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Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Titel: Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Geschirr des Feldbauers in ziemlicher Ferne vor sich.
    »Er fährt nach der Grenz’. Vielleicht schafft er sie zum Kaufmann hinüber, mit dem er das Geschäft macht. Ich reit’ nun langsam, denn er darf mich net bemerk’n.«
    Er ließ das Pferd im Schritt gehen und erst als die Verfolgten jenseits der Höhe verschwunden waren, nahm er die Zügel zum scharfen Trab empor. Auf dem Höhenpunkte angekommen, wo rechts und links ein paar schlecht befahrene Holzwege in den Forst abzweigten und die Straße sich wieder abwärts senkte, vermochte er, so weit sein Auge die Dämmerung durchdringen konnte den Wagen nicht mehr zu erkennen.
    »Er hat’s eilig und ist scharf gefahr’n. Vorwärts; ich darf ihn net aus dem Aug’ verlier’n!«
    Eine Viertelstunde verging; das nächste Dorf lag vor ihm, und noch hatte er die Erstrebten nicht erreicht. Bei der Chausseegeldereinnahme hielt er an.
    »Ist hier ein Wag’n vorüber, Fuchs und Schimmel angespannt?«
    »Nein.«
    »Ganz gewiß?«
    »Ganz sicher. Ich bin seit einer Stund’ net vom Fenster weggekommen.«
    Er zog den Braunen herum und jagte zurück.
    »Er hat eine Schelmerei vor und ist in einen von den beiden Waldweg’n eingelenkt!«
    Als er die Höhe wieder erreichte, stieg er ab, um die Wege zu untersuchen. Es war nun mittlerweile dunkel geworden; das Licht des Zündholzes reichte zu seinem Zwecke nicht aus; er trat zu einer knorrigen Kiefer, welche niedrig und verwachsen am Waldesrande stand, und fand glücklicher Weise an den Knospenstellen mehrerer Zweige einige von Insektenstichen erzeugte Harzkapseln. Rasch war einer derselben in Brand gesetzt, und bei dem breitlodernden Lichte sah er deutlich die schmalen Spuren der Wagenräder, welche rechts von der Straße in den Forst hineinführten und von den älteren, tiefer und breitergehenden Geleisen der hier verkehrten Holzfuhrwerke zweifellos zu unterscheiden waren.
    »Was hat er hier gewollt? Der Weg geht auf der Höh’ bis hin zur Zech’, und kein andrer zweigt sich von ihm ab. Ich muß ihm folg’n, aber das Pferd wird mich verrath’n. Hier anbind’n und zurücklass’n darf ich’s net. Ich reit’ im Carrière nach Haus’, geb’s ab und spring den Berg hinauf zur Zech’, das ist das Best’, was ich zu thun vermag!«
    Er stieg wieder auf, um diesen Vorsatz auszuführen. Da war es ihm, als vernehme er den unbewachten Knall einer vorsichtig geführten Peitsche.
    »Was ist das? Kommt er vielleicht zurück?«
    Ein dumpfer Ton ließ sich hören, als ob ein Wagenrad an eine aus dem Wege hervorstehende Wurzel stoße. Schnell war er wieder von dem Thiere herunter, zog es zwischen die nächsten Bäume verhüllte ihm mit dem Taschentuche die Nüstern und versuchte, es durch Streicheln zur möglichsten Ruhe zu bewegen. Es gelang; der Braune gab keinen Laut von sich, als der Wagen hart an ihm und seinem Herrn vorüberging und dann in die Straße einlenkte.
    »Das war er. Ich hab’ ihn ganz genau erkannt; er fährt nach der Grenz’. Aber wo sind die Frau’n? Sie war’n net darin. Er hat ihnen ein Leid angethan, das ist sicher! Und statt ihnen zu Hülf’ zu kommen, hab’ ich beinah’ eine Stund’ versäumt mit Umweg und Forschung nach der Spur. Es muß ‘was ganz Absonderlich’s sein, sonst hätt’ er net das Wagniß unternommen, heut, wo der Wald von Soldat’n wimmelt, gar mit dem Fuhrwerk der Gefahr zu trotz’n.«
    Noch im Zweifel mit sich selbst, vernahm er jetzt ein lautes Rascheln, welches sich der Straße näherte. Einige Soldaten sprangen, als hätte er sie durch die soeben gemachte Erwähnung gerufen, über den Graben und traten, als sie ihn erblickten, mißtrauisch auf ihn zu.
    »Wer da?«
    »Gut’ Freund! Kennt ihr mich denn net.«
    Der Anrufende war einer von den Beiden, welche auf dem Bachhofe im Quartier lagen.
    »Der junge Herr mit dem Pferd! Ist ‘was am Zeug geriss’n?«
    »Nein. Ich will noch zum Förster und mag mit dem Gaul doch net in den Wald; der Hafer sticht ihn heut, und er könnt’ mir Dummheit mach’n. Ihr geht doch net nach dem Dorf?«
    »Wir sind grad d’rüber. Soll ich das Pferd mitnehmen?«
    »Ja. Sagt dem Vater, daß ich bald nachkomm’! Ist der Feldwebel gefund’n?«
    »Nein. Den braucht Ihr net wieder durch’s Fenster zu spedir’n!«
    Sie gingen mit dem Braunen ab. Er konnte ihnen das Pferd getrost anvertrauen; seine Stärke hatte ihn in Respekt gesetzt, und die gute Pflege des Bachhofes war nach der unliebsamen Tanzaffaire das beste Mittel zur allmähligen

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