Die Rose von Asturien
Worte begleitete, löste die Spannung zwischen ihm und Konrad, und er wandte sich den beiden geretteten Frauen zu. Das leicht untersetzte, braunhaarige Mädchen, das noch immer den blutigen Spieß in den Händen hielt, beachtete Philibert kaum, denn sein Blick wurde von dem blonden Engel angezogen, der den Bären mit einer Mischung aus Erleichterung und Grausen betrachtete.
Dieses Mädchen war größer als die meisten Frauen, die er bisher gesehen hatte, und so schön, dass er sich wünschte, es auf sein Pferd zu setzen und mit in seine Heimat nehmen zukönnen. Rasch sprang er aus dem Sattel und verbeugte sich geziert. »Erlaube, dass ich dir mein Herz vor die Füße lege, mein schönes Kind.«
Auch Konrad starrte Ermengilda mit einem Ausdruck an, als könne er nicht glauben, dass es so etwas Wundervolles auf Erden geben konnte. Als er Philibert vor ihr dienern sah, fühlte er Eifersucht wie eine heiße Lohe in sich aufsteigen, und er wollte seinen Begleiter schon beiseiteschieben, um selbst mit diesem himmlischen Wesen reden zu können. Doch Maite kam ihm zuvor.
Verärgert, weil sie missachtet wurde, zumal sie am Erlegen des Bären nicht unbeteiligt gewesen war, fauchte sie Philibert an.
»Wenn du willst, schneide ich dir dein Herz heraus, damit du es meiner Sklavin vor die Füße legen kannst.«
»Sie ist deine Sklavin?« Philibert wollte es zunächst nicht glauben, dann aber leuchteten seine Augen erfreut auf. Wenn das so war, konnte er die Schöne ihrer Herrin abkaufen und zu seiner Konkubine machen. Er wollte schon in der Sprache des gallischen Südens fragen, was die Sklavin kosten solle, doch da trat Konrad dazwischen.
»Bist du die Frau, die Unai Maite genannt hat?«, fragte er die junge Waskonin.
Maite verstand nur Unais und ihren Namen, nickte aber.
Nun verbeugte Konrad sich tief vor der angeblichen Sklavin.
»Dann seid Ihr Prinzessin Ermengilda.«
Die Asturierin musterte ihn verwundert. Der höfliche Krieger schien noch sehr jung zu sein und war zudem mindestens drei Finger breit kleiner als sie. Zu seinem Begleiter, der einige Jahre älter war, musste sie jedoch aufsehen. Da die Kleidung und die Ausrüstung der beiden Ähnlichkeit mit der des fränkischen Abgesandten Gospert hatten, kam Ermengilda zum richtigen Schluss. »Ihr seid Franken?«
Sie verwendete den Dialekt, der in Aquitanien und der Provencegesprochen wurde. Dadurch war Philibert Konrad gegenüber im Vorteil, denn er vermochte ihr in gleicher Weise zu antworten. »Ihr habt recht, Prinzessin. Wir sind Franken. Mein Begleiter stammt aus dem Osten jenseits des Rheins, während meine Heimat nördlich der Somme zu finden ist. Darf ich mich vorstellen: Ich bin Philibert von Roisel und Euer ergebener Diener.«
»Der Diener einer Sklavin«, höhnte Maite.
»Der Sklave einer Prinzessin«, antwortete Philibert gelassen.
»Ich bin Graf Roderichs Tochter und habe daher keinen Anspruch auf diesen Titel. Mein Onkel, König Silo, hat bestimmt, dass ich so bezeichnet werden soll, damit meine Verwandtschaft zu ihm zum Ausdruck kommt und mein Bräutigam, Graf Eward, sich meiner nicht zu schämen braucht.«
»Das braucht er wahrlich nicht!« Nun quoll auch in Philibert Eifersucht empor. Dieses bezaubernde Wesen vor ihm sollte das Eigentum eines Mannes werden, der es nicht zu schätzen wusste?
Konrad, der kein Wort der Unterhaltung verstand, stieg unruhig von einem Fuß auf den anderen und wies schließlich in die Richtung, in der die Hütte stand.
»Kommt endlich mit! Das Essen wird fertig sein. Außerdem müssen wir feststellen, ob es sich bei der Dame tatsächlich um die Rose von Asturien handelt.«
Seine Worte wirkten auf Philibert wie ein kalter Guss, und er fuhr wütend herum. »Hast du keine Augen im Kopf, die dir sagen, dass diese Dame nur Ermengilda sein kann?«
»Was sagt dein Gefährte?«, fragte Ermengilda, die den im ostfränkischen Dialekt gesprochenen Worten nicht folgen konnte. Philibert winkte ab. »Konrad schwätzt nur dummes Zeug. Wenn Ihr mir bitte folgen wollt! In der Nähe liegt eine Hütte, und in der wartet ein – wenn auch sehr bescheidenes – Mahl auf uns.« Er bot Ermengilda den Arm und vergaß dabei ganz,dass Eward nicht ihn, sondern Konrad zum Anführer für diesen Ritt ernannt hatte.
Konrads Ärger wuchs. Während der letzten Tage hatte er Anlass zur Hoffnung gehabt, Philibert und er könnten doch noch Freunde werden. Aber nun empfand er eine Abneigung gegen seinen Gefährten, dass er ihm selbst Ermos
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