Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Titel: Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
hast’ zu meinen! Hinaus!«
    »Bleib ruhig, Feld – – –«
    »Hinaus! Gehst’ oder net!«
    Er war aufgefahren und auf den Bachbauer zugetreten. Jetzt faßte er ihn am Arme.
    »Vater!« rief Martha voll Angst und eilte herbei. Auch die Mutter wagte sich in die Nähe und hob flehend ihre Hände empor.
    »Habt kein Sorg’ um mich!« mahnte jetzt in finstrer Ruhe der Blinde. »Bleibt still an Eurem Platz!«
    »Ja, macht Euch fort, sonst fliegt auch Ihr hinaus! Also vorwärts, Gesell’, sonst mach’ ich Dir Bein’!«
    »Wagst’ wirklich, den Goliath anzutast’n? Hinweg mit der Hand!«
    Als diesem Gebote nicht sofort Folge geleistet wurde, streckte er die Arme aus. Im Nu wurde der Gegner ergriffen, empor gehoben und mit solcher Wucht zu Boden geschmettert, daß er die Besinnung verlor.
    Die Frauen stießen einen Schreckensruf aus und warfen sich bei ihm nieder. Der Blinde stand stolz und hochaufgerichtet da und lächelte.
    »Er hat genug, net wahr?«
    »Mein Gott, Bachbauer, er ist todt!«
    »Nein, todt ist er net; ich kenn’ meinen Griff. Sollt’ er todt sein, so hätt’ ich Etwas weiter ausgelangt. Doch sagt, Feldbäu’rin, ist Euch der Frieder recht?«
    »Er ist mir der Liebst’ von Allen, die ich kenn’!«
    »So seid getrost; es wird Euch nix geschehn! Und sollt’ Etwas kommen, wobei Ihr Hülf’ von Nöth’n habt, so schickt hinaus zu uns; sie wird Euch gern gebracht!«
    Er schritt an dem Besinnungslosen vorüber dem Ausgange zu. Das noch zitternde Mädchen faßte seine Hand und geleitete ihn in den Hof, wo ihn der Knecht empfing.
    »Vergiß net, Martha, daß Dir der Bachhof off’n steht. Leb wohl!«
    Er ging. Wie gern hätte sie an seiner Seite den Feldhof verlassen und gleich in diesem Augenblicke den verheißenen Schutz in Anspruch genommen; aber sie mußte an der Seite der Mutter ausharren, die ihrer schwachen Hülfe und ihres Trostes bedurfte.
    Als sie wieder in die Stube trat, begann sich der Bauer zu regen. Er blickte einige Zeit wie abwesend um sich her, dann kam ihm das verlorene Bewußtsein wieder. Mit einem Sprunge war er auf die Füße.
    »Wo ist er, der Hallunk’, der mich in meinem Haus geschlag’n hat? Ihr habt ihn fort gelass’n, Ihr habt ihm geholf’n, Ihr – – –«
    Er streckte schon die Arme aus, sich an der Frau und Tochter zu vergreifen, da zog ein Gedanke sie ihm wieder zurück.
    »Hierher, Martha, hierher kommst’ und stehst Red’ und Antwort auf das, was ich Dich frag!«
    Sie folgte der Weisung und nahm allen ihren Muth zusammen.
    »Du steckst mit dem Bachfrieder unter einer Deck’ und hast mit ihm charmirt?«
    Sie schlug die Augen zu Boden.
    »Gut; ich seh’ schon, wie’s steht. Bist wohl gar bei ihm im Bachhof gewes’n?«
    »Ja.«
    »Und hast gewußt, daß der Alt’ heut kommen werd’?«
    »Nein.«
    »Ihr habt vom Waldkönig gesproch’n?«
    »Ja.«
    »Was weißt’ von ihm?«
    Sollte sie verrathen, daß der Geliebte Alles wisse? Nein; es konnte sein Untergang sein.
    »Ich hab’ ihn geseh’n.«
    »Du? Wo?«
    »In der Brunnenstub’.«
    Sie sah ihm fest in die Augen. Er konnte seinen Schreck nicht verbergen und fuhr einen Schritt zurück.
    »Wer ist’s?«
    »Du selber!«
    Da, wo die Mutter stand, erscholl ein Seufzer. Das Entsetzen hatte ihr sogar den Schrei versagt. Sie lag an der Erde.
    »O mein Gott, die Mutter stirbt!«
    Sie wollte hin zu ihr. Er hielt sie fest.
    »Laß sie lieg’n! Sie ist zäh’ wie die Katz’ und macht die Aug’n ganz von selber auf. Nun weiß ich auch, warum der Bachbauer von der Perrück’ und der Larv’ geredet hat. Du hast ihm All’s erzählt?«
    »Ja.«
    »Also steht’s so! Du hast Dich an den Lump, den Frieder gehängt und Deinen eigenen Vater an ihn verrath’n. Ich sollt Dich bei den Haar’n ergreif’n und – – aber nein, ich werd’s net thun; Du und Deine Mutter, Ihr seid den Griff net werth. Geh hin zu ihr, und wenn sie erwacht, so kommst’ mit ihr hinauf in meine Stub’!«
    Er ging voran. Droben angekommen wanderte er mit langen erregten Schritten im Zimmer auf und ab.
    »Waldkönig, Dein Reich geht zu End’, so schnell und plötzlich, wie Du’s nimmer geglaubt hast! Noch ist’s Zeit; noch wiss’n sie net All’s, und ich werd’ die Maßregeln so ergreif’n, daß ich All’s noch rett’, was ich erworb’n hab. Vom Stoll’n hat er gesproch’n, aber er kennt ihn net. Will er Anzeig’ mach’n, so mag er’s thun; ich bin zu End, noch eh’ sie kommen. Und wie nun, wenn ich ihn hinhalt’, bis

Weitere Kostenlose Bücher