Die Rose von Asturien
setzte zum Sprung an.
Im gleichen Augenblick zuckte ihr Stock nach vorne, und trotz des flackernden Lichtes traf sie die Schnauze des Hundes. Noch im Schwung des Schlags trat sie einen Schritt beiseiteund sah zu, wie die Läufe des Tieres einknickten und es winselnd liegen blieb.
So viel kaltes Blut hatten die Hirten nicht von einem Mädchen erwartet. Ihre Hände griffen zu ihren Messern, doch Maites drohende Miene verriet ihnen, dass sie sich nicht kampflos in ihr Schicksal fügen würde.
Maite spürte, dass die Männer unsicher wurden, und zeigte mit der Spitze ihres Stocks auf den Nächststehenden. »Wo ist Unai?«
»Er ist zu den Franken, um mit ihnen über die Übergabe Ermengildas zu verhandeln.«
»Und da wolltet ihr sie vorher noch schänden? Seid froh, dass ich früh genug gekommen bin, um euch daran zu hindern. Die Franken hätten euch dafür in Streifen geschnitten und an eure Hunde verfüttert!« Maite schüttelte den Kopf, weil die Männer so wenig über die Folgen ihrer Tat nachgedacht hatten.
Aber die Hirten sahen auch jetzt nicht so aus, als hätten sie ein Einsehen. Daher packte Maite Ermengilda und schob sie hinter sich. »Wir beide verschwinden jetzt, denn ich traue diesen Burschen nicht. Oder hast du Lust, unter ihnen zu liegen?«
Ermengilda spürte, wie die Hoffnung neue Kräfte in ihr weckte, und wandte sich zur Flucht. Maite folgte ihr langsam, hielt ihren Stock aber stoßbereit und achtete darauf, ob einer der Männer ihnen folgte. Dabei fragte sie sich, ob es nicht eine gute Rache an Ermengilda und deren Vater gewesen wäre, sie den Hirten zu überlassen. Doch es war ihr klar, dass die Kerle sich dann auch an ihr vergriffen hätten.
Ermengilda war erleichtert, dass Maite sie vor den Hirten gerettet hatte, und wäre ihr am liebsten um den Hals gefallen. Vor allem aber wollte sie fort von diesen schrecklichen Kerlen. Vorsichtig, um nicht zu straucheln, zog sie sich aus dem Schein des Feuers zurück und tauchte im nächtlichen Wald unter.
Dort blieb sie stehen und wartete auf Maite. Obwohl sie lauschte, bemerkte sie die Waskonin erst, als diese direkt vor ihr stand.
Maite griff nach Ermengildas Hand. »Halte dich an mir fest, sonst gehst du mir noch verloren.«
»Werden die Männer uns nicht verfolgen?«, fragte Ermengilda ängstlich.
»Möglich ist es. Doch wir werden ihnen keine Chance geben, uns zu finden.«
»Und ihre Hunde?«
»Die Hirten wissen jetzt, dass ich mit diesem Viehzeug fertig werde, und werden nichts riskieren. Gute Hirtenhunde sind wertvoll, und jeder, den ich töte, würde ihnen abgehen, wenn Wölfe oder Bären sich der Herde nähern.« Ganz so überzeugt, wie sie klang, war Maite nicht, doch sie wollte Ermengilda beruhigen. Wenn das Mädchen vor Angst hysterisch wurde, waren sie beide in Gefahr.
Die Asturierin schloss ihre frühere Peinigerin in die Arme und drückte sie erleichtert an sich. »Ich danke dir, dass du mich zum zweiten Mal gerettet hast!«
Maite zuckte mit den Schultern, auch wenn Ermengilda die Geste in der Dunkelheit nur spüren konnte. »Bilde dir nur nichts darauf ein! Würdest du unversehrt nicht viel mehr wert sein, hätten diese Kerle mit dir machen können, wonach ihnen der Sinn stand.«
Sie ist so harsch wie eh und je, dachte Ermengilda enttäuscht und wischte sich mit dem Handrücken eine Träne aus den Augen. Sie erinnerte sich daran, wie sie als Kind gehofft hatte, Maite könnte ihre Freundin werden. Damals hatte sie nicht verstanden, wie verstört die Kleine gewesen sein musste, nachdem man ihren Vater erschlagen und sie in die Fremde verschleppt hatte.
»Es tut mir so leid«, sagte sie leise.
Maite ging nicht darauf ein, sondern zog sie eine Weile mit sich, obwohl sie bei dem schwachen Mondlicht kaum etwas erkennen konnte. Schließlich schob sie sie auf ein Gebüsch zu, das ihr dicht genug erschien, um ihnen Sicherheit zu bieten. »Wir müssen weiterhin auf der Hut sein und abwechselnd Wache halten. Leg dich hin und schlafe. Ich wecke dich nach einer gewissen Zeit. Dasselbe tust du, sobald du Angst hast, dir würden die Augen zufallen. Auf diese Weise werden wir zwar nicht viel Schlaf bekommen, aber das ist immer noch besser, als diesen Narren da hinten als Hure zu dienen.«
Da sie verhindern wollte, dass Ermengilda ihre neue Freiheit zur Flucht nutzte, fasste Maite sie hart bei den Schultern und zog sie herum, bis ihre Nasen sich berührten.
»Versuche ja nicht zu verschwinden, während ich schlafe. Die Hunde der Hirten
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