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Die Rose von Darjeeling - Roman

Die Rose von Darjeeling - Roman

Titel: Die Rose von Darjeeling - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sylvia Lott
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die Freundin mit der Pflege ihrer halbseitig gelähmten Mutter voll ausgelastet war. Sie machte einen erschöpften Eindruck und hatte kaum Zeit für sie. Sam und Kathryn konnten sich nur kurz über die wichtigsten Ereignisse austauschen.
    »Diesem Major Robbins ist gekündigt worden«, sagte Sam. »Es tut mir so leid, es ist ja letztlich meinetwegen geschehen.«
    »Eher wohl meinetwegen«, erwiderte Kathryn betreten.
    »Na, jedenfalls sagt Tsarong, dass der Polizeipräsident die Konsequenz daraus ziehen musste, dass Robbins ihn für dumm verkaufen wollte.«
    Kathryn schwieg einen Moment betreten, dann platzte es aus ihr heraus: »Sam, ich bin verliebt!«
    »Ich sehe es, Süße.« Sam blickte ihre Freundin liebevoll an. »Es ist Carl, hab ich Recht?«
    »Woher weißt du …«
    »Intuition …«
    Sam kam vertraulich näher, Kathryn nahm ihren vertrauten Lavendelduft wahr.
    »Und … habt ihr schon …?«
    Kathryn wand sich. »Nein … ja, also noch nicht richtig …«
    Sams Mutter rief nach ihr. »Augenblick noch, Mutter, ich komme gleich!«
    »Weißt du, ich bin … also… ich hab noch nie …«, stammelte sie und errötete. »Muss man da etwas besonders beachten?«
    Sam lachte leise. Ihre Mutter rief erneut, lauter und energischer.
    »Sollte ich sie vielleicht kurz begrüßen?«, fragte Kathryn.
    »Ach, nein«, verlegen wehrte Sam ab, »das regt sie nur unnötig auf.«
    In Wahrheit war selbst Mrs Cox der Skandal um Kathryn nicht entgangen, und eines hatte sie ihrer Tochter bereits unmissverständlich klargemacht, sie wünsche nicht, dass Samantha weiterhin Kontakt zu »dieser Person« halte. Denk an deinen Ruf!, hatte sie eindringlich gewarnt.
    »Sorry, Süße, ich muss mich kümmern«, schloss Sam bedauernd. »Du machst bestimmt alles richtig. Folge einfach nur deinem Gefühl. Und wenn’s nicht gleich klappt«, sie zwinkerte ihr zu, »dann hilft üben, üben und nochmals üben.«
    Kathryn spürte mehr Ameisen im Bauch als vor der Überquerung der Lepcha-Brücke. Was hatte Sam gemeint mit »Wenn’s nicht gleich klappt …«? Was zum Teufel konnte denn da schiefgehen?
    Länger als nötig bummelte Kathryn über die Mall. Sie studierte die Auslagen und die aktuellen Presseangebote. Eine Tageszeitung verkündete, dass seit dem Ende des Salzmarsches bereits hundertfünfzig Inder verhaftet worden seien. In Chittagong war es zu schweren Ausschreitungen gekommen. In Südafrika erhielten die weißen Frauen das Wahlrecht. Wieso eigentlich nur die weißen?, fragte sich Kathryn. Und ein großes Foto zeigte eine junge Frau mit Fliegerkappe neben einem Doppeldecker. Die Bildunterschrift lautete: Die siebenundzwanzigjährige Amy Johnson fliegt allein von London nach Australien.
    Kathryn hatte es nicht eilig, in die feindselige Atmosphäre des Planters’ Club zurückzukehren. Sie vermisste Carl. Seit ihrer Rückkehr aus Sikkim hatten sie sich unter allerlei Vorwänden nur zweimal im Teegarten gesucht und gefunden und für nicht mehr als ein paar Zärtlichkeiten Zeit gehabt.
    Vor der Eingangstür des Klubs straffte sich Kathryn noch einmal. Sie würde sofort nach oben auf ihr Zimmer gehen und sich zur Ruhe legen. Widerwillig betrat sie die Lounge, wo sie sofort von Marya Apple begrüßt wurde. Als Tochter einer mächtigen Teepflanzerfamilie war der Planters’ Club auch nach ihrer Heirat ihr zweites Zuhause geblieben. Mit einem strahlenden Lächeln und offenen Armen rauschte sie auf Kathryn zu.
    »Oh, da bist du ja, meine Liebe. Ich bin so stolz auf dich! Die britischen Frauen erobern die Welt. Gerade ist eine Frau aus London im Alleinflug in Kalkutta zwischengelandet! Und du hast es gewagt, Sikkim zu erobern – mit mehr Mut als Kleidern im Gepäck! Großartig … Du musst uns unbedingt besuchen und von deinen Erlebnissen berichten. Komm auf unsere nächste Soiree, ich werde dir eine Einladung schicken.«
    Marya Apple küsste Kathryn auf die Wangen und herzte sie wie eine eigene Tochter. Mindestens ein Dutzend Leute verfolgte die Szene konsterniert aus den Augenwinkeln.
    Interessante Persönlichkeiten auf der Durchreise, renommierte und junge, vielversprechende Künstler waren oft bei den Apples zu Gast. Sie machten Musik, lasen aus ihren Werken, berichteten von der neuesten Mode in Europa und brachten frischen Wind nach Darjeeling. Einladungen ins Haus Apple waren außerordentlich begehrt. Musisch und intellektuell weniger ambitionierte Teepflanzer schätzten den guten Kontakt zu Dr. Apple als dem Leiter des Sanatoriums, sie

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