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Die Rose von Darjeeling - Roman

Die Rose von Darjeeling - Roman

Titel: Die Rose von Darjeeling - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sylvia Lott
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und sollen … äh … müde Männer wieder … leistungsfähiger machen.«
    Ein unterdrücktes Kichern läutete das nächste peinliche Schweigen ein, während dem Kathryn die Blicke in ihrem Nacken spürte.
    Zwei Ladys, die am Fenster saßen, kommentierten schließlich eine Heiratsanzeige in der Times.
    »Ja, man muss schon einen tadellosen Ruf haben, wenn man eine solche Partie machen möchte«, stichelte die eine unverkennbar in Richtung Kathryn.
    Die andere erwiderte mit hämischem Unterton: »Oder man muss außerordentlich vermögend sein, nicht wahr? Aber wenn beides nicht der Fall ist …«
    »Die Tugend einer Frau ist ihr höchstes Gut«, säuselte die erste daraufhin.
    Kathryn blätterte durch das Magazin, ohne dessen Inhalt zu erfassen. Sie hatte gewiss keinen glorreichen Empfang erwartet, aber auch nicht solche Gehässigkeiten! Diese dummen alten Puten! Machten sich zu Wärterinnen ihres eigenen Frauengefängnisses! Aber den Gefallen würde sie ihnen nicht tun, sie würde sich weder schämen noch entschuldigen oder in irgendeiner Weise klein vor ihnen machen.
    Sie setzte sich in ihrem Sessel eine Spur gerader. Und blätterte noch ein Magazin durch. Dann ertrug sie die Spannung nicht mehr. Kathryn verließ das Boudoir mit einem höflich hervorgepressten Gruß, der mit eisigem Schweigen beantwortet wurde.
    Der Polizist an der Mall, der sie sonst immer mit einem Tippen an seine Mütze grüßte, wandte sich zur Seite. Als Kathryn zwei Warenpakete mit Tee am Bahnhof abgab, kam es ihr vor, als sei der Ton des Beamten heute respektloser, sein Blick frecher als sonst. Aber sie ließ sich nichts anmerken.
    Auf der Straße atmete Kathryn tief durch. Wie sollte das weitergehen? Wie könnte sie in Zukunft hier leben, wenn sie derart geschnitten wurde? Ach, dachte sie, darum kümmere ich mich später. Sie hatte noch einiges zu erledigen. Behörden, Post, Lebensmittel. Zunächst stattete sie ihrem Schneider einen Besuch ab. Auf dem Weg dorthin fiel ihr auf, wie laut und lärmig doch die Stadt mit all den Menschen, Fuhrwerken, den hupenden und klingelnden Handkarren war.
    Der junge Mr Singh mit den abstehenden Ohren wenigstens behandelte sie respektvoll und servil wie immer. Der Schneidermeister beklagte sich bei ihr, wie er es schon bei ihrer letzten Anprobe getan hatte, wie schwierig es sei, geeignetes Personal zu finden.
    Plötzlich hatte Kathryn eine Idee. Aashmi … das wäre etwas für sie. Von Yaya hatte sie gehört, dass das Mädchen unglücklich war mit der Arbeit als Pflückerin und eigentlich auch viel zu klug dafür.
    »Darf ich Ihnen ein hübsches, sehr fleißiges und für Handarbeiten talentiertes Mädchen als Lehrling empfehlen?«, fragte sie. Sie pries ihm Aashmi derart an, dass er kaum ablehnen konnte. Erst recht, nachdem sie ihre letzten Argumente vorgebracht hatte. »Sie ist behutsam, gewiss würde sie nie eine Ihrer Kundinnen mit der Nadel pieksen.« Der Vollständigkeit halber erwähnte sie noch: »Die Familie des Mädchens stammt aus Nepal, sie ist eine Gurung.«
    »Mich interessiert nicht, wo einer herkommt«, sprach Mr Singh würdevoll, »mich interessiert, wo er hinwill.«
    »Oh«, lächelte Kathryn anerkennend. »Ich bin sicher, Aashmis Ziele harmonieren aufs Beste mit den Ihren.«
    Mr Singh erklärte sich bereit, Aashmi eine unbezahlte Probezeit zu gewähren. Zwei ernst dreinschauende Inder, die sie nie zuvor gesehen hatte, betraten den Laden und verschwanden grußlos hinter einem Vorhang zur Anprobe. Kathryn kramte in ihrer Handtasche und gab dem Schneidermeister die Summe, die Aashmi in dieser Zeit als Pflückerin verdient hätte.
    »Zahlen Sie dem Mädchen das Geld als Lohn für die Probezeit. Aber sagen Sie ihr nicht, dass es von mir kommt, ja?«, bat sie.
    Kathryn kümmerte sich auch noch um eine geeignete Unterkunft. Sie wusste selbst nicht genau, weshalb sie sich so für Aashmi einsetzte. Einfach nur, weil sie das Mädchen gern hatte? Weil sie ihr zum richtigen Zeitpunkt über den Weg gelaufen war? Schon wieder ein Zufall? Trieb ein schlechtes Gewissen sie an, weil sie, die Briten im Allgemeinen und ihre Familie im Speziellen, schon so lange von der Knochenarbeit der Nepalesen profitierten? Oder wollte sie einfach etwas Gutes tun, weil es für sie leicht war und in ihrer Macht stand?
    Kathryn konnte sich keine Antwort auf ihre Fragen geben, aber sie spürte, dass es sie zutiefst befriedigte, dem Mädchen helfen zu können.
    Kathryn schaute auch bei Samantha vorbei. Und sah rasch, dass

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