Die Rose von Asturien
Reiter, die Konrad begleitet hatten, bildeten einen weiten Kreis um die beiden jungen Männer.
»Los, Konrad, zeig diesem Kotwühler, was ein richtiger Mann ist. Der König wird dir Dank wissen!«, rief einer, und die anderen stimmten ihm johlend zu.
Das Fatale war, dass der Mann recht hatte, durchfuhr es Hildiger. Sein Tod würde König Karl keine Träne entlocken, und Eward, dieser Schwächling, würde sich dessen Diktat klaglos beugen und nicht einmal daran denken, ihn an diesem Bauernlümmel zu rächen. Er starrte Konrad an, der mit zornweißem Gesicht vor ihm stand, und erinnerte sich, dass der Kerl seit jener Sache mit dem Keiler auch einen Bären, etliche Waskonen und vor kurzem auch noch Mauren getötet hatte. Nun bekam er es mit der Angst zu tun.
Sein Stolz verbot es ihm jedoch zurückzustecken. »Du hast deine Waffe gegen deinen Anführer gezogen. Dafür hast du dein Leben verwirkt. Los Männer, nehmt ihn gefangen!«
Hildigers Befehl galt Reitern aus Ewards Gefolge, die neugierig näher gekommen waren. Diese zogen die Waffen und wollten auf Konrad losgehen.
Da aber stellten sich ihnen die Krieger in den Weg, die mit Konrad geritten waren, und ließen die Schwerter aus den Scheiden fahren. »Kommt her, Bürschchen! Wir wollen doch sehen, ob ihr im Kampf etwas taugt. Bis jetzt haben weder eure Anführer noch ihr einem Feind ins Auge gesehen.«
Die Männer aus Rolands Aufgebot hatten sich während der letzten Wochen oft genug über die Hochnäsigkeit und Anmaßung von Eward und seinem Gefolge geärgert und brannten darauf, es ihnen heimzuzahlen.
Konrad spürte, dass die Situation außer Kontrolle geriet. Ein blutiger Kampf innerhalb des Heeres würde den Zorn des Königs erregen und in höchstem Maße den Zusammenhalt gefährden. Daher schob er seine Klinge wieder in die Scheide und hob die Hand. »Halt! Lasst die Waffen stecken! Oder wollt ihr dem König ein so beschämendes Schauspiel liefern?«
»Du gibst also die beiden Gäule her?«, fragte Hildiger spöttisch.
Konrad schüttelte den Kopf. »Beide nicht, denn ein Tier steht mir als Anführer der Schar als Beute zu. Die andere Stute soll Eward gehören, weil der König ihn zu meinem Anführer bestimmt hat. Da du für Eward den Stallburschen spielst, kannst du ihm das Tier bringen!«
Mit diesen Worten warf Konrad Hildiger die Zügel zu. Dieser fing sie im Reflex auf und sah sich dem Gelächter der Leute ausgeliefert.
»Du bist also doch zu etwas zu gebrauchen, Hildiger«, rief einer, und ein Zweiter schlug in dieselbe Kerbe. »Als Pferdeknecht machst du dich ausgezeichnet.«
In Hildiger kochte es, aber die Mienen seiner Männer verrieten ihm, dass diese die Schwerter nicht mehr für ihn ziehen würden. Wenn er Konrad auf das ihm gebührende Maß zurechtstutzen wollte, musste er es eigenhändig tun. Doch allein bei dem Gedanken, sich mit diesem Schlagetot einzulassen, zitterten ihm die Knie. Außer sich vor Wut, wandte er Konrad den Rücken zu und wollte die Stute wegbringen.
Da nahm ihm jemand die Zügel aus der Hand. »Das Pferd bleibt bei Konrad.«
»Halt du dich da raus, du …«, begann Hildiger voller Zorn. Dann blieb ihm die Stimme weg, denn vor ihm stand der König.
Karl zog ein angewidertes Gesicht und drückte Konrad die Zügel in die Hand. »Das Recht eines Kriegers auf die ihm zugesprochene Beute darf ihm niemand streitig machen. Wer es tut, ist ein Hundsfott!«
Damit klopfte er der Stute leicht auf die Hinterbacken und ging hinüber zu Ewards Zelt.
Hildiger wollte ihm folgen, wurde aber von den Leibwachen des Königs abgedrängt.
»Herr Karl will allein mit seinem Verwandten sprechen. Du bist hier überflüssig«, höhnte einer der Männer.
Die Krieger, die sich um Konrad geschart hatten, lachten, denn sie gönnten Hildiger die doppelte Niederlage. Gleichzeitig aber waren sie erleichtert, weil Karl auch in einer Sache, die einen seiner engsten Verwandten betroffen hatte, gerecht geblieben war.
6.
K
arls Schritte zeugten von seinem Ärger, und die Bewegung, mit der er die Plane vor dem Zelteingang wegschob, verhieß nichts Gutes.
Eward lag auf dem Feldbett, und auf einem Klapptisch in seiner Reichweite standen ein silberner Becher und ein halbvoller Weinkrug. Der König goss sich ein, ohne den Diener zu beachten, der ihm ins Zelt gefolgt war und ihm aufwarten wollte.
»Hast du nichts anderes zu tun?«, fragte er, als der Mann nach dem Weinkrug griff, und setzte leiser hinzu: »Verschwinde!«
Der Diener zuckte zusammen
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