Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten
erklingt.«
»Ist’s möglich, Frieder?« hauchte sie.
»Willst’s glaub’n?«
»O, wenn ich dürft’!«
»Du darfst!« Er legte ihr die Hände auf das volle, weiche Haar und zog ihr Köpfchen herzinnig an die Brust. »Martha, ich hab Dich lieb, so lieb, wie ich Dir’s nimmermehr net sag’n kann. Als ich Dich sah, hab ich von Anbeginn gewußt, daß meine Seel’ zu Dir gehört all’zeit und immerdar; Du bist das Köstlichst’, was ich kenn, das Herrlichst’, was ich mir erwünsch’, und all’ mein Lebenlang möcht ich nix thun, als nur Dir zeig’n, wie heilig und wie theuer Du mir bist. Bitt’, sag es, willst’ mein Eig’n sein, Martha?«
Die Worte erklangen in jenem unwiderstehlichen Tone, dessen die menschliche Stimme nur einmal im Leben fähig ist. Martha hatte kein Wort der Erwiderung, aber sie konnte nicht anders, sie mußte ihre Arme um seinen Hals legen und ihren Kopf fest, fest an die starke Brust lehnen, in der so reiche Liebe wohnte. Er bog sich herab und blickte ihr in das große, klare Auge.
»Net so still, Martha. Sag’ nur ein Wort, ein einziges Wort! Bist mir gut?«
»Ja.«
Er vernahm das Wörtchen kaum, aber es erfüllte ihn mit unendlicher Seligkeit.
»So sollst’ hier an meinem Herz’n sein so lang es klopft und schlägt, und den Strahl empfind’n, der das Leid in Freud’ und Seligkeit verkehrt!«
Sie standen noch lange still und wortlos bei einander, Hand in Hand und Blick in Blick getaucht, und als sie endlich schieden, schien es, als ob sie sich kaum von einander zu trennen vermöchten.
»Schlaf wohl, Martha, und glaub, es wird All’s noch gut!«
»Schlaf wohl, Frieder, ich vertrau’ auf Dich und Gott, der helf’n wird!«
Der Jüngling fand seine Eltern noch wach. Sie wußten, daß sie nur spät die Ruhe finden würden und hatten auf ihn gewartet.
»’Bist gar lang, Frieder,« meinte die Mutter. »Die Martha wollt’ Dich wohl gleich ganz behalt’n?«
»Ja, Mutter, sie mich und ich sie. Wir geb’n einander nimmer wieder her.«
»Was sagst’, Bub’?« frug der Vater. »Ist’s wahr?«
»Ja. Die Martha wird meine Frau trotz Feldbauer und Waldkönig. Ist’s Euch recht?«
»Von ganz’m Herz’n!« riefen Beide, indem sie seine Hand ergriffen, und der Bauer fügte hinzu: »Eine größ’re Freud’ konnt’st uns gar nie bereit’n! Und der Feldbauer – – ja, was wird denn nun mit dem? Darf ich den eig’nen Schwäher ins Gefängniß liefern?«
»Vater, was er uns gethan, das kann vergeben werd’n; aber wir sind net die Einz’gen, und wenn er frei geht, droht noch viel Gefahr. Mich dünkt’s fast ein Verbrech’n, wenn wir ihn laufen lass’n, und doch kann ich der Martha kein solch’ Herzeleid anthun und ihrer Mutter auch. Ich geh’ hinaus zu ihm und red’ ihm ins Gewiss’n. Will er sich bekehr’n, so ist’s gut, will er aber net, so ist’s die Schuldigkeit, die Landplag’ auszurott’n.«
»Das klingt mir aus der Seel’, Frieder! Ich will ertrag’n, was net mehr zu ändern ist, und ihm seine Schuld net anrechnen, und wenn er besser wird, so kann Dich Niemand zwingen, den Schwiegervater anzuzeig’n. Geht er aber net in sich, so bist’s Gott schuldig und der ganz’n Welt, ihn unschädlich zu mach’n. Aber net Du sollst zu ihm, sondern ich selber geh. Geb’ ich die Rach’ auf, nach der ich mich gesehnt, so lang als ich im Finstern wandle, so will ich’s wenigstens sein, der ihm das Entweder – Oder nach dem Feldhof bringt.«
»Du, Vater? Das geht ja net!« meinte Frieder, und auch die Bäurin erhob lauten Widerspruch; er aber schnitt ihre Einreden dadurch ab, daß er sich erhob.
»Gut, gut, ich weiß All’s, was Ihr sag’n wollt, aber ich weich’ net ab von meiner Forderung. Ich bin noch immer der Goliath, wißt Ihr’s, und hab keinen Grund, mich vor dem Waldkönig zu fürcht’n, wenn er off’n vor mir steht. Ich geh hinaus; dabei bleibts, und nun gut’ Nacht!« – – –
VI.
Im Schachte
Am andern Morgen lief eine Nachricht durch das Dorf, welche selbst die Unbetheiligten in nicht geringe Aufregung versetzte. Der Buschwebel wurde vermißt. Der Lieutenant war schon am frühen Morgen in dienstlicher Angelegenheit in Finsterwalde gewesen und nach dem Feldhof gegangen, um seinen Untergebenen aufzusuchen. Dort hatte er in Erfahrung gebracht, daß dieser gestern gegen Abend in den Wald gegangen und bis jetzt noch nicht wieder zurückgekehrt sei. Eine Befragung der Soldaten hatte ergeben, daß er während der Nacht keinen
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