Die Rose von Asturien
Kriegszug nutzen konnte. Inzwischen würde König Karl bereits die Pyrenäen vor sich sehen oder gar schon erreicht haben, doch hier im Lager gab es kaum genug Lebensmittel für seine Vorhut, geschweige denn für das Hauptheer.
Roland überlegte, wie er diesen Umstand ändern konnte. Es reizte ihn, Pamplona anzugreifen und den verräterischen Stadtherrn am höchsten Turm seiner Festung aufzuhängen. Dazu aber verfügte er weder über genug Truppen noch über das notwendige Kriegsmaterial. Also würde er sich anders behelfen müssen. Sein Blick wanderte weiter nach Westen. Dort lag das Königreich Asturien, dessen Herrscher ebenfalls viel versprochen, aber bisher noch nichts gehalten hatte. Es wurde Zeit, König Silo daran zu erinnern, dass er bei den Franken nicht mit zwei Zungen sprechen durfte. Für einen Augenblick erwog Roland, selbst in die asturische Grenzmark zu reiten, um dort Korn, Wein und andere Lebensmittel einzufordern. Zu seinem Leidwesen war er hier jedoch unabkömmlich. Daher hatte er eigentlich nur die Wahl, Eward, König Silos angeheirateten Verwandten, zu schicken. Aber er traute Karls Halbbruder weder das nötige diplomatische Geschick noch die Fähigkeiten als Anführer zu. Hildiger würde das große Wort schwingen und seine Gastgeber noch mehr verprellen, als es Eward tun würde.
Roland dachte verärgert daran, dass die Asturier nicht erfahren durften, wie Ermengilda von ihrem Gatten behandelt worden war. Dieser hatte sie wie eine Kebse, derer er überdrüssig geworden war, ins Zelt der Geiseln geschickt. Auch haderte er mit Karl, der seinem Halbbruder zu viel nachgesehen hatte. Da der König selbst ein Freund und Bewunderer des weiblichen Geschlechts war, konnte er sich wahrscheinlich nicht vorstellen, dass Eward keinen Gefallen an einem so schönen Mädchen wie Ermengilda finden würde. Um seinen Halbbruder zur Heirat zu bewegen, hatte er ihn sogar mit der Aussicht gelockt, Markgraf in Spanien und damit einer der mächtigsten Fürsten des Reiches zu werden.
In Rolands Augen besaß Eward jedoch keine der Fähigkeiten, die notwendig waren, dieses Amt auszufüllen. Eine solcheAufgabe erforderte einen Mann von Format, keinen weichlichen Jüngling. In diesem Augenblick wurde ihm klar, wen er als Boten nach Asturien schicken würde, und seine Miene hellte sich auf.
Er trat zum Zelteingang und winkte einen seiner Leibwächter zu sich. »Hole mir den Burschen, den der König wegen des erschlagenen Ebers geehrt hat.«
Wenn er Konrad mit dieser Aufgabe betraute, würde er Eward und Hildiger in ihre Schranken weisen. Die beiden verabscheuten den jungen Krieger, weil er ihnen vom König aufgezwungen und als Vorbild an Mut und Tapferkeit hingestellt worden war. Auch hatte Konrad seine Aufgabe, Ermengilda aus den Bergen zu holen, gut erfüllt und es verdient, sich weiter auszeichnen zu können.
8.
K
onrad und Philibert hockten vor ihrem Zelt, redeten über Ermengilda und wünschten sich die Macht, Eward bestrafen zu können, weil er dieses wundervolle Wesen so verächtlich behandelte. Mitten in die unausgegorenen Pläne, die sie für die Rose von Asturien schmiedeten, um deren Los zu erleichtern, erschien ein Bretone und forderte Konrad auf, mit ihm zu kommen.
Der junge Mann blickte zuerst den Bretonen an und dann Philibert. »Was mag der Markgraf von mir wollen?«
»Da musst du ihn schon selbst fragen. Ich weiß es nämlich nicht.« Trotz seines abweisenden Tonfalls wirkte Philibert neugierig.
Da Konrad zögerte, versetzte er ihm einen Stoß. »Jetzt mach schon! Je schneller du bei Roland bist, umso eher kannst du mir sagen, weshalb er dich hat rufen lassen.«
Konrad sprang auf und lief hinter dem Bretonen her, der nicht auf ihn gewartet hatte. Mit seiner Eile zog er etliche Blicke auf sich. Ein Reiter aus Ewards Schar sah ihm nach, um sich zu vergewissern, wohin der Bauer ging, und trat dann mit einem unterdrückten Grinsen in Hildigers Zelt. Er genoss es, diesem die Neuigkeit mitzuteilen, denn es würde Ewards Schwertbruder höllisch ärgern, dass Roland nicht mit ihm, sondern mit einem untergeordneten Krieger sprechen wollte.
Vor dem Zelt des Markgrafen angekommen, fiel Konrad trotz seiner Anspannung auf, wie schlicht dessen Unterkunft wirkte. Roland schien ein Mann zu sein, der sich wenig aus Prunk und weithin sichtbaren Standeszeichen machte.
Der Bretone öffnete den Zeltvorhang und ließ Konrad ein. Roland saß auf einem einfachen Klappstuhl neben einem kleinen Tisch und starrte ins
Weitere Kostenlose Bücher