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Die Rose von Byzanz

Die Rose von Byzanz

Titel: Die Rose von Byzanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Gordon
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nur einen Moment lang geglaubt, Andronikos könnte sich um ihretwillen geändert haben?
    Weil du es wolltest. Du wolltest glauben, er hätte sich geändert.
    Und weil er dich Kätzchen genannt hat.
    Wie dumm von ihr.
    Sie stolperte, schlug der Länge nach hin und spürte ein Brennen in ihren Knien. Irene jammerte, kroch weiter, lehnte sich erschöpft an die Wand. Ihre Beine zitterten und schmerzten, und als sie nach ihren Knien tastete, spürte sie etwas Warmes, Nasses. Sie zuckte zusammen, als der Schmerz durch ihren Körper raste.
    „Das alles ist nur deine Schuld, Andronikos“, wisperte sie.
    Sie raffte sich auf, hielt sich an der Wand fest und kam wieder auf die Füße. Humpelnd lief sie weiter, hielt immer wieder inne und schöpfte Atem. Die Luft in diesem Geheimgang war stickig. Vermutlich hatte man ihn seit Jahren nicht mehr benutzt. Seit jener Zeit, als Andronikos und sie in diesem Palast ihr Liebesnest eingerichtet hatten und sie jeden Abend darauf wartete, dass er zu ihr kam …
    Vorbei.
    Mit dieser Nacht war das endgültig vorbei. Sie tat gut daran, es nicht nur zu begreifen, sondern auch endlich zu handeln. Sie durfte nicht zulassen, dass Andronikos ihr Leben und das von Eirik und seinem Frankenmädchen zerstörte.
    Sie erreichte die Tür zu ihrem Schlafgemach. Eine Schrecksekunde lang glaubte sie, jemand hätte die Tür verriegelt, doch dann gelang es ihr mit einiger Kraftanstrengung, sie zu öffnen.
    Sie betrat die Dunkelheit ihres Schlafzimmers. Lauschte.
    Stille.
    Ihre größte Angst war wohl, dass er sie hier erwarten könnte.
    Irene stolperte zum Bett und sank darauf nieder. Sie zog die Decke über ihren Körper, der sich wie zerschunden anfühlte. Sie fror.
    Als sie aufwachte, schmerzte ihr Kopf. Es war schon heller Tag; in den anderen Räumen hörte sie ihre Diener lachen und reden.
    Sie zog sich die Decke wieder über den Kopf. Doch dann fiel ihr etwas ein.
    Sie stand auf und trat an ihre Truhe. Der schwere Deckel knirschte leise in den Scharnieren, als sie ihn hob. Ganz unten, unter all den hübschen Kleidern verborgen, fand sie, was sie suchte. Ihre Hand wog den schlichten Dolch in der Lederscheide, den sie von ihrem Vater zum zwölften Geburtstag geschenkt bekommen hatte, damit sie sich stets verteidigen könnte. Damals hatten sie über das Geschenk gelacht, doch war er sogleich ernst geworden und hatte sie ermahnt. Man wisse nie, wo die Schlangen lauerten, die mit einem gezielten Biss das Leben einer Adligen auslöschen wollten, hatte er ihr erklärt. Doch dann hatte er ihr dunkles Haar gestreichelt und gemurmelt, er könne sich nicht vorstellen, dass ihr je irgendwer etwas Böses wolle.
    Grimmig packte sie den Dolch.
    Danke, Vater. Du hattest ja so recht.
    Heute Abend würde sich das Kätzchen der Schlange nicht wehrlos ergeben. Heute nicht.

10. KAPITEL
    Als Eirik am Abend den Raum betreten wollte, versperrten ihm zwei Waräger den Weg.
    Johanna beobachtete, wie er von den beiden Männern beiseitegeführt wurde. Sie flüsterten mit Eirik. Sie konnte sein Gesicht sehen, auf dem sich Erstaunen abzeichnete. Eine steile Falte zwischen den Augen. Er war erzürnt.
    Dann nahm er seinen Schwertgurt ab und legte ihn in die Hände des einen Wachmanns. Es folgte der Dolch, den er stets am Gürtel trug. Schließlich, nach kurzem Zögern, bückte er sich und zog ein kleines Messer aus dem Schaft seines Stiefels.
    „Nichts für ungut, werter Eirik Hallgrimsson, aber ich fürchte sonst um mein Leben. Man sagt ja viel über euch Waräger. Berserker“, fügte Andronikos vielsagend hinzu.
    Eirik erwiderte auf diese kryptische Bemerkung nichts, sondern schob sich an den beiden Wachmännern vorbei und setzte sich auf seinen Stuhl.
    „Können wir beginnen?“, fragte er herausfordernd.
    Pass auf, flehte Johanna ihn im Geiste an.
    Er hatte sie keines Blicks gewürdigt, als fürchtete er, Andronikos irgendwelche Hinweise darauf zu geben, was in der Nacht geschehen war. Vermutlich wusste er es ohnehin. Er hatte es sich in seinem Sessel bequem gemacht und beobachtete, wie ein Diener die Schachfiguren aufstellte.
    „Oh, fast hätte ich’s vergessen.“ Er beugte sich vor und stellte den weißen König auf das freie Feld vor Eirik. „Ohne ihn wirst du nicht spielen wollen.“
    Eiriks Hand rückte den König gerade.
    „Ah, meine kleine Schwester kommt wie immer zu spät.“
    Atemlos drängte sie sich an den Warägern vorbei. Einer hielt sie am Arm fest, doch Andronikos winkte ab. „Lasst sie durch. Sie ist

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