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Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Titel: Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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    Horn sah ihn erstaunt an.
    »Du bist nicht klug! Mir kann’s schon recht sein, wenn ich so wohlfeil bleiben darf; aber Du mußt auch auf Dich sehen und in Deiner guten Meinung nicht zu weit gehen. Warum willst Du nicht selber Niedermüller werden?«
    »Weil ich dann eine Müllerin brauche, und das könnt’ nur die Bertha sein. Ihr aber habt gesagt, wir sind geschied’ne Leut’ und das Klausvolk darf Euch gar nimmer in die Stub’!«
    Horn reichte ihm mit einem versöhnenden Lächeln die Hand entgegen.
    »Ich bin hart gegen Dich gewesen, Ferdinand, weil auch ich hart getroffen war. Der Hans ist gut und treu; setz’ ihn auf die Obermühl’ und komm’ zu uns herab! Die Müllerin ist vor Herzleid krank geworden; Du machst sie mit Deiner Güte wieder gesund. Und die Bertha hat Dich lieb, sonst hätt’ sie gestern nicht für Dich gebeten. Laß uns freundlich zueinander sein, dann will ich nicht mehr daran denken, daß mein Haar weiß ist und daß ich gestern die Subhaste hab’ erdulden müssen!«
    In den Zügen des Jünglings sprach sich eine tiefe Bewegung aus. Er ergriff mit der einen Hand die dargebotene Rechte und hielt die andere dem erröthenden Mädchen hin.
    »Habt Dank, Niedermüller! Ich sagt’ Euch gestern wohl, Ihr würdet einsehen, daß ich nicht so schlimm bin, als Ihr meintet. Aber wenn der Vater auf dem Sarg liegt, so ziemt es sich schlecht für den Sohn, an Freud’ und Fröhlichkeit zu denken. Ich hab’ seit meiner Heimkehr viel Trauriges erlebt, mehr als Ihr glaubt und wißt. Laßt mich jetzt meine Leich’ begraben; vielleicht wird mir das Herz dann wieder leicht, und nachher soll die Bertha die Erste sein, die mich lachen hört. Ihr seid jetzt gut zu mir; vergebt auch dem Vater. Die Elendsmühl’ bleibt Euch erspart, und er ist ja dahin gegangen, wo man Vergebung braucht!«

Der Giftheiner
Eine Erzählung aus dem Erzgebirge von Karl Hohenthal
    Es war ein wunderschöner Frühlingsmorgen, so warm und sonnig wie nur selten einer im Gebirge. Der freundliche Sonnenstrahl trank die glänzenden Thautropfen von den jungen Pflanzenspitzen und ließ die Nebelballen in wunderlichen Gestalten von Thal zu Berge steigen. Die schon längst aus dem Süden zurückgekehrten befiederten Sänger des Waldes hatten ihr Frühkonzert begonnen und ließen sich in ihrem fröhlichen Gezwitscher durch den Mann, welcher am Rande der Waldwiese an einem Baume lehnte, nicht stören. Er achtete ihrer ja gar nicht, sondern schaute so ernst und gedankenvoll hinaus in die blaue Ferne, als ob die Nähe mit ihrem blühenden, duftenden und jubilirenden Leben für ihn gar nicht vorhanden sei.
    Doch ja, sie schwiegen plötzlich; er hatte seine Stimme erhoben und ließ ihren herrlichen Tenor mit einer Fülle ertönen, welche die Vögel verstummen machte, und wie heller Glockenklang über die Wipfel des zur Tiefe sich senkenden Waldes hinfluthete.
     
    »So schwer wie der Fichtelberg
    Ist mir das Herz,
    Und so hoch wie der Fichtelberg
    Wächst mir der Schmerz.
    Es fließt von dem Fichtler
    Manch’ Wasser ins Meer
    Und kommt dann im Reg’n
    Und Thau wieder her.«
     
    Die Vögel fielen am Schlusse der Strophe applaudirend und mit verdoppeltem Eifer in ihre Weisen; er schien es nicht zu hören. Er sah auch nicht, daß ein Anderer sich ihm näherte und lauschend hinter ihm stehen blieb.
     
    »Ich stand auf dem Fichtelberg,
    Gab ihr die Hand
    Sie ging von dem Fichtelberg
    Fort in das Land.
    Nun fällt von dem Fichtler
    Manch’ sehnender Blick
    Und bringt aus der Fern’ doch
    Nur Thränen zurück!«
     
    »Bravo, bravissimo!« ließ sich der unbemerkte Horcher jetzt hören. »So aane Stimm’ wie dem Giftheiner seine giebts net wieder, so weit der Fichtler schaut, und so schöne Reim’ bringt erst recht gar niemand net fertig. Die Liebste ist ihm ausgeriss’n und hat ihm die Treu’ gebroch’n; darum singt er nun den Fichtelberg an und weint Syrup dazu. Warum weinst’ net Schwefelsäure oder Salpeterwasser? Das wär’ doch besser zu brauch’n!«
    Der Sänger hatte sich ihm zugedreht und ohne eine Miene zu verändern ihn aussprechen lassen. Dann aber faßte er ihn mit einem unerwarteten Griffe bei der Brust, drückte ihn an den Stamm des nächststehenden Baumes und bearbeitete seine Wangen so kräftig mit der flachen Rechten, daß der Schall der Streiche weithin vernehmbar war.
    »So, da hast’ Dein Geld für die schöne Red’, die Du gehalt’n hast, Kart’nbalzer! Ist’s genug, oder willst’ noch mehr?«
    Die

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