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Die Rose von Byzanz

Die Rose von Byzanz

Titel: Die Rose von Byzanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Gordon
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seines Todes.
    Er suchte Johanna.
    Sie saß in der Kammer, die sie in den kommenden Monaten teilen würden, auf dem Bett. Reglos, ihm den Rücken zugewandt, starrte sie auf eines der Pergamentfenster. Dahinter klapperten leise die Läden im Ostwind.
    „Johanna?“
    Sie wandte den Kopf, ohne sich zu ihm umzudrehen.
    Wie schön sie war … Ihr Profil war so zart, die vollen Wimpern beschatteten ihre Wangen, die im goldenen Licht beinahe rosig wirkten. Das rote Haar hatte sie für die Nacht zu einem dicken langen Zopf geflochten, der über ihre Schulter floss wie ein lebendiges Tier.
    „Johanna …“
    Er ging um das Bett herum und kniete vor ihr nieder. Ihre zarte Hand verschwand in seinen, doch wenigstens entzog sie sich ihm nicht mehr wie in den vergangenen Wochen auf dem Schiff, als sie nicht mal diese Berührungen ertragen hatte.
    „Bist du müde?“
    Ihre grünen Augen wirkten fast schwarz, tief und unergründlich. Sie musterte ihn nachdenklich, dann nickte sie. Ja, sie sah auch müde aus, die kleine Falte zwischen ihren Brauen zeugte davon ebenso wie die nur halb geöffneten Augen.
    „Warum bist du aufgestanden?“
    Nachdem sie sich in der Halle nicht nur übergeben, sondern auch das Bewusstsein verloren hatte, hatte Eirik sie heraufgetragen und aufs Bett gelegt.
    „Möchtest du etwas essen? Trinken? Möchtest du, dass ich irgendwas für dich tue?“
    Kopfschütteln.
    „Geht es dir besser?“
    Das Nicken kam zögerlich.
    „Gut, also … Das ist unser gemeinsames Bett. Also, wenn … wenn du allein schlafen willst, gehe ich hinunter in die Halle und übernachte auf einer Bank.“
    Sie schüttelte den Kopf. Ihre Hände nestelten am Halsausschnitt ihres Kleids.
    Sprich mit mir, Johanna. Warum sind dir alle Worte abhandengekommen? Wie kann ich dich wieder zum Sprechen bringen? Sag doch irgendwas, ich würde alles für dich tun, alles, um es dir leichter zu machen! Ich werde dem Kampf abschwören! Nein, ich habe dem Kampf bereits abgeschworen, und ich kämpfte nur gegen die Warägersoldaten, um dein Leben zu beschützen. Verstehst du das?
    „Möchtest du dein Kleid ausziehen?“
    Sie nickte.
    Er half ihr. Darunter trug sie ein langes Unterhemd. Nachdem er ihr Kleid auf der Truhe am Fußende des Betts ausgebreitet hatte, hob er die Decken für sie, damit sie darunterschlüpfen konnte. Sie zögerte. Blickte ihn fragend an.
    „Keine Sorge. Ich bin auch müde.“
    Das schien sie zu beruhigen. Sie legte sich hin, ließ die Decken über sich breiten und schloss die Augen. Eirik zog sich aus, löschte das Licht und stieg ins Bett.
    Er war müde, aber zugleich hellwach. Lange noch lag er da und grübelte, wie es ihm gelingen könnte, Johanna aus ihrer Erstarrung zu lösen. Er musste Geduld haben. Aber das war ausgerechnet eine Eigenschaft, mit der er nicht dienen konnte.
    Lautlos wie ein Schatten glitt Freya an der Steinmauer entlang. Ihre Finger tasteten nach dem Riegel, mit dem die Tür verschlossen war.
    Valdimar hatte ihr, bevor er das Fest verließ, zugeflüstert: „Ich weiß, wer sie ist. Komm zur mitternächtlichen Stunde.“ Und dann hatte er im Dunkeln des Gangs ihr Kinn umfasst und sie auf den Mund geküsst – hart und ohne Zärtlichkeit. „Ich werde schon heute meine Belohnung fordern, Freya Sigurdsdottir.“
    Sie konnte es kaum erwarten.
    Hallgrim hatte sie in seinen Nachttrunk Schlafmohn gemischt. Astrid sollte bei ihm bleiben, aber vermutlich würde er die ganze Nacht durchschlafen. Ein Segen für ihn – und für sie. Endlich eine Nacht, die sie nicht zusammengekauert und frierend an seinem Bett zubringen musste. Nein, auf sie wartete Größeres.
    Sie drang auf dem üblichen geheimen Weg in Valdimars Haus ein und schlich ins obere Stockwerk. Die Tür zu seinem Kontor stand einen Spaltbreit offen, und sie hielt inne und lauschte. Hatte er zu so später Stunde noch Besucher?
    Raue Stimmen, Lachen. Dann Valdimars Stimme. Freya hielt den Atem an, doch konnte sie nicht verstehen, was er sagte. Sprach er eine ihr fremde Sprache? Sie war verwirrt.
    Ehe sie überlegen konnte, was sie jetzt tun sollte, hörte sie Schritte, die Tür wurde aufgerissen.
    „Da bist du ja.“ Valdimars Grinsen war geradezu wölfisch. Er packte ihre Hand so fest, dass es schmerzte, und zog sie ins Kontor.
    Verwirrt blinzelte Freya. Zwei Männer standen ihr gegenüber. Der eine war ein Hüne, sogar noch größer als Valdimar. Er trug nur eine kurzärmelige Tunika, war sogar barfuß, obwohl es im Kontor nicht gerade besonders warm

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