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Die Rose von Byzanz

Die Rose von Byzanz

Titel: Die Rose von Byzanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Gordon
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Sklavin zu sein.
    Da war er – der Mann. Seine Stimme dröhnte, er machte schäbige Witze, die alle Männer um ihn zum Grölen brachten. Nur einer blieb stumm, betrachtete stattdessen die Ware. Drei Dutzend Menschen, Männer und Frauen, Kinder und Alte, standen aufgereiht. Er zeigte auf Ise und Johanna, und der Bärtige nickte, nannte einen Preis. Der andere verzog das Gesicht, hakte beide Daumen unter den Gürtel, der seinen feisten Bauch umspannte, wippte vor und zurück.
    Kallistos.
    Sie freute sich unbändig, plötzlich wieder seinen Namen zu wissen, aber dieser Name schmeckte nach Erniedrigung. Nach Hitze und Durst.
    Sie öffnete den Mund, wollte verhindern, dass Kallistos sie kaufte, denn sie wusste, was dann kam. Er würde Ise und sie nach Byzanz bringen, dort würde er sie auf dem Sklavenmarkt verkaufen. Dort hatte sie Eirik kennengelernt. Den Mann, der tötete. Den Mann, den zu lieben sie lernte, ehe sie sein wahres Gesicht erkannte.
    Der Mann, ohne den sie nicht leben konnte.
    Der Mann, den zu hassen sie nicht vermochte, obwohl sie es immer wieder versuchte.
    Wenn ich ihn nicht hassen kann, werde ich ihn mit Gleichgültigkeit strafen, dachte sie verbittert.
    Danach kam das Dunkel.
    Eirik schlich auf Zehenspitzen aus der Kammer, die Johanna und er sich teilten. Er schloss leise die Tür. Sie schlief. Es gab für ihn keinen Grund, länger bei ihr zu bleiben.
    Er musste mit Hallgrim reden, wenn es ihm auch schwerfiel.
    Sein bester Freund war nur noch ein Schatten seiner selbst. Vor sechs Jahren hatten sie einander das letzte Mal gesehen. Hätte Eirik um die Krankheit gewusst, wäre er sofort zu Hallgrim geeilt. Aber so musste er schnell lernen, schnell begreifen.
    Schon im ersten Moment hatte er gewusst, dass Hallgrim dem Tod geweiht war.
    Er ging zum Ende des Gangs. Hier lagen die größeren Kammern, hier nächtigte Freya, hier lag Hallgrim in einer zweiten Kammer. Freya hatte es ihm erklärt – sie schlief ohnehin die meisten Nächte bei Hallgrim, kauerte sich auf einer mit Stroh gefüllten Matratze neben seinem Bett zusammen und hielt seine Hand oder blieb wach und lauschte Hallgrims Atemzügen. Sie wirkte beherrscht, als sie davon berichtete, doch spürte Eirik ihre unterschwellige Wut, dass sie zu diesem aufopferungsvollen Leben gezwungen war.
    Hallgrim saß in seinem Bett, in seinen knochigen Händen einen Becher mit Tee. „Komm herein, herein, mein bester Freund“, krächzte er. Seine Hand winkte schwach.
    „Es geht dir besser?“ Eirik schloss die Tür.
    „Mir ging es in den verdammten acht Monaten keinen Tag besser als heute. Komm her, setz dich zu mir, alter Freund. Wir haben viel zu besprechen.“
    Eirik zog einen Hocker ans Bett.
    „Du hättest dir kaum einen besseren Zeitpunkt aussuchen können, um heimzukehren.“
    „Ich hätte eher kommen sollen.“
    Hallgrim schüttelte den Kopf. „Nein, nein. Erzähl mir lieber mehr von der Schönheit an deiner Seite.“
    Eirik zögerte. „Johanna war eine Sklavin“, sagte er schließlich. „Sie hat viel erlitten, und ich liebe sie. Mehr muss man wohl nicht wissen.“
    „Du warst nie ein Mann, der viele Worte macht. Umso mehr freut mich, wenn du in ihr eine Gefährtin gefunden hast. Aber Sklavin …“
    „Ihr einstiger Herr ist tot, und seine Schwester ließ sie frei.“ Das war nicht die ganze Wahrheit, doch sollte es Hallgrim genügen.
    „Sie spricht nicht viel.“
    „Sie ist stumm seit jenem Vorfall, als Waräger unser Schiff angriffen.“
    „Oluf hat davon erzählt, aber nicht viel. Er wusste zu wenig.“
    Eirik schwieg. Es schien ihm zu früh, Hallgrim die ganze Geschichte zu erzählen. Andererseits: Wer wusste, wie viel Zeit ihnen noch blieb?
    „Ihr habt keine Kinder, Freya und du?“, wechselte er abrupt das Thema. „Ich hätte gedacht, nach sechs Jahren …“
    „Nein, das hat sich nicht ergeben. Vielleicht ist es besser so.“
    Eirik horchte auf. Er wusste, Hallgrim hatte sich immer gewünscht, seinen Namen und sein Vermögen weiterzugeben. Aber er hakte nicht nach; seinem Freund waren Fragen ebenso verhasst wie ihm.
    „Sie wollte es nie, und jetzt bin ich froh. Kein Kind sollte seinen Vater so sterben sehen.“
    Sie schwiegen. Hallgrim trank von dem Gebräu in seinem Becher und verzog das Gesicht.
    „Liebt sie dich? Dein kleines Mädchen mit dem Feuerhaar.“
    Eirik nickte. „Ja, sie liebt mich. Im Moment nur ist sie ganz weit weg, und ich weiß nicht, wie ich zu ihr durchdringen soll.“
    „Das kommt“, tröstete Hallgrim

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