Die Rose von Asturien
steckten.
Unterdessen hoben Knechte die Verwundeten von den Karren. Als jedoch einige von ihnen von Pfeilen und Schleudersteinen getroffen zu Boden gingen, ließ der Rest die ihnen Anvertrauten im Stich und rannte davon. Einige versuchten ihr Heil in den Wäldern, doch da tauchten die Waskonen wie Schatten vor ihnen auf und stachen mit Spießen und Schwertern auf sie ein.
16.
S
ie hatten die Franken tatsächlich überrascht. Maite sah auf die kopflos umherrennenden Männer hinab, schwang ihre Schleuder und zählte zufrieden die Treffer. Auch wenn die Rüstungen und Helme verhinderten, dass sie ihre Opfer auf Anhieb tötete, so sanken sie doch bewusstlos oder vor Schmerzen schreiend nieder und konnten nicht mehr kämpfen.
Ein Trupp beim Tross war jedoch nicht in die allgemeine Panik verfallen. Ihr Anführer hatte seine Männer fest im Griff, und er bewies Übersicht, indem der die nutzlosen Karren zurückließ und versuchte, mit seinen Leuten zur Spitze des Zuges zu gelangen.
Maites Blick suchte den Mann, während sie einen besonders runden Stein in die Schleuder legte. Sie schwang bereits die Waffe, als sie ihn erkannte. Es war Konrad. Gleichzeitig nahm sie Ermengilda wahr, die sich eng an den Franken drückte. Für einen kurzen Augenblick zögerte sie und überlegte, ob sie Konrad nicht doch ausschalten sollte. Er war ein tapferer Krieger und würde den Tod für etliche Waskonen bedeuten.
Aber sie schuldete ihm ihr Leben, und das wog schwerer als das Schicksal ihrer Landsleute. Mit einem wütenden Aufschrei schleuderte sie ihren Stein gegen einen anderen Franken, sah, wie dieser am Kopf getroffen wurde, und lachte schrill auf.
Mittlerweile waren die Krieger weiter vorgedrungen und griffen jene Franken an, die versuchten, in den Bergwald zu flüchten. Maite verließ ebenfalls ihren Platz und stieg den Hang hinab. Auf halbem Weg zum Talgrund kam ihr ein Franke entgegen, der ihren Landsleuten wie durch ein Wunder entgangen war. Bei ihrem Anblick stieß er einen Fluch aus und hob sein Schwert.
Maite ließ ihn bis auf zehn Schritt herankommen, schwang dann ihre Schleuder und ließ den Stein nach vorne schnellen.Der Franke versuchte noch, zur Seite zu springen. Doch er war zu langsam, und das Geschoss traf ihn mit einem hallenden Schlag an der rechten Schulter. Sein Arm erschlaffte, und das Schwert fiel zu Boden. Maite hatte bereits den nächsten Stein in der Schlaufe, als der Mann zu flehen begann.
»Gnade! Dieser Schmerz! Meine Schulter, ich …« Wimmernd kroch er auf Maite zu. Diese ließ ihn nicht aus den Augen, und dennoch hätte er sie beinahe überrascht. Mit der Linken riss er den Dolch aus der Scheide und stürzte sich auf sie. Da sie den Stein nicht mehr schleudern konnte, hieb sie ihm das Band mit dem Geschoss auf den Kopf. Sein Helm beulte sich ein, und er sank lautlos zu Boden.
Maite begriff erst auf den zweiten Blick, dass der Mann tot war, und erschauderte. Der Tote vor ihr war der erste Mensch, dem sie in die Augen geblickt hatte, als sie ihn umbrachte. Wenn sie einen Stein schleuderte, hatte sie die Getroffenen immer nur von ferne gesehen und nicht sicher gewusst, ob sie tot waren oder nur bewusstlos. Nun aber lag ein Mann regungslos zu ihren Füßen, und auf seinem Gesicht stand noch die Todesangst, die ihn im Hagel der Geschosse erfasst hatte.
Rasch wandte Maite ihm den Rücken zu und schnupfte die Tränen, die in ihr aufsteigen wollten. Vielleicht hatte der Tote Frau und Kinder gehabt, die nun vergebens auf ihn warteten, gewiss aber eine Mutter und einen Vater. Bei diesem Gedanken stampfte sie auf. Sie hatte keinen Grund, sich so schlecht zu fühlen. Immerhin hatte der Kerl sie töten wollen.
Dieser Gedanke beruhigte sie. Sie steckte mitten im Krieg um ihre Heimat, und die Franken waren Feinde, die sie und alle anderen Waskonen bedrohten. Trotzdem ertappte sie sich bei dem Gedanken, dass es vielleicht besser gewesen wäre, oben in den Bergen darauf zu warten, ob den Männern der Überfall gelingen würde. Bestürzt, weil sie ihrer schwankenden Gefühlenicht Herr wurde, lief sie weiter und erreichte nach wenigen Schritten den verlassenen Tross. Von Rolands Männern, die am Schluss des Zuges marschiert waren, hatte sich noch niemand bis zu dieser Stelle durchgekämpft.
Maite sah, wie ihre Landsleute aus den Karren und rasch abgehauenen Ästen weitere Verhaue errichteten, damit die getrennten Heeresteile sich nicht mehr vereinigen konnten.
»Jetzt sind die Franken erledigt!«, schrie
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