Die Rose von Asturien
freien Kriegers machte, doch dann fiel ihm ein, dass sein Vater ebenfalls Knechte als Boten schickte. Daher zögerte er nun nicht mehr, sondern forderte den Waskonen auf, ihn zu Ermengilda zu bringen.
Philibert hatte unterdessen seinen Stolz bezwungen und übersetzte seine Worte. Darüber war Just froh, denn so gut wie dieser verstand er die Sprache des gallischen Südens nicht und hatte Angst, für eine falsche Antwort bestraft zu werden. Er nahm sich jedoch vor, seine Ohren offen zu halten, um mehr von dieser Sprache zu lernen.
»Nach Unais Worten befindet Prinzessin Ermengilda sich bei einigen Hirten, die ihm und ihr Obdach gegeben haben. Wir müssen drei Tage in die Berge reiten, um zu ihnen zu gelangen!« Nun begann das Abenteuer Philibert Spaß zu machen. Es war sicher vergnüglicher, mit ein paar Begleitern eine Dame abzuholen, als den ganzen Tag den Staub zu schlucken, den Rolands Reitertrupp aufwirbelte.
Anders als Philibert nahm Konrad die Sache nicht auf die leichte Schulter. Warum musste der erste Auftrag, den er erhalten hatte, von solch großer Bedeutung sein? Er ertappte sich dabei, dass er hoffte, die angebliche Prinzessin würde sich als einfaches Hirtenmädchen entpuppen. Dann aber schoss ihm durch den Kopf, es könne sich um eine Falle handeln, die König Karls Feinde dessen Halbbruder stellen wollten. Auf Graf Eward würden diese Männer jetzt umsonst warten, aber für ihn mochte es der erste und gleichzeitig der letzte Ritt im Dienste des Grafen sein. Bei dem Gedanken glitt Konrads Rechte wie von selbst zum Schwertknauf.
Unai schnaubte. Diese Franken sind nicht ganz richtig im Kopf, dachte er. Kein Waskone hätte seine Worte angezweifelt, dass es sich bei der jungen Frau um Ermengilda aus Asturien handelte. Doch der Anführer dieses Heeres hatte sich nicht für seine Botschaft interessiert, und der Bräutigam der Rose von Asturien hatte ihn sogar als Lügner hingestellt.
»Es handelt sich um Ermengilda«, wiederholte er und schwang sich auf sein Pferd, um in die Richtung zurückzureiten, aus der er gekommen war. Dabei schüttelte er ein über das andere Mal den Kopf, denn er sah weitaus mehr Schwierigkeiten auf sich zukommen, als er sich vorgestellt hatte. In dem Glauben, eine größere Schar Franken würde ihn auf dem Rückweg eskortieren, hatte er sich unterwegs ein Pferd ausgeliehen, ohne den Besitzer zu fragen. Drei Männer und ein Kind waren jedoch nicht genug, um ihn vor dem Zorn des bestohlenen Stammes zu schützen. Aus diesem Grund musste er einen Umweg machen, der sie mindestens einen weiteren Tag kosten würde.
6.
D
as Land wurde rauh. Steile Felsen ragten zu allen Seiten auf, und an Bergflanken zogen sich die Wälder, so weit das Auge reichte. Konrad hatte eine solche Landschaft noch nie gesehen und zuckte bei jedem ungewohnten Geräusch zusammen. In der Linken trug er seinen Schild und führte gleichzeitig den Zügel, während er in der rechten Hand kampfbereit den Speer hielt.
Auch Philibert und Rado wirkten so angespannt, als erwarteten sie jederzeit, einen Feind auf sie eindringen zu sehen. Just hingegen beobachtete ihren Führer. Solange Unai keine Unruhe zeigte, waren sie seiner Meinung nach nicht in Gefahr.
Konrad teilte diese Ansicht nicht. »Ich misstraue diesem Kerl«, flüsterte er Rado und Philibert zu. »Er sagte, wir bräuchten drei Tage bis zu der angeblichen Ermengilda. Jetzt sind wir schon den vierten Tag unterwegs und haben bisher nichts gesehen als Felsen, Bäume und gelegentlich einen Bach.«
»Unai macht einen Umweg«, mischte Just sich ein. »Ich sehe es an dem Berg dort mit dem eigenartig geformten Gipfel. Am Anfang hatten wir ihn links vor uns, dann sind wir auf einmal direkt auf ihn zugeritten und jetzt ragt er wieder schräg links vor uns auf.«
»Du hast gut aufgepasst!« Konrad lächelte Just zu und nahm sich vor, in Zukunft genauer auf seine Umgebung zu achten. Während er sich blindlings dem Führer anvertraut hatte, hatte Just offensichtlich gut auf den Weg geachtet und war vielleicht sogar in der Lage, allein zurückzufinden.
»Der Kleine ist ein kluges Kerlchen«, sagte er zu Rado.
Sein Begleiter war froh gewesen, ohne Tadel davongekommen zu sein, weil er den Jungen mitgebracht hatte. Nun lächelte er erleichtert und war nicht wenig stolz auf das Bürschchen.
Der Junge blickte zufrieden zu ihm auf. Da er in der Stadt, in der er zuletzt gelebt hatte, nicht länger geduldet worden war, hatte er sich einfach einen Fremden ausgesucht, der
Weitere Kostenlose Bücher