Die Rose von Asturien
verbrannte Haut. Konrad vermochte sich nicht mehr zu beherrschen und schrie seinen Schmerz hinaus. Dabei nahm er den hämischen Ausdruck wahr, der sich über das Gesicht seines Peinigers zog. Dieser Mann kannte kein Erbarmen und würde seine Rache auskosten, bis der letzte Funke Leben in ihm erloschen war. Doch als Fadls Männer ihn zu einem Mandelbaum führten und ihn dort festbanden, schwor er sich, niemals aufzugeben. Vielleicht kam er durch Gottes Gnade frei und konnte auch Ermengilda retten. Für sie musste er am Leben bleiben, damit sie nicht eine Ehehölle gegen ein noch schrecklicheres Los eintauschte. Er hatte sie nur kurz am Morgen gesehen, als sie auf den Karren gestiegen war, doch in ihrem Leid war sie ihm noch schöner erschienen als jemals zuvor.
4.
D
er Gedanke an Ermengilda verlieh Konrad in den nächsten Tagen die Kraft, den Marsch durchzustehen. Fadl verweigerte ihm Nahrung und Wasser, bis die Welt sich um ihn drehte und er das Tempo der Stute nicht mehr mithalten konnte. Er wurde umgerissen und spürte, wie sich die Schlinge um seinen Hals zusammenzog. Am Ende seiner Kraft, wünschte er sich in diesem Moment nur noch, einen schnellen Tod zu finden. Aber dann klammerte er sich an den Gedanken, dass sein Tod Ermengilda für immer den Heiden ausliefern würde. Daher war er froh, als ihm jemand wieder auf die Beine half.
Zu Konrads Verwunderung handelte es sich dabei um Ermo, von dem er geglaubt hatte, dieser wäre wie all die anderen Franken im Tal von Roncesvalles umgekommen. Er war direkt erleichtert, nicht der einzige Überlebende dieses Massakers zu sein, und sah Ermo als möglichen Verbündeten an, der ihm helfen konnte, Ermengilda zu befreien. Diese Hoffnung schwand jedoch rasch, denn um Fadl zu schmeicheln, beschimpfte Ermo ihn und versetzte ihm ein paar derbe Hiebe. Danach trieb der Maure mit einer verächtlichen Geste sein Pferd an, und Konrad vergaß Ermo rasch wieder.
Da er der sengenden Augustsonne schutzlos ausgeliefert war, fühlte sich sein Körper an, als bestände er aus rohem Fleisch. Seine Haut warf Blasen und blätterte nach ein paar Tagen in breiten Streifen ab. Seine Lippen waren ausgetrocknet und rissig, und er schmeckte sein eigenes Blut.
Als sie Saragossa erreicht hatten, war Konrad bewusst, dass sich sein Leben dem Ende zuneigte. Verzweiflung packte ihn, und er haderte mit Gott und dem Heiland, weil sie ihn so schwach hatten werden lassen.
Beim Anblick der geöffneten Tore traten ihm die Tränen in die Augen. Als Krieger war er vor ihnen gescheitert, und er empfandes als Hohn, sie nun als Sklave durchschreiten zu müssen. Noch beschämender erschien es ihm, so vielen Menschen nackt wie ein Tier vorgeführt zu werden. Er hörte die verächtlichen Rufe der Männer und das Kichern der Mädchen und Weiber. Buben hoben Steine und kleine Erdbrocken auf und warfen damit nach ihm. Einer traf Fadls Stute. Doch anstatt die Rangen zurechtzuweisen, löste der Berber den Strick und trieb sein Reittier an, so dass Konrad zurückblieb und ein leichtes Opfer für die Gassenjungen wurde.
Maite, die nicht weit hinter dem Berber ritt, hielt ihre Zügel mit beiden Händen fest, denn es zwickte ihr in den Fingern, die Steine werfenden Jungen mit ihrer Reitgerte zu züchtigen. Seit ihrem Aufbruch hatte sie sich oft genug verflucht, weil sie Konrad nicht die Gnade eines raschen Todes gegönnt hatte.
An Ermengilda hatte sie in den letzten Tagen seltener gedacht. Die Asturierin wurde von Fadls Leuten so stark abgeschirmt, dass sie sie nicht einmal hatte sprechen dürfen. Sie beruhigte sich damit, dass Ermengilda kein allzu schlimmes Schicksal drohte. Die Töchter hoher Anführer wurden oft mit Männern jenseits der Grenzen verheiratet, auch wenn sie einem anderen Glauben angehörten als ihre Gatten. König Silo war der Sohn einer Maurin, und diese Frau war von einer Visigotin geboren worden. Zumindest würde das Leben, das Ermengilda im Harem des Emirs führen würde, erträglicher sein als jenes, welches sie als Ewards Gemahlin in Franken erwartet hätte.
Nun kam der Palast der al Qasi in Sicht. Es war ein mächtiger Bau, der Jussufs Sippe sowohl als Festung wie auch als Wohnung und zur Repräsentation diente. Ein mächtiges, nach oben in einen spitzen Bogen auslaufendes Tor verschluckte die Schar wie das Maul eines gierigen Ungeheuers. Kurz darauf fand Maite sich in einem großen Vorhof wieder, in dem es von Menschen wimmelte. Knechte eilten herbei, um die Pferde zu übernehmen, und
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