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Die Rose von Asturien

Titel: Die Rose von Asturien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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gelassen. Maite fragte sich, was dort unten los war. Neben ihr fluchte Waifar und fügte wütend hinzu: »Wenn die so weitermachen, hat die Spitze des Zuges die Schlucht bereits passiert, bevor der hintere Teil sie betreten hat.«
    »Vorsicht! Wenn die Franken dich hören, sind sie gewarnt«, wies Maite ihn zurecht. Doch auch sie konnte sich keinen Reim auf das Verhalten der Feinde machen. Sie starrte auf den gepanzerten Wurm, der quälend langsam die Straße entlangkroch. Von den Felsen aus, auf dem sie lagen, wirkten die Krieger so klein wie Ameisen. Das machte es ihr leichter, nicht an sie als Menschen zu denken, denn sie hatte einige der Franken schätzen gelernt.
    Am schlimmsten war die Vorstellung, dass der kleine Just schon bald tot im Schatten eines Felsens liegen würde. Auch wünschte sie sich, sie könnte etwas für Philibert und Konrad tun, denen sie ihre und Ermengildas Rettung vor dem Bären zu verdanken hatte. Die Asturierin befand sich ebenfalls dort unten und lief Gefahr, einem verirrten Pfeil oder blindwütigen Angreifern zum Opfer zu fallen. Beinahe war es wie damals, sagte sie sich. Erneut lauerte sie einem Reisezug auf, der die Rose von Asturien nach Franken bringen sollte. Nur standen ihnen diesmal nicht nur zwei Dutzend Krieger gegenüber, sondern mehr als tausend.
    Auch auf ihrer Seite hatten sich weitaus mehr Krieger als die gut hundert jungen Burschen jenes Überfalls versammelt. Rechts und links der Schlucht lauerten Aufgebote der meisten Waskonenstämme und der mit ihnen blutsverwandten Gascogner. Dazu kam eine große Zahl von Mauren, darunter dieBerberkrieger Fadl Ibn al Nafzis und die Männer von Jussuf Ibn al Qasi, die zwar Muslime waren, aber ihre visigotische Abkunft nicht verbergen konnten.
    Die Berber hatten etliche Gefährten bei Scharmützeln gegen die Franken verloren und gierten nach Rache. Sie konnten es kaum erwarten, die Franken in der Falle zu sehen, und verfluchten die Verzögerung.
    »Wenn es so weitergeht, entdecken diese Giaurenhunde uns noch!«, schimpfte Fadl Ibn al Nafzi, ohne Rücksicht darauf zu nehmen, dass seine waskonischen Verbündeten ebenfalls Christen waren.
    Maite wandte sich mit tadelnder Miene zu ihm um. »Wenn du nicht willst, dass die Franken aufmerksam werden, dann gib auf deine Leute acht. Die trampeln hier herum wie eine Herde Maulesel. Wir Waskonen vermögen unsere Schritte so zu setzen, dass uns niemand hören kann, und wir wissen uns vor unseren Feinden zu verbergen.«
    Der Maure spie aus. »Was soll dieses Weib hier? Es hat bei diesem Angriff nichts verloren!«
    »Meine Freunde sind anderer Ansicht.« Maite wandte dem Berber den Rücken zu und blickte wieder zu den Franken hinab. Inzwischen hatten diese offensichtlich ihre Probleme mit den Karren behoben und zogen weiter. Der vordere Teil des Zuges hielt an und wartete auf die Nachzügler. Damit bestand nicht mehr die Gefahr, dass die Spitze des Heeres den nördlichen Ausgang der Schlucht erreichte, ehe der Rest das südliche Ende passiert hatte.
    »Sie sind uns in die Falle gegangen! Macht euch bereit.« Maite zog die Schleuder, die sie am Vortag gefertigt hatte, aus dem Gürtel und legte einen Kieselstein hinein.
    Fadl Ibn al Nafzi verzog geringschätzig die Lippen. »Das ist eine Waffe für Kinder und Weiber!«
    »Den Toten ist es gleichgültig, welche Waffe sie gefällt hat«,beschied ihm Maite, denn nach den Übungen am Vortag wusste sie, dass es ihr weder an Zielgenauigkeit noch an Durchschlagskraft mangelte.
    »Wir warten, bis alle Franken in der Schlucht sind, dann greifen wir an!« Der junge Eneko wollte seinen Anspruch als Anführer hervorkehren, doch die meisten blickten auf Lupus, den Gascogner, der sich bereits als Krieger ausgezeichnet hatte. Obwohl dieser von König Karl als Herzog von Aquitanien eingesetzt worden war, hatte er sich dessen Feinden angeschlossen, um bei der Schlacht, die den Anfang vom Untergang des Fränkischen Reiches markieren sollte, an vorderster Front mitzukämpfen. Ihm ging es nicht nur um die Freiheit seines Landes, sondern auch darum, Enekos Anspruch auf die waskonischen Gebiete nördlich der Pyrenäen zurückzuweisen.
    »Sobald das Ende des Zuges die Schlucht erreicht hat, greifen wir an. Ist alles bereit?« Der Mann aus der Gascogne erteilte seine Befehle, ohne dem Sohn seines Rivalen auch nur einen Blick zu schenken.
    Maite hielt ihn für einen weitaus besseren Anführer als Graf Eneko oder dessen Sohn, der bisher nur durch seine Großmäuligkeit

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