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Die Rose von Byzanz

Die Rose von Byzanz

Titel: Die Rose von Byzanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Gordon
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Dann stieg sie heraus, trocknete sich mit einem Tuch ab und begann sich anzukleiden: ein feines Leinenunterhemd, das bis an ihre Füße reichte. Schuhe aus weichem Leder, die um ihre Fußgelenke geschnürt wurden. Darüber ein Kleid aus festem dunkelgrünen Wollstoff, das mit einer Webchenborte an den Armausschnitten und dem Halsausschnitt verziert war. Zuletzt nahm sie einen Umhang vom Hocker. Er war ebenfalls aus Wolle, ein helleres Grün und mit Pelz verbrämt.
    Kleidung, die einer edlen Frau würdig wäre, dachte Johanna. Sie schloss die Silberfibel des Umhangs und strich ihr nasses Haar zurück.
    Als sie die Tür der Kammer öffnete, die offenbar nur dazu diente, dass man darin badete, hockte Astrid auf der anderen Seite des Gangs auf einem Schemel, ihre Hände ruhten im Schoß. Sie sprang auf, schnatterte munter drauflos, und als sie Johannas fragenden Gesichtsausdruck bemerkte, zeigte sie auf ihr Haar.
    „Haare machen“, sagte sie, und Johanna nickte.
    Jetzt wurde sie eine Treppe hinaufgeführt und in eine weitere Kammer bugsiert. Ein breites, wuchtiges Bett nahm die Hälfte des Raums ein, Pergament war vor den winzigen Fensterluken befestigt. Alles wirkte beengt und düster.
    Astrid wies auf einen Schemel am Fußende des Betts. Sie ging kurz weg und kam mit einem Talglicht und einem Kamm wieder. Sie begann, Johannas Haar zu entwirren, teilte die Strähnen, flocht es in drei Strängen, die sie mit Haarnadeln aufsteckte. Zum Schluss lief sie noch einmal fort und kam mit einem Bronzespiegel zurück, den sie Johanna hinhielt, damit sie sich anschauen konnte.
    Ihr Spiegelbild wurde verzerrt, aber es genügte, dass sie erkennen konnte, wie sich die Haare über ihrem Kopf türmten und rot im Licht der kleinen Talglampe schimmerten. Es gefiel ihr, auch die silbrigen Haarnadeln, die aufblitzten, fanden ihren Gefallen. Sie nickte und reichte Astrid den Spiegel zurück, die ihr bedeutete, mitzukommen.
    Johanna hatte nicht damit gerechnet, dass das Fest schon begonnen haben könnte. Sie hörte Lärmen, Männerstimmen, die einander etwas in der rauen Sprache der Nordmänner zuriefen. Sie gingen die Stiege hinab und betraten einen großen Raum – die Halle des Hauses.
    Eine lange Tafel stand in der Mitte des Raums. Auf Bänken saßen die Gäste, tranken aus silbernen Pokalen den Honigwein, für den die Nordmänner so berühmt waren, griffen beherzt aus Schüsseln, häuften sich Speisen auf ihre Teller und grölten ausgelassen.
    Johanna wich zwei Schritte zurück.
    Astrid winkte ihr.
    Sie folgte nur widerwillig. Zu viele Männer. Zu viele betrunkene Männer.
    Aber dann sah sie Eirik. Beinahe hätte sie vor Erleichterung geweint.
    Neben ihm saß die Hausherrin. Sie trug ein anderes Kleid, hatte sich üppig mit Schmuck angetan, und ihre Hand, um die ein Armband aus Bernstein schimmerte, lag auf Eiriks Unterarm, während sie eindringlich auf ihn einredete. Sie blickte hoch, als Astrid und Johanna sich zu ihnen durchdrängten, und dann erhob sie sich rasch. Ein letztes Mal noch beugte sie sich zu Eirik hinab und flüsterte ihm etwas ins Ohr, dann verschwand sie und setzte sich auf der anderen Seite der Tafel neben einen hünenhaften bärtigen Kerl.
    „Johanna.“ Eirik stand auf und legte die Hände behutsam auf ihre Schultern. Er zog sie an sich, flüsterte ihr ins Ohr: „Du bist wunderschön.“
    Fast hätte sie es ihm geglaubt. Da war früher etwas gewesen, das ihn und sie verbunden hatte, doch mit seinem blutigen Schwert hatte er es aus ihrem Gedächtnis gefegt, und jetzt suchte sie nach den richtigen Worten, nach irgendwelchen Worten, um ihm begreiflich zu machen, wie es in ihr aussah. Aber wenn sie den Mund öffnete, gelang es ihr nicht mal, seinen Namen auszusprechen.
    „Komm, ich möchte dich meinem Freund Hallgrim Ragnarsson vorstellen. Er wird uns diesen Winter Obdach gewähren. Und mir gibt er genug zu tun, dass ich den ganzen Tag in seinem Kontor schwitzen werde.“ Eirik grinste und führte sie zum Kopfende der Tafel.
    Auf einem Sessel mit hoher Rückenlehne hing ein alter, zerbrechlicher Mann. Bleich wie Knochen war er, die Haut faltig wie bei einem Greis, die Augen lagen in Schatten gebettet. Gelblich fahl war die Hand, die er hob, um sie zu begrüßen.
    „Hallgrim Ragnarsson, ich möchte dir Johanna vorstellen.“ Eirik zögerte.
    „Johanna.“ Die Hand winkte sie näher heran. „Eirik hat von dir erzählt.“ Er sprach das Byzantinische mit einem harten Akzent, doch Johanna war froh, dass er überhaupt

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