Die Rose von Asturien
die Hoffnung des Grafen enttäuschen zu müssen. »Vater Windolf, den Mutter hat rufen lassen, sagt, Vaters Bein werde wohl nie mehr so werden wie früher. Eine Sachsenklinge hat nicht nur das Fleisch und die Sehnen, sondern auch den Knochen durchschlagen. Vater müsse unserem Herrn im Himmel danken, dass er noch lebt, hat der ehrwürdige Mann gesagt. Doch Krieg und Kampf seien für ihn vorbei.«
»Dabei hätte ich ihn gerade heuer gut brauchen können! Nun wirst du deinen Mann stehen müssen. Deine Leute sind offensichtlich gut in Schuss, was man«, der Blick des Gaugrafen streifte Ermo, »nicht von allen sagen kann.«
Ohne jedes Schuldgefühl grinste Ermo. »Was soll man machen, wenn der König uns jedes Jahr zur Heerfolge auffordert? Nicht jeder hat das Geld, sich stets eine neue Wehr fertigen zu lassen. Außerdem verarmen die Bauern, weil sie durch die ständigen Kriegszüge nicht mehr in der Lage sind, ihre Höfe zu bewirtschaften. Heuer haben vier weitere Männer in meinem Dorf ihren Stand als freie Krieger aufgegeben und sich dem Kloster als Hörige unterstellt. Deswegen musste ich zwei meiner eigenen Knechte mitnehmen, um die Forderungen des Königs zu erfüllen. Hoffentlich bringt der heurige Krieg endlich wieder Beute, sonst darf ich im nächsten Jahr zu Fuß aufbrechen.«
Graf Hasso bedachte ihn mit einem verächtlichen Blick. »Deine Beute aus dem Langobardenland hätte eigentlich ausreichen müssen, um mehr als ein Dutzend Pferde und Rüstungen zu kaufen.«
Schnell senkte Ermo den Kopf, damit niemand das zufriedene Lächeln wahrnahm, das sich auf seinem Gesicht ausbreitete. Von dem Geld hatte er den Bauern seines Dorfes Äcker, Weiden und Vieh abgekauft, so dass er nun nahezu ebenso viel Land sein Eigen nannte wie der Graf. Allerdings benötigte er seine Knechte in der Heimat, um seine Äcker zu bestellen, und nicht im fernen Spanien. Und da auch die übrigen Bauern immer weniger Lust verspürten, sich ihre gesunden Knochen für den König zerschlagen zu lassen oder gar für diesen zu sterben, war das Aufgebot seines Dorfes heuer noch kleiner ausgefallen als in den zurückliegenden Jahren.
Als er Hassos verkniffene Miene sah, nahm er erschrocken an, der Graf wolle ihn für die fehlenden Leute zur Rechenschaft ziehen. Daher ließ er sich zurückfallen, was ihn jedoch nicht davon abhielt, weiterhin neben seinen auch Konrads Leute kommandieren zu wollen.
Dem Grafen entging das nicht, und er sprach den jungen Mann darauf an: »Es ist wohl das Beste, wenn du dich mit deinenMännern meiner Schar anschließt. Ermo soll mit seinen Leuten am Ende des Zuges marschieren.«
Konrad atmete auf. »Nichts wäre mir lieber, Herr.«
»Dann ist es beschlossen.« Der Graf forderte seine Männer auf, Konrads Leuten Platz zu machen, während dieser Rado und den anderen zurief, zu ihm aufzuschließen. Der Anweisung folgten die Männer aus Arnulfs Dorf mit zufriedenen Mienen, denn sie waren froh, Ermo zumindest fürs Erste losgeworden zu sein. Auch gefiel es ihnen, dass der Gaugraf Konrad unter seine Fittiche nahm, denn von diesem Mann konnte der Junge viel lernen.
Graf Hasso drehte sich im Sattel um und winkte Konrad an seine Seite. »Berichte mir noch genauer, wie es deinem Vater geht. Beim Weihnachtsfest auf dem Königshof habe ich ihn nicht begrüßen können.«
»Damals kam er kaum aus dem Bett heraus, und sein Bein sah so schlimm aus, dass wir befürchteten, er werde die Verletzung nicht überstehen. Mittlerweile geht es ihm aber besser, und beim nächsten Weihnachtsfest, das Ihr zu Hause feiert, werden er und Mutter gewiss dabei sein.« Konrad merkte, dass er zu schnell sprach, und ärgerte sich ebenso über seine Unsicherheit wie auch über die Tatsache, dass seine Stimme knabenhaft hell klang.
Hasso vom Königshof störte dies nicht. »Mich würde es freuen, wenn ich die beiden wiedersehen könnte – und auch dich. Du kommst doch hoffentlich mit!«
»Wenn Vater es erlaubt und ich diesen Kriegszug heil überstehe …«, begann Konrad.
Der Graf unterbrach ihn. »Als Krieger, der mit dem Heer des Königs nach Spanien gezogen ist und dort gekämpft hat, brauchst du keine Erlaubnis, mich aufzusuchen. Und was Letzteres betrifft, so will ich solche Worte nicht hören! Oder willst du werden wie Ermo? Der jammert in jedem Jahr, alswolle er Steine erweichen, und ist doch nur auf Beute aus. Lass dich nicht von seinem Aufzug täuschen. Der Mann ist reich geworden wie kein Zweiter im Gau, und er würde liebend gern zu
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