Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten
er daran ging, das Innere der Scheune wieder in Ordnung zu bringen. Als dies geschehen war, öffnete er den Laden und half dem Mädchen hinaus. Dann reichte er ihr die Mutter zu, deren bewußtloser Zustand Alles ungemein erschwerte, und folgte nun selbst nach.
»Gott sei Dank; jetzt nun erst ist’s glücklich vorüber. Komm’ nach dem Bachhof, Martha!«
»Soll ich net nach Haus’, Frieder?«
»Nie wieder, und heut erst ganz und gar net. Der Bauer muß denk’n, Ihr seid noch immer im Schacht, und damit er die Befreiung net erfährt, darf Euch kein Mensch sehn, bis All’s zu End’ gegangen ist.«
Er hob die Feldbäuerin empor, nahm sie in die Arme wie ein Kind, und stieg, gefolgt von der Geliebten, mit ihr den Berg hinab. Glücklich und ungesehen in der Nähe des Bachhofes angelangt, blieb er halten, um für einen Augenblick zu verschnaufen; da tauchte eine in einen Mantel gehüllte Gestalt vor ihm auf, der Hahn einer Pistole knackte, und eine befehlende Stimme gebot:
»Halt, steh! Wer seid Ihr?«
Frieder erkannte den Lieutenant, welcher eine ganz besondere Veranlassung haben mußte, hier so nahe am Dorfe und in eigener Person Patrouillendienst zu verrichten.
»Der Bachbauer, Herr Lieutenant. Hab’n Sie ein wenig Zeit?«
»Vielleicht. Warum?«
»Bitt’, kommen Sie mit herein in den Hof. Ich hab’ Ihnen Wichtig’s mitzutheil’n!«
»So! Wer ist das Frauenzimmer und wen haben Sie hier auf dem Arme?«
»Das werd’n Sie drin erfahr’n; hier ist net der Ort dazu.«
»So gehn Sie voran; ich werde folgen!«
Die Bachbäuerin schlug vor Verwunderung die Hände über dem Kopfe zusammen, als sie die Kommenden bemerkte.
»Du lieber Herrgott, Frieder, wen bringst’ denn da?«
»Die Martha mit ihrer Mutter, die ganz von Besinnung ist. Thu’ sie schnell ins Bett, und schick den Knecht mit dem Wag’n in die Stadt zum Doktor! Aber er und Niemand als wir darfs wiss’n, daß sie und der Herr Lieutenant hier sind!«
Seinem Gebote wurde sofort Folge gegeben. Der Knecht fuhr schleunigst nach der Stadt, nicht anders glaubend, als der Bachbauer sei plötzlich unwohl geworden; die Kranke wurde in weiche Federn gebettet, und Martha ließ es sich nicht nehmen, bei ihr zu bleiben. Die Andern aber sahen mit Ungeduld den Aufklärungen entgegen, welche sie von Frieder zu erwarten hatten. – – –
VII.
Schluß
Die Feldbäuerin war erwacht; der Arzt hatte erklärt, ihr Schwächezustand sei eine Folge langer innerer Seelenleiden und auf’s Höchste gesteigert durch den heut über sie hereingebrochenen Jammer. Er hatte die größte Ruhe und Schonung befohlen, vor jeder Aufregung gewarnt und stärkende Arzneien verschrieben. Jetzt lag sie da, glücklich lächelnd über die reiche Liebe, die ihr aus so vielen Augen entgegenstrahlte. Sie war hart an der Grenze des Lebens hingestreift, hatte das Rauschen des Todes vernommen und fühlte ihre Seele von der früheren Schwäche befreit.
»Frieder!« lispelte sie.
Er neigte sich zu ihr nieder.
»Ist er wieder da?«
»Nein.«
»Ich geb’ ihn in Deine Hand. Das Gesetz hat größres Recht auf ihn als ich. Doch, sprich net mehr von ihm!«
Er neigte zustimmend das Haupt und kehrte in die Stube zurück, wo der Lieutenant beim Vater saß. Beide schienen sich schnell zusammengefunden zu haben; der Offizier hatte sich eine Pfeife angesteckt und qualmte dem Blinden ins Gesicht, daß es paffte; dieser schien sich dieser Intimität höchlich zu freuen und überhaupt in einer Stimmung zu sein, wie man sie seit langer Zeit nicht an ihm bemerkt hatte.
»Ist die Stub’ für die Martha in Ordnung, Frieder?«
»Ja, zwei; eine für sie und eine für ihre Mutter.«
»Sorg’ nur, daß ihnen nix fehlt! Hat auch der Herr Lieut’nant noch Tabak und gehörig zu trink’n?«
»Es ist für Alles aufs Beste gesorgt,« antwortete dieser selbst.
»Der Knecht giebt doch tüchtig Hafer, daß die Braunen gut aushalt’n?«
»Ich freu mich auf den Ritt,« versicherte der Offizier. »Er bringt mich mit einem Male zum Ziele, wo ich geglaubt hatte, noch Monate lang im Dunkeln tappen zu müssen. Der Buschwebel hat die Schwierigkeiten nur erhöht und vermehrt, statt mir von Nutzen zu sein. Ihnen zum Beispiel,« wandte er sich zu Frieder, »muß ich gestehen, daß eine Art Verdacht gegen Sie gehegt wurde. Sie waren maskirt und bewaffnet im Walde gesehen worden und heut wieder zu Pferde dort gewesen, wo jeder Andre es sich angelegen sein ließ, daheim zu bleiben – – –«
»Grad darum war der
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