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Die Rose von Asturien

Titel: Die Rose von Asturien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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wirkte weniger verzweifelt als hoffnungsvoll. Anscheinend rechnete sie fest damit, freigelassen zu werden, und haderte nur noch mit der Zeit, die bis dahin vergehen würde. Ihr Kittel hatte während der langen Gefangenschaft gelitten, dennoch sah sie auch jetzt noch so schön aus wie ein Frühsommertag.
    Es reizte Unai, sie zu besitzen, und er überlegte, ob er ihr nicht die Freiheit versprechen sollte, wenn sie ihm zu Willen wäre. Doch sobald sie keine Jungfrau mehr war, würde er die Hirten nicht davon abhalten können, über sie herzufallen. Und dafür würde die Asturierin gewiss blutige Rache fordern – sei es von ihren Leuten oder von den Franken.
    Daher bezwang er sein Verlangen und lehnte sich mit vor der Brust gekreuzten Armen gegen die Wand. »Wir werden diese Weide morgen verlassen und nach Norden ziehen.«
    Es bereitete Unai einige Befriedigung zu sehen, wie das Gesicht des Mädchens erstarrte. Die Freiheit, nach der sie sich sehnte, schien in weite Ferne zu rücken.
    Er ließ den Schrecken einige Augenblicke wirken. »Da Maite nicht zurückgekommen ist, bist du jetzt nicht mehr ihre, sondern meine Gefangene. Ich werde zu den Franken gehen und ihnen deine Freilassung anbieten, natürlich zu einem gewissen Preis.«
    Ermengilda sah erwartungsvoll zu ihm auf. Während der langen Wochen ihrer Gefangenschaft hatte sie manchmal daran gezweifelt, dass es für sie je wieder ein Leben in Freiheit geben würde. Maites Abwesenheit hatte sie sich damit erklärt, dass diese Verhandlungen mit ihrem Vater oder den Franken führte und noch nicht handelseinig geworden war. Unai hingegen, so schätzte sie, würde sich mit einer Handvoll Silbermünzen zufriedengeben, und diese Summe musste sie ihrem Vater oder ihrem Bräutigam doch wert sein.
    »Nimm mich mit! Ich werde dafür Sorge tragen, dass du deine Belohnung erhältst.« Ermengilda fürchtete sich vor den Hirten und hoffte, Unai würde auf ihre Bitte eingehen.
    Diesen Wunsch konnte der Waskone ihr nicht erfüllen. Die Hirten würden sie auf keinen Fall gehen lassen, aus Angst, um den erhofften Anteil der Belohnung gebracht zu werden. Und auch er hatte nichts davon, wenn er Ermengilda in die Gascogne brachte, denn dort war die Gefahr groß, dass einer der Lehensträger Karls sie ihm abnahm, um sich selbst Vorteile zu verschaffen.
    »Das geht nicht«, antwortete er daher. »Es ist ein weiter Weg, und ich muss erst einen Franken finden, mit dem ich reden kann.«
    Forschend blickte Ermengilda den jungen Mann an und begriff, dass er ihr auswich. Auch wirkte er wie ein Getriebener, der nicht mehr Herr des eigenen Schicksals war. Dennochwürde sie ihm vertrauen müssen. Im Stillen fragte sie sich, weshalb Maite sie diesem Waskonen übergeben hatte und dann weggeblieben war. Trotz des Hasses, mit dem Ikers Tochter sie verfolgte, wäre es ihr lieber gewesen, in deren Hand zu sein. Maite verstand besser, was sie bewegte, als Unai oder gar die einfachen Hirten.
    »Geh lieber zu meinem Vater! Dann bist du viel schneller zurück«, beschwor sie ihn.
    Unai schüttelte den Kopf. Auf der Roderichsburg kannte man ihn als Bewohner der Grenzmark, und der Graf würde ihn spätestens dann, wenn Ermengilda befreit war, wie einen aufsässigen Knecht behandeln und hinrichten lassen. Der Franke, mit dem er zu verhandeln gedachte, kannte ihn jedoch nicht und besaß auch keine Macht über ihn.
    »Nein, ich gehe zu den Franken!« Ohne auf ihre enttäuschte Miene zu achten, trat er auf sie zu und kontrollierte den geflochtenen Lederriemen, der sie mit einem in die Erde geschlagenen Pfosten verband. Sie konnte damit zwar einige Schritte tun, kam aber nicht bis zur Tür. Zu Beginn hatte sie versucht, die Schnur durchzukauen, doch dieses Leder war weitaus zäher als das, mit dem Maite sie angebunden hatte, und hatte ihren Versuchen widerstanden.
    Unai fand keine Spuren, die darauf hindeuteten, dass die Gefangene versucht hatte, sich zu befreien, und nickte erleichtert.
    Wie es aussah, hatte das Mädchen sich mit der Situation abgefunden und würde gehorsam mit den Hirten zur Sommerweide seines Stammes ziehen und dort auf seine Rückkehr warten.
    »Ich werde mich beeilen«, versprach er und verließ das Gefängnis, um Brot und Käse zu holen. Dabei zählte er in Gedanken die silbernen Denare, die er von König Karls Verwandtem erhalten würde.
    Ermengilda dachte ebenfalls an Graf Eward. Während derWochen ihrer Gefangenschaft hatte sie sich oft gewünscht, ihr Reisezug wäre unbehelligt bis nach

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