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Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Titel: Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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die mir allerdings durch die Hoffnung des Wiedersehens erleichtert wurde. Daß diese Hoffnung eine vergebliche gewesen ist, weißt Du, aber ich halte sie fest, wie ich meine Liebe treu und warm erhalten habe, und Beide, Hoffnung und Liebe, sie werden nicht eher sterben, als bis ich selbst mit ihnen begraben werde.
    Emil ging, durch die besten Zeugnisse empfohlen, mit einem reichen und hochstehenden Engländer, von dessen Einflusse er sich die günstigsten Wirkungen in Beziehung auf eine spätere Lebensstellung versprach, auf Reisen. Wir versprachen einander, uns so oft wie möglich zu schreiben, aber außer dem einzigen Briefe, welchen er mir, von der dort unter dem Spiegel hängenden Bleistiftskizze begleitet, von Wien aus schickte, habe ich bis heute keine Nachricht von ihm erhalten.
    Ach, es waren traurige Tage, jene Tage, an welchen er von mir ging, obgleich mir seine Gegenwart und Hülfe bald so nothwendig werden sollte. Ich habe sie überwunden, aber nur weil ich aufrecht erhalten wurde durch den Gedanken an die Verpflichtung, mein Leben nun Dir, Deiner Erziehung und Deinem Glücke widmen zu müssen. Leipzig, wo jede Straße, jedes Haus, jeder Gegenstand mich an meine Einsamkeit und Verlassenheit erinnerte, war mir verleidet, und ich ging in Begleitung eines hiesigen Geschäftsmannes, welcher während der Messe stets seinen Aufenthalt bei uns nahm, nach Ernstthal, wo es mir bei vereinfachten Bedürfnissen leichter werden mußte, durch die Arbeit meiner Hände das Brod für Dich und mich zu erwerben.
    Ich habe hier sehr viel, sehr viel Liebe und Freundlichkeit gefunden, und der erste aufregende und aufreibende Schmerz ist einer stillen, leidenschaftslosen Trauer gewichen, welche Deine Liebe mir ja stets gelindert hat. Auch im menschlichen Herzen folgt den Tagen des Sturmes eine Zeit des Friedens, und wenn ein schöner verheißungsvoller Lebensfrühling auch nicht in gänzliche Vergessenheit sinken kann, so ruht doch in einem verzeihenden Gemüthe die beste Gewähr einer trostreichen und dauernden Ruhe.« – – –
    Sie holte tief Athem und legte die Hand wie beruhigend über das Auge, in welches die Thräne der Erinnerung warm und feucht getreten war.
    »Meine Mutter, meine liebe, liebe Mutter!«
    »Ja, mein Kind, Du bist mein größter Reichthum; Du bist das einzige Gut, welches mir geblieben ist, und ohne Dich könnte ich nicht sein und nicht leben.«
    Wieder erfolgte eine jener Pausen, welche so beruhigenden und wohlthätigen Einfluß auf eine geistige Aufregung ausüben, und diesmal übernahm Auguste die Unterbrechung.
    »Ob er wohl gestorben ist?«
    »Es ist mir unmöglich, an ihn als einen Todten zu denken, und noch heut wie früher und immer sehe ich ihn in voller, frischer Jugendkraft vor mir stehen, wie ich ihn beim ersten Begegnen erblickte. O, ich wollte all die vielen Jahre des Kummers vergessen, wenn ich ihn nur noch ein einziges Mal sehen könnte, um ihm zu sagen, wie lieb, wie so unendlich lieb er mir gewesen ist. Und wenn er noch so arm und elend vor mich hinträte, ich wollte ihn willkommen heißen, für ihn sorgen Tag und Nacht und nie, nie ein Wort des Vorwurfes über meine Lippen kommen lassen!«
    »Und ich, ich könnte ihn nun nicht sehen!«
    »Sei ruhig, mein Herz! Die Krankheit Deiner Augen hat mir schwere und bittre Sorge verursacht, und diese Sorge ist heut größer als je zuvor; aber ich habe tausend Mal unter heißen Thränen im Gebete vor Gott gelegen, und er wird Dich, Unschuldige, nicht heimsuchen eines Fehltrittes wegen, an dem Du keinen Antheil hast. Wir haben nur bisher wohl nicht den rechten Arzt gefunden und müssen einmal nach Chemnitz gehen, wo jetzt ein sehr geschickter Augenheilkundiger practiziren soll. Jetzt aber wird der Meister mit dem Abendsegen auf uns warten. Komm, laß es für heute genug sein!«
    Sie gingen nach unten, und fanden allerdings den Meister schon hinter der alten, umfangreichen Nürnberger Bilderbibel.
    »Macht, daß Ihr kommt! Meine Alte lauert schon längst auf das heutige Evangelium, wir waren nicht in der Kirche. Auf den Richard brauchen wir leider nicht zu warten, der betet nie, sondern streift lieber mit seinem Jägerfranz, mit dem er dicke Freundschaft geschlossen hat, im Walde herum oder treibt droben in seiner Kammer Allotria. Aus dem wird nichts, und deshalb behalte ich auch meine Langgänghosen, die schön gekästelte Sammetweste und den braunen Schooßrock für mich selbst; er braucht sie auch gar nicht, denn heut früh ist er gleich in

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