Die Rose von Asturien
zeigte ein etwas dunkleres Rot, und neben ihm trug ein Reiter Rolands Banner, das aus einem einzigen Stück scharlachfarbenen Tuches bestand und in drei Zipfeln auslief. Die meisten vornehmen Herren schätzten das Rot, und Konrad vermutete, dass Roland mit seiner Kleidung Graf Eward unzweifelhaft vor Augen führen wollte, wer der Anführer war, denn Karls Halbbruder pochte bei jeder Gelegenheit auf seine höhere Abkunft. Auch jetzt ritt Eward an Rolands Seite und war bemüht, diesem nicht einen halben Schritt Vorsprung zu lassen.
Konrad hatte bisher kein Wort mit seinem direkten Anführer gewechselt, und da auch Hildiger und der Rest von Ewards Trabanten sich zu erhaben fühlten, um sich mit ihm zu unterhalten, fand er auf dem Ritt keine Gesprächspartner. Wenn die Leute abends um ihre Feuer saßen, konnte er meist nur mit Rado und einem Jungen namens Just reden, der seinem Begleiter zugelaufen war wie eine streunende Katze.
Als der Reiterzug zum Stehen kam, schreckte Konrad aus seinem Sinnieren auf. »Was ist los?«, fragte er Philibert von Roisel, der neben ihm ritt.
»Da sind Leute gekommen, die etwas von uns wollen, keine Gascogner, wie es aussieht, sondern Waskonen von jenseits der Grenze.« Der junge Krieger zählte zwar nicht zu Ewards engeren Freunden, hatte Konrad bislang jedoch ebenso ignoriert wie die anderen Trabanten. Nun aber, da sie sich der Grenze des fränkischen Einflussgebiets näherten, schien er etwas zugänglicher zu werden, als erinnere er sich daran, dass sieschon bald Schulter an Schulter gegen einen gemeinsamen Feind anreiten würden.
Konrad stellte sich in den Steigbügeln auf, um etwas erkennen zu können, doch erst, als zwischen den unruhig gewordenen Pferden eine Lücke entstand, entdeckte er einen jungen Mann in einer grünen Tunika, der heftig gestikulierend auf den Markgrafen einredete. Für eine Weile sah Roland so aus, als wolle er das Schwert ziehen, um den Kerl auf der Stelle niederzuschlagen. Dann aber ließ er den Knauf der Waffe los und sagte etwas zu dem Fremden. Dieser nickte eifrig.
Nun wandte Roland sich an Eward. Dieser winkte zunächst heftig ab, sprach dann mit Hildiger und einem anderen Reiter, der missmutig nickte und dann auf Konrad zukam. »Du sollst nach vorne kommen!«, schnauzte er ihn an, als sei er ein Knecht.
Konrad versuchte, die Beleidigung ungerührt wegzustecken, und richtete seine Gedanken auf das, was ihn erwarten mochte.
Philibert von Roisels Neugier schien stärker zu sein als seine Vorurteile, denn er folgte Konrad trotz einiger boshafter Bemerkungen seiner Kameraden bis zur Spitze des Zuges. »Ich bin gespannt, was Graf Eward von dir will!«, sagte er, als er aufgeschlossen hatte.
Konrad antwortete ihm nicht, sondern trieb sein Pferd an, bis er die Gruppe um seinen Anführer erreicht hatte. Dort fiel ihm als Erstes das spöttische Lächeln auf, welches um Rolands Lippen spielte. Es schien jedoch nicht ihm, sondern Eward zu gelten.
Karls Halbbruder zog ein Gesicht, als sei er eben barfuß in Hundekot getreten. »Der da«, Ewards Finger stach auf den Waskonen zu, »sagt, die Nichte König Silos von Asturien, die ich auf Befehl König Karls heiraten soll, sei auf dem Weg von ihrer Heimat ins Frankenreich entführt worden! Das …«
»Das ist leider wahr«, unterbrach Roland ihn. »Ich habe die Nachricht genauso erhalten wie du.«
»Das mag ja stimmen, aber der Kerl behauptet zu wissen, wo die Asturierin sich befindet. Wahrscheinlich redet dieser Lümmel nur Unsinn! Er dürfte irgendein Kräuterweib gesehen haben, das von seinen Schafhirten in den Bergen aufgegriffen worden ist. Jetzt hat er die Frechheit, eine Belohnung zu verlangen, damit er uns zu dieser angeblichen Ermengilda führt.« Konrad begriff nicht, was das Ganze mit ihm zu tun hatte, und blickte Roland fragend an. Der aber beachtete ihn nicht, sondern deutete auf den Grafen. »Da es sich bei der Rose von Asturien um Herrn Ewards Braut handelt, überlasse ich ihm die Entscheidung.«
»Wir sollten diesem Kerl da eine Tracht Prügel geben oder ihn gleich aufhängen lassen«, schimpfte dieser.
Sofort sprang der Waskone einige Schritte zurück und legte die Hand auf den Griff des einschneidigen Haumessers, das er am Gürtel trug. Dann blickte er mit beleidigter Miene zu Roland auf. »Ich lüge nicht. Das Mädchen ist Ermengilda. Maite selbst hat sie in mein Dorf gebracht!«
Konrad verstand die im südgallischen Dialekt gesprochenen Worte nicht, doch Philibert übersetzte sie ihm
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