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Die Rose von Darjeeling - Roman

Die Rose von Darjeeling - Roman

Titel: Die Rose von Darjeeling - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sylvia Lott
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offen und lauschten. Sie kannten Miss Whitewater nur als freundliche oder allenfalls einmal melancholische Memsahib.
    Jetzt hörten sie ein Krachen, als ob Porzellan zu Bruch ginge. Mr Whitewater und die Memsahib brüllten sich an – es war angsteinflößend. Der Hausdiener und die Köchin verstanden nicht alles. Es ging scheinbar auch um die nepalesische Pflückerin, die den Herrn nachts besuchte. Und darum, dass Kathryn einfach einen Aufseher eigenmächtig rausgeworfen hatte.
    Plötzlich herrschte Ruhe.
    »Sie werden doch nicht …«
    Yaya schrie leise auf und hielt sich die Hand vor den Mund. Sie hatte ihren eigenen Mann nach einer Messerstecherei verbluten sehen. Ein unglücklicher Hieb reichte und …
    Jay schlich zum Salon. Yaya folgte ihm, beide spähten sie um die Ecke und atmeten erleichtert auf.
    Vater und Tochter lagen sich weinend in den Armen.
    »Ich hab mir solche Sorgen um dich gemacht, Kathylein«, murmelte Aldous Whitewater und drückte sie fest an seine Brust. Er strich mit zitternder Hand über ihren Kopf. »Du bist doch der einzige Mensch, den ich noch habe …«
    Sie schluchzte nur.
    »Mein Kind, ich hab dich doch lieb.«
    »Ach, Papa …« Kathryn legte ihre feuchte Wange an seine, die Bartstoppeln kratzten. Sie nahm den typischen Geruch ihres Vaters wahr, frisch gewaschenes Leinen, Tee, Tabak und Pferdeleder. Fest schlang sie ihre Arme um ihn. »Ich…«, sie konnte kaum sprechen, »ich hab all die Jahre geglaubt, dass du böse auf mich bist, weil ich überlebt habe … und nicht Mama und nicht Aldou.«
    Er sah sie erschüttert an. »Wie kannst du nur so etwas denken?«
    »Ich dachte, du bist böse auf mich, du kannst meinen Anblick nicht ertragen, du gibst mir die Schuld und hättest viel lieber deinen Sohn behalten und nicht mich … weil ich dir nicht so nützlich sein kann, weil ich doch nur ein Mädchen bin …«
    »Ach Kathryn, mein Kleines, meine liebe Tochter!« Er drückte ihren Kopf an seine breite Brust. »Es stimmt. Ich konnte deinen Anblick nicht ertragen. Aber doch nur deshalb, weil du deiner geliebten Mutter von Tag zu Tag ähnlicher wurdest. Und ich fühlte mich der Aufgabe nicht gewachsen, dich durch das Leben zu begleiten …« Er brach ab und flüsterte: »Verzeih mir, mein Kind, verzeih mir!«
    Yaya und der nepalesische Butler sahen sich an. Ihnen liefen Tränen über die Wangen. Sie nickten aneinander zu – dieser intime Augenblick der Versöhnung sollte Vater und Tochter allein gehören. Leise schlichen sie wieder davon.
    Kathryn fuhr in den Planters’ Club, bevor sie all die vielen Dinge, die sie in der Stadt zu erledigen hatte, anging. Sie musste dort übernachten, für die Rückfahrt nach Geestra Valley würde es danach zu spät sein.
    Die Gespräche im Boudoir des Klubs verstummten, als die junge Pflanzertochter eintrat. Sie grüßte freundlich. Mrs Faith hielt inne mit ihrer Handarbeit, gab einen Ton zwischen Räuspern und Piepsen von sich und hielt dann ihren Stickrahmen hektisch vors Gesicht – und viel zu nah. Mrs Vergotten tat so, als hätte sie den Gruß nicht gehört. Sie ignorierte Kathryn und ließ sich nun eine Spur zu laut weiter über ihr Rezept für Zitronencreme aus. Die Frau neben ihr tuschelte etwas.
    Kathryn setzte sich mit einem Modemagazin und einer Tasse Tee in einen gepolsterten Rattansessel vor den Kamin. Die Frauen nahmen ihren Gesprächsfaden wieder auf.
    »Bei diesen Wildererbanden scheint es sich um ehemalige Arbeiter zu handeln.«
    »Ja, zwei Männer vom bankrottgegangenen Fulham-Smith-Teegarten sollen erkannt worden sein.«
    »Wenn sie nicht mehr genug zu essen haben und ihre Kinder sonst verhungern …«, wandte eine mitfühlende Seele ein.
    »Aber deshalb darf man doch nicht kriminell werden!«
    »Sie sollen es in Wirklichkeit auf die Felle von Schneeleoparden abgesehen haben«, berichtete Mrs Faith mit schriller Stimme, stolz auf ihr Insiderwissen. »Und neulich haben sie einen angeschossen!«
    »Der reißt jetzt Schafe und Ziegen auf den Koppeln. Wussten Sie, dass solch eine Bestie mit einem Satz fünfzehn Meter weit springen kann?«
    »Man ist ja seines Lebens nicht mehr sicher. Hoffentlich wird das Tier bald erlegt!«
    »Hach, ich hätte zu gerne einen Mantel aus Schneeleopardenfell«, seufzte Mrs Vergotten schwärmerisch. »Dafür braucht man sechzehn Felle, wussten Sie das auch, meine Liebe?«
    »Man sagt, den Wilderern geht’s um Medizin. Die Chinesen zahlen horrende Summen für die Knochen der Großkatzen. Sie werden zerrieben

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