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Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Titel: Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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gelegen. Das Tributzahlen hört nun auf; ich hab’ es längst schon satt und werd’ mir jetzt Alles wiederholen, was er mir abgezwungen hat. Nun werd’ ich auch den Ludewig los, den Habenichts, den ich nur aus Sorg’ vor seinem Vater gelitten hab’. Aber klug muß ich es anfangen mit dem Wechsel. Er hat schon lange Jahr’ im Kasten gelegen und auf den Tag gewartet, der heut’ gekommen ist. Der Alte muß ihn vom Ludewig unterzeichnen lassen; sie haben alle Beid’ noch keinen Wechsel geseh’n und wissen nicht, wie man ihn schreiben muß. So komm’ ich wieder zu dem Meinigen und schaff’ zugleich die Liebelei aus dem Haus. Der reiche Richterbauer ist kein Schwiegervater für so einen mausigen Schmuggelbalzersbub’, der kaum einen ganzen Rock am Leibe hat und mich noch obendrein mit seiner Herrgottspost blamirt!«
    Er machte sich zum Ausgehen fertig. Als er durch die Stube ging, war das Abendessen beendet, und das Gesinde hatte sich in Haus und Hof zerstreut.
    »Bertha!« rief einer der Knechte draußen im Flur, und als die Magd, welche er suchte, nicht antwortete, wiederholte er seinen Ruf.
    Im Nu stand der Bauer hinter ihm und schlug ihm mit der Faust auf den Kopf, daß er fast zusammenbrach.
    »Was hat denn der Sackerment hier zu schrei’n, daß Einem das Ohr zerplatzen möcht’?« fuhr er ihn wüthend an. Seine Züge waren verzerrt, als habe ein fürchterlicher Schreck sie verzogen; sein Auge glühte zwischen Angst und Zorn, und aus dem Gesichte war die Farbe vollständig gewichen. »Sagst Du den Namen nur noch ein einziges Mal, so schlag’ ich Dich zu Boden und werf’ Dich dann zur Thür hinaus!«
    Der Knecht schlich sich lautlos von dannen. Er hatte nicht daran gedacht, daß der Richter den Namen Bertha nicht hören konnte, ohne in die äußerste Wuth zu gerathen. Noch eine ganze Weile stand der Bauer mit gezückten Armen auf derselben Stelle; es war, als habe er ein Gespenst gesehen oder den Schlag selbst erhalten, welchen er dem unachtsamen Dienstboten gegeben hatte. Dann verließ er langsamen Schrittes den Hof.
    Nicht weit vom Richtergute stand inmitten eines gut gepflegten Gärtchens ein kleines Haus. Er stieß die unverschlossene Pforte des Gartens auf. Ludwig, welcher ihn erwartet hatte, empfing ihn hier.
    »Geht grad’ hinein in die Stub’, Herr Richter! Der Vater ist allein. Er hat befohlen, daß die Mutter und ich hinausgehen sollen, um Euch nicht zu stören.«
    Als er den Wohnraum betrat, blieb er fast erschrocken unter dem Eingange stehen. Das Gesicht, welches ihm vom Lager her entgegenblickte, war ihm Zeit seines Lebens bekannt gewesen; jetzt aber schaute es ihn an wie ein vollständig fremdes, und die einst so vertrauten Züge waren wie unter einer starren, unheimlichen Larve verborgen. Die Augen lagen tief in ihren ausgetrockneten Höhlen, die Wangen waren eingefallen, die Schläfe eingesunken; der Tod hatte seine kalte, unerbittliche Hand auf das Haupt des Schmuggelbalzers gelegt und ihm nur noch kurze Frist gegeben; das war dem Leidenden deutlich anzusehen.
    »Kommst endlich, Schubertfrieder?« tönte eine matte, klanglose und hüstelnde Stimme. Balzer hatte den stolzen Mann niemals anders als bei seinem früheren Namen gerufen. »Setz’ Dich ganz her zu mir! Ich hab’ mit Dir zu reden, was Niemand weiter zu hören und zu wissen braucht.«
    Schubert folgte der Weisung. Der Anblick des einst so rüstigen Jugendgefährten ließ ihn verstummen.
    »Paß’ auf, Frieder, was ich Dir sag’; viel Wort’ kann ich nicht machen, denn es kostet mich jedes eine Stund’ vom Leben. Ich will Abrechnung halten mit Dir.«
    »So sprich!«
    Mehr vermochte der Richter nicht zu sagen. Er fühlte, daß er sich sammeln müsse.
    »Ich steh’ am Ziel’; die Ewigkeit braust mir schon um die Ohren, und ich weiß nicht, wohin mit meiner Schuld und Sündenhaftigkeit. Anklagen hab’ ich mich nicht wollen; ich hab’ den Muth dazu nicht mehr und darf auch keine Schand’ über mein Weib und mein braves, einzig’s Kind bringen. Die Reu’ hat mich zerfressen wie der Rost das Eisen, und als ich zuletzt nimmer aushalten konnt’, hab’ ich einen Brief an das Herrgottle geschickt und gefragt, ob ich auch ohne Beicht’ selig werden kann, wenn ich eine Sünd’ bereu’, die nicht mehr aufzubessern ist. Gestern Abend ist die Antwort ‘kommen: ›Wenn die Beicht‹ wirklich Niemandem nichts helfen kann, so soll ich ruhig sterben; der liebe Gott werd’ mir auch ohne sie vergeben. Was thu’ ich nun,

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