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Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Titel: Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Aussöhnung gewesen.
    Er betrat den Holzweg, welchem er folgte, ohne etwas Auffallendes zu bemerken. Auf der Zechenhalde angelangt, stieg er auf die gewöhnliche Weise in die Scheune; er konnte sich des Gedankens nicht erwehren, daß dieser Ort mit dem Verschwinden der zwei Frauen in Verbindung stehe.
    Als er einen von den mitgenommenen Harzäpfeln in Brand gesteckt hatte, gewahrte er eine kleine Blendlaterne, welche an einem Nagel hing.
    »Er ist hier gewes’n und hat die Latern’ zurückgelass’n, weil er sie net braucht. Mir ist’s grad’ recht, denn ohn’ sie könnt’ ich nix beginnen!«
    Er brannte sie an und untersuchte nun das Innere der Scheune. Auf den ersten Blick schien Alles in dem gewöhnlichen Stande zu sein, doch bald fiel ihm ein Seilende auf, welches unter dem Heu hervorblickte. Er entfernte die Bündel und gewahrte nun, was ihm bei seinen bisherigen Besuchen dieses Ortes entgangen war: ein vollständiges Haspelwerk befand sich unter dem Heu und dabei ein Fahrstuhl, Beides vielleicht vor kaum einer halben Stunde in Gebrauch gewesen. Er sah sich um nach einer Spur von der Geliebten, einem Bande, einer Schleife, wie der Romanschreiber es so gern seinen Helden finden läßt; es war Nichts zu bemerken. Nun schaffte er die Haspel über das Mundloch, hing den Fahrstuhl ein, stieg auf und ließ sich hinab. Es ging schneller und sicherer als mit der primitiven und immerhin unzuverlässigen Vorrichtung, deren er sich das letzte Mal bedient hatte.
    Unten angekommen, stand er schon im Begriff, in den Stollen einzubiegen, als er einen Laut vernahm, der sich aus der Tiefe des zweiten Schachtes hervorzuringen schien. Er kniete sich an der Oeffnung, welche er heut ebenso unbedeckt fand wie letzthin, nieder und rief hinab:
    »Ist Wer da unt’n!«
    Eine Antwort erfolgte, deren Laute er nicht zu unterscheiden vermochte.
    »Martha!«
    Er legte das Ohr auf den Boden, und jetzt war es ihm, als ob er seinen Namen rufen höre. Nun leuchtete er hinab und entdeckte zwei eiserne Haken, aber die Fahrt, welche an ihnen befestigt gewesen war, fehlte. Wenn die Frauen wirklich unten waren, wie hatte der Feldbauer sie hinabgebracht? Er schritt ein Stück in den Stollen hinein, um irgend einen Anhalt zu finden, und hatte sich nicht getäuscht. Die vermißte Fahrleiter lag am Boden. Sie war entfernt worden, um den Gefangenen, die günstigen Falls nur einen Theil des Schachtes zu ersteigen vermochten, die Flucht abzuschneiden. Er hing sie ein, erprobte sorgfältig ihre Festigkeit und stieg dann hinab. Die Fahrt stieß an eine zweite, diese an eine dritte, und so kam er langsam aber ohne Aufenthalt immer weiter hinab, bis er ganz vernehmlich hörte:
    »Frieder, bist’s oder ein Andrer?«
    »Martha, ich bin’s!«
    Ein Jubelruf erschallte, und als er den Boden unter sich fühlte, schlangen sich zwei Arme um ihn, und zwei warme Lippen küßten ihn immer und immer wieder ohne Unterlaß.
    »Ich hab Deinen Wink gesehn und darum gewußt, daß Du kommen werd’st!« Dann verließen sie ihre bis auf das Aeußerste angespannten Kräfte; sie sank auf den feuchten, moderigen Boden nieder neben der regungslosen Mutter, welche von sich und dem, was bei ihr geschah, nicht das Mindeste zu wissen schien.
    Er untersuchte sie. Sie lebte, aber ihr Puls ging kaum bemerkbar, und alle an sie gerichteten Worte hallten erfolglos an ihr Ohr.
    »Martha, wie seid Ihr herabgekommen?«
    Sie konnte unter dem jetzt ausbrechenden Schluchzen nicht antworten.
    »Wein’ net, Martha, sondern sei stark um der Mutter will’n, sonst weiß ich net, was ich mit Euch beginnen soll!«
    Sie faßte sich mit Gewalt.
    »Er sagt’, wir wollt’n verreis’n, und gebot, Speis’ mitzunehmen für zwei Tag’, hier liegt sie neb’n der Mutter in dem Tuch’. Dann sind wir gefahr’n, bis es dunkel war und wir vor der Zech’ hielt’n. Da hat er die Scheun’ geöffnet und uns hineingestoß’n. Was nun gefolgt ist, kann ich net erzähl’n. Wir wollt’n net hinab, bis er das Messer zog und uns die Wahl ließ zwisch’n Gehorsam oder Tod. Von da an hat die Mutter keinen Laut gethan und ist wie todt gewes’n bis jetzt. Ich hab’ dann in dem furchtbar’n Loch herniedersteigen müss’n, und die Mutter hat er sich auf den Rück’n gebund’n und herabgetrag’n. Dann ist er wieder hinauf und hat gesagt, daß er morg’n wiederkommen werd’. Ich hab’ erst bei der Mutter geleg’n und geweint, daß mir der Athem verging; dann mußt’ ich an Dich denk’n, Frieder, und

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