber noch unterstanden die Inquisitoren nicht dem König. Noch handelten sie nach eigenem Ermessen, wenngleich auch gestützt auf Informationen, die ihnen in mehr oder weniger lauterer Absicht zugetragen wurden.
De Nogaret strich die leicht ergrauten Haare zurück, die ihm ins Gesicht gefallen waren.
„Ein genialer Plan, fürwahr. Zumindest aus der Sicht des Königs“, flüsterte er heiser. „Die fette Schlange jedoch, die er an seiner Brust nährt, hat andere Pläne, die mir zugutekommen werden.“
Guillaume Imbert. Ein paar Augenblicke lang rief de Nogaret das Bild des dicken, schnaufenden Beichtvaters vor sein inneres Auge, ließ in Gedanken seine Blicke über den massigen Körper des fetten Schweins gleiten, das er wie die Pest hasste.
Er sah ihm in das rosarote, selbstgefällige Gesicht über den Fettwülsten zwischen Brust und Kopf, die ihn daran hinderten den Kopf zu drehen, was ihn noch unbeweglicher als ein Berg scheinen ließ.
Er sah die hellen, wachsamen Augen, die unter schweren Lidern und blassen Brauen jeden bis tief in die Seele hinein zu ergründen suchten.
Er sah den kleinen, ständig feuchten Mund, der manchmal rasselnde Geräusche von sich gab, und die feisten Wurstfinger, die sich immer wieder nervös an dem schweren, edelsteinbesetzten Kreuz auf seinem dicken Wanst zu schaffen machten.
Voller Abscheu schüttelte de Nogaret den Kopf und ließ das Bild wieder verschwinden. Er brauchte diesen Menschen noch. Er vermutete, dass Guillaume Imbert genau wusste, wonach zu suchen war.
De Nogaret würde keinen Augenblick von seiner Seite weichen.
Er würde allerdings auch nicht mit ihm teilen. Wenn gefunden war, wonach sie seiner Meinung nach beide suchten, würde es diesen fetten Sack nicht mehr geben. Dann wäre seine Zeit gekommen.
Es würde ihn nicht mehr interessieren, was über ihn
Weitere Kostenlose Bücher