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Die Rose von Byzanz

Die Rose von Byzanz

Titel: Die Rose von Byzanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Gordon
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Momenten, die sie geteilt hatten.
    Es waren zu wenige, das wusste Johanna. Und es war nicht nur der Verlust, der sie erschütterte, sondern auch dieser unumstößliche Umstand, dass Eirik und sie die wenigen gemeinsamen Stunden nicht konsequent genug genutzt hatten.
    Wir hätten weglaufen müssen, schon in der ersten Nacht. Oder nein, viel eher schon, als er mich zurück zum Sklavenmarkt bringen ließ. Schon da hat Kallistos ihn gefragt, ob er an mir interessiert sei, und sein sturer Nordmannkopf ließ nicht zu, dass er seine Zuneigung zu einem Sklavenmädchen eingestand.
    Sie weinte nicht.
    Eirik machte seinen letzten Zug.
    „Und matt“, murmelte Andronikos mit seinem nächsten Zug.
    Eiriks Hände sackten nieder. Er gab sich geschlagen.
    Irene jedoch sprang plötzlich auf. Und dann ging es schnell; Irenes Hand, in der etwas aufblitzte, ihr Vorschnellen, ihr unbeholfenes Stolpern und die Klinge, die in Andronikos’ Oberschenkel fuhr, mühelos den Stoff seines Beinkleids durchschnitt und rot färbte. Er blutete. Und er brüllte, sein Arm schlug Irene beiseite, sodass sie stürzte und über den Boden rollte.
    Steh auf und hilf ihr. Bleib nicht reglos sitzen, steh auf.
    Aber Johanna konnte sich nicht rühren.
    Andronikos’ Zorn richtete sich gegen sie. Er schleuderte das Messer fort und stand auf. Das linke Bein trug ihn nicht, Blut tropfte auf den Boden, er stieß das Tischchen mit dem Schachbrett beiseite und wankte auf Johanna zu, und während sie noch dachte, dass jetzt er es war, der sein Bein nachzog, brüllte er bereits nach den Wachen.
    Es war das Letzte, was er sagen würde.
    Eirik tauchte aus den Schatten auf. Eirik, der Jahre seines Lebens im Dienst dieses Mannes damit verbracht hatte, jeden Feind von ihm fernzuhalten, hielt etwas Großes, Schweres in der Hand. Er schien zu zögern, Andronikos taumelte, fiel auf die Knie und kroch auf Johanna zu.
    Sie konnte sich noch immer nicht rühren.
    Sein Finger wies auf sie. „Feuerhexe“, röchelte er, „… hätte dich eher …“
    Ein Schatten sauste auf ihn nieder. Die schwere Steinvase zerschellte an seiner Schulter. Andronikos sackte zusammen. Unter ihm breitete sich ein Blutfleck aus, der rasch wuchs.
    Dies war der Moment, als die Waräger den Raum stürmten. Sie erfassten die Lage sofort. Einer half Irene auf, zwei weitere packten Eirik, der sich nicht wehrte. Einer lief nach einem Arzt, doch kam für Andronikos jede Hilfe zu spät.
    Der Tyrann war tot.
    Es dauerte nicht lange, bis sich diese Nachricht im Palast verbreitete. Wie ein Lauffeuer sprang die Kunde von Mund zu Ohr, ein Wispern erhob sich in den Gängen und hohen Räumen. Frohlocken mischte sich unter gesenkte Blicke, niemand jedoch wagte, seine Freude über den Tod dieses Menschenquälers offen zu äußern.
    Irene kam zu Johanna herüber. Man hatte alle Beteiligten in einen Nebenraum geführt. Eirik hatte man gefesselt, er kniete am Boden, von zwei Männern bewacht, die einst seine Untergebenen waren. Er schwieg verbissen, das Haar hing ihm wirr ins Gesicht. Jeden Versuch Johannas, zu ihm zu gelangen und mit ihm zu reden, hatte man vereitelt, denn auch neben ihr saß ein Waräger, pulte Kerne aus einem Granatapfel und kratzte sich gelegentlich am Sack, ohne sie aus den Augen zu lassen. Für ihn war sie nur eine kleine Hure, die für das Vergnügen seines Brotgebers zurechtgemacht war. Und wenn der Herr tot war, wen kümmerte da schon das Schicksal einer Sklavin? Vielleicht rechnete er sich sogar Chancen aus, sie in dem nächtlichen Durcheinander verschwinden zu lassen und zu seinen Gunsten zu nutzen.
    Sie verabscheute diesen Kerl. Nordmann, dachte sie. Widerlicher Nordmann.
    „Geht es dir gut?“ Irene setzte sich zu ihr und gab dem Waräger ein Zeichen, sie allein zu lassen. Kauend erhob er sich und ging drei Schritte.
    Johanna schüttelte stumm den Kopf.
    „Sie wollen Eirik nach Byzanz bringen und dem Basileus überstellen. Er soll entscheiden, was mit ihm passiert.“
    „Warum?“, flüsterte Johanna.
    „Er hat seinen Eid gebrochen. Es ist weniger die Tatsache, dass er Andronikos ermordet hat. Aber er hat gegen seinen Eid verstoßen, das Leben der ihm zum Schutze Befohlenen zu beschützen und zu verhindern, dass ihnen ein Leid geschieht. Außerdem hat er Andronikos angegriffen.“ Irene seufzte. „Ich fürchte, sie werden ihn zum Tode verurteilen.“
    „Aber es war nicht Eirik, der deinen Bruder ermordet hat.“ Ihre Stimme war nur ein heiseres Flüstern. Erst jetzt erinnerte sie

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