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Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Titel: Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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»Da steht die Summ’ zweimal und auch mein Nam’ dabei. Aber mach’ rasch! Du mußt hinzufügen: ›angenommen‹ und Dich dahinter. Oder,« setzte er schalkhaft lächelnd hinzu, »willst etwa die Schuld nicht von mir annehmen und sie mir lieber schenken?«
    »Gebt her die Feder! Wo kommt es hin?«
    »Hier quer unter das große Wort. Nun schreib’!«
    Er that es und entfernte sich dann auf das Geheiß des Vaters wieder.
    »So, das ist abgemacht. Hier hast den Wechsel, Balzer, und nun gieb auch das Papier!«
    »Frieder, ich bin müd’, und ich glaub’, es ist nicht bloß der Schlaf. Ich hab’ viel gegeben für den Brief und noch in der letzten Stund’ den Sohn mit einer Lüg’ bedient. Du hast viel an mir verbrochen; aber gieb dem Ludewig das Geld, und ich will Dir Alles verzhei’n. Hier ist die Schrift!«
    Er wollte unter die Decke langen, hatte aber die Kraft nicht mehr dazu.
    »Ich kann nicht – nimm sie Dir selbst!«
    Die schweren Lider fielen ihm über die Augen; der Athem ging röchelnd, und die Stirn bedeckte sich mit großen Schweißtropfen.
    »Hast sie –? Ja –? So steck’ den Wechsel – hier an ihre – – Stell’!«
    Ein kurzes, krampfhaftes Zittern ging durch seine Glieder, und seine Gestalt streckte sich mit einem gewaltigen Rucke in die Länge.
    »Ist – er – – dort?« stieß er nur lallend noch hervor.
    Schubert stand hochaufgerichtet vor ihm. Mit triumphirender Miene schob er die beiden Papiere in seine eigene Tasche.
    »Nein, Schmuggelbalzer, er ist nicht dort,« antwortete er, den Mund nahe an das Ohr des Sterbenden haltend, »sondern ich hab’ ihn eingesteckt. Jetzt kommt die Rach’ dafür, daß Du mir damals das Papier abgezwungen hast. Ich hab’ Dir das Schweigen bezahlen müssen, und nun ist der Wechselbrief falsch. Hörst’s, Balzer, Schmuggelbalzer? Der Wechselbrief ist falsch, und der Ludewig wird ihn lösen müssen. Ich nehm’ ihm das Haus, den Garten und die Wies’; hast’s verstanden, Balzer?«
    Es war ein wahrhaft teuflisches Vergnügen, welches seine Züge entstellte. Der Schmuggler hatte die Worte doch vernommen; seine bereits schwindende Seele kehrte noch einmal in den Körper zurück. Die Erkenntniß, daß er noch im Tode betrogen sei, schnellte seinen Körper zum letzten Male in die Höhe.
    »Schubertfrieder,« – – die Zunge suchte angstvoll nach Worten; die Augen traten stier aus den tiefen Höhlen hervor, und die langen, abgezehrten Arme zuckten drohend empor – »fahr’ zur Höll’ – stirb ohne Beicht’, wie ich – – schaff’ den Brief heraus – sonst ruf’ ich. Hilf’ – Hilf’ – – Lud – Lu – – Llll – –«
    Er sank zurück; der Name des Sohnes starb in einem verhauchenden Aechzen dahin. Der Schmuggelbalzer lag bereit für das Grab, welches der Leichenhans heut’ für ihn bereitet hatte.
    Der Richterbauer war Todtengräber gewesen; er hatte gar mancher Leiche in das erstarrte, hippokratische Angesicht geschaut; er blickte auch jetzt ohne äußere Zeichen von Furcht oder Schreck auf den vor ihm liegenden Todten, fühlte noch einmal nach den Papieren und schritt dann langsam zur Thür hinaus.
    Draußen im Gärtchen stand Ludwig mit seiner Mutter.
    »Ihr seid fertig, Herr Richter?« fragte er. »Dürfen wir jetzt hinein?«
    Schubert legte ihm die Hand auf die Schulter.
    »Ja, Ihr dürft hinein, alle Beid’. Geht nur immer zu! Er hat vor seinem End’ noch gar schön für Euch gesorgt, schöner und besser, als Ihr’s denkt, und wenn es Euch gar zu prächtig wird, so kannst ja wieder einen Brief hinauf zum Herrgottle tragen und eine Kerz’ in die Latern’ thun; Du bist ja dem Herrgottsengel sein Briefmacher; er wird Dir auch so beisteh’n wie der Botengustel. Wer Andre vor der Pfändung bewahrt, mag sich hüten, daß er sie nicht gar selbst bekommt. Schau nur, daß Du jetzt bald an Eurer Klink’ den Leinwandbeutel findest mit den zweitausend Thalern, die Du mir nun schuldest!«
II.
Beim »Herrgottle«
    Hoch über dem Dorfe tritt eine umfangreiche Taubsteinhalde aus dem Berge hervor. Sie stammt aus einer Zeit, in welcher man hier nach Metallen grub. Als die Lager ausgebeutet waren, verließ man das Werk, verschüttete den Schacht kaum zur Hälfte und ließ das Breterhäuschen, welches sein Mundloch überdeckte, zum Andenken an die vollendete Arbeit stehen.
    Seit jener Zeit war die Halde gemieden worden fast einige Menschenalter lang. Verlassene Schächte sind nach dem Volksglauben der Tummelplatz von allerhand

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