Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Titel: Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
will ich zurückhalten, damit er nicht noch größeres Unheil anrichtet, als er bisher gestiftet hat!«
    »Den – den ›Marder‹? Du weißt, daß – daß –«
    Er konnte vor Bestürzung nicht weiter reden. Daß der eigene Sohn sein Geheimniß entdeckt hatte, war schlimmer, als wenn ein Anderer ihn ergriffen hätte.
    »Ich weiß Alles! Ich bin aus meiner Stub’ fortgewesen und hier hinabgestiegen, wo ich das Geld gesehen und die Kalender gefunden hab’. Ich kenne nun die Lotterie, in welcher Du gewonnen hast; es ist eine schreckliche, eine fürchterliche, und ich – ich hab’ Alles, Alles in ihr verloren. Komm mit hinab in Deinen Fuchsbau, ich hab’ mit Dir zu reden!«
    »Ich hab’ nicht Zeit dazu. Sag’s gleich hier!«
    »So willst Du wohl eben wieder einen Gichtweg thun? Ich hab’ mir’s gleich gedacht! Es schlich Jemand so heimlich um die Eck’; ich hab’ gemeint, Du wärst’s selber, und bin dann gleich herbeigekommen, um nachzuschau’n, ob das Nest leer ist. Also deshalb sollt’ ich heut’ gleich wieder fort und weil Du wußtest, daß ich nie zugegeben hätt’, daß Du den braven Niedermüller aus dem Seinigen treibst. Steig’ wieder hinab; ich laß Dich nimmer fort!«
    »Meinst Du?« fragte Klaus. »Du bist der Sohn und hast mir nichts zu befehlen!«
    »Grad’ weil ich der Sohn bin, muß ich darauf achten, daß ich’s auch bleiben kann. Vater, ich bitt’ Dich gar sehr, bleib’ hier und vernimm, was ich Dir sagen muß!«
    »Dazu ist morgen Zeit! Da sollst Du Alles hören. Jetzt aber geh’ und schlaf’. Ich bin auf gutem Weg und auch bereit, mit Dir zu sprechen, vielleicht schon, wenn ich wiederkehr’!«
    »Nein! Ich kann’s nicht auf mein Gewissen nehmen, Dir zu gehorchen. Der Weg, den Du gehst, ist kein guter; er führt in ein Elend, das nicht so leicht zu heilen ist, wie die Gicht, welche Du nach Mariahilf tragen willst!«
    »Auch das weißt Du? Dich hat der Geier aus der Fremd’ herbeigetrieben! Wenn Du gewartet hättest, bis ich Dir schrieb, wär’ Alles gut gewesen. Geh’ weg, ich kann Dich nicht gebrauchen!«
    »Bleib’, Vater, bleib’! Noch ist es Zeit, das Vergangene wieder gut zu machen; noch weiß Niemand, wer der ›Marder‹ ist, und wenn Du im Stillen zurück erstattest, was nicht Dir gehört, so giebt’s noch Heil und Segen auf der Obermühl’!«
    »Zurück erstatten? Schau doch, was Du sagst! Ist’s denn wirklich so gewiß, daß ich der ›Marder‹ bin? Wart’s ruhig ab, und red’ nicht eher, als bis Du es verstehst!«
    Er machte sich von der Hand Ferdinand’s los und versuchte, an diesem vorüber zu kommen.
    »Vater, ich darf Dich nicht fortlassen, ich muß Dich halten. Hör’ auf mich, sonst muß ich Gewalt brauchen, und das will ich doch nicht gegen Dich thun. Laß mich doch zu Dir reden, und Du sollst sehen, daß ich nicht zu viel von Dir verlang’!«
    »Was willst Du? Vergreifen willst Du Dich an mir? Tritt aus dem Weg, sonst mach’ ich mir die Bahn!«
    »Ich kann nicht! Ich darf nicht! Ich bitt’ Dich von ganzem Herzen, bleib’!«
    »Geh’ weg!«
    »Bleib’, Vater!«
    »So fahre hinweg, wenn Du’s nicht anders willst!«
    Mit einem raschen, kräftigen Stoße warf er sich auf den Sohn.
    Dieser hatte den Angriff nicht vermuthet, verlor das Gleichgewicht und stürzte kopfüber in das tiefe Wasser des Teiches.
    Klaus bog sich weit vor und blickte hinab in die dunkle Flut, auf welcher Ring an Ring hineintrieb in die stille, schweigsame Nacht. Hatte er es so gewollt? Er fuhr sich mit den Händen nach dem Kopfe, stieß einen heiseren, unarticulirten Laut hervor und sprang dann zwischen die Sträucher hinein, welche sich auf der Böschung des Dammes hinunterzogen.
    Wäre Klaus nur noch einige Augenblicke geblieben, so hätte er gesehen, daß Ferdinand wieder emportauchte und einen Zweig erfaßte, welcher in das Wasser niederhing. Er horchte nach dem Damme empor. Als er nichts vernahm, schwang er sich auf das Trockene und schüttelte die triefende Nässe aus der Kleidung.
    »Er ist fort; er hat nicht daran gedacht, daß ich schwimmen kann! O Du heiliger, lieber Gott, was hab’ ich denn verbrochen, daß mir’s so grausam hart ergeht! Wo ist er hin, und wer war der, den ich vorher gesehen hab’? Ob’s nicht der Lebrecht, der alte Knapp’ von der Niedermühl’ war, der erst bei uns gewesen ist? Ich muß fort, ich muß nach, und sollt’ ich mir die Füß’ ablaufen; der Vater darf nicht wieder thun, was er bisher vorgenommen hat!«
    Er eilte davon.

Weitere Kostenlose Bücher