Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Titel: Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
Ohrfeigen waren so überraschend schnell und ohne alle vorhergehende Einleitung über den Getroffenen hereingebrochen, daß er gar keine Zeit gefunden hatte, sich auf die Gegenwehr zu besinnen. Er schien diese letztere auch nicht für rathsam zu halten, denn kaum fühlte er sich von der starken Faust, die ihn gehalten hatte, befreit, so wich er, die Hände an das erglühte Gesicht legend, behutsam um einige Schritte zurück.
    »Was thust’ mit mir, Giftheiner?« sprudelte er hervor. »Vergreif’n thust Dich an mir? Das soll Dir vergolten werd’n; merk Dir die Schläg!«
    »Da giebt’s net viel zu merk’n. Kannst’ sie ungezählt bekommen, so oft Du’s nur begehrst. Wenn Du Appetit darauf hast, so darfst’ nur den Namen sag’n, mit dem Du mich vorhin geruf’n hast.«
    »Ist das etwa net der richtige für Dich, he? Wer hat denn dem Kantor das böse Zeug ins Gesicht gegoss’n, so daß es ihm fast ganz weggefressen word’n ist? Vom Himmel ist’s doch wohl net herabgeregnet, und es hat sich ja herausgestellt, daß Du am Tag vorher in der Apothek’ gewes’n bist!«
    »Kart’nbalzer,« antwortete der Andere ruhig aber mit funkelndem Auge; »ich will’s net so mach’n wie Du und Deine Spießgesell’n, daß ich die Schuld auf Jemand’ werf’, dem ich doch nix beweis’n kann; aber ich sage Dir, die Sonn’ bringt’s schon noch an den Tag, wer’s gethan hat, und dann wird auch der Zahlaus net auf sich warten lass’n. Es sag’n viele Leut’, Du seist der schlechtest’ Kerle weit und breit im Land’ herum, ich aber waaß dies besser: net die Bosheit, sondern der Leichtsinn hat Dich verführt und ins Unglück gebracht. Doch merk, der Leichtsinn ist gefährlicher, als die Bosheit und kann net wie sie gebessert werd’n, denn ihm fehlt der feste Halt dazu. Dir geht das Wasser schon bis an den Mund und wird noch vollends über Dir zusammenschlag’n, wenn der liebe Gott net auf ganz absondre Weis’ Erbarmen mit Dir zeigt. Das Aug’, von dem die Bibel spricht und das Dich ärgert, muß heraus und unschädlich gemacht werd’n, weiter giebts nie kaane Rettung mehr für Dich. Geh fort Balzer; Du hast mir nix als Uebles zugefügt, aber wenn ich d’ran denk, was Du warst und Dich jetzt grad wie den armen Sünder vor mir seh, so kannst’ mich fast sehr dauern!«
    Es war so, wie die letzten Worte sagten. Der Angeredete stand mit niedergeschlagenen Augen vor dem Sprecher, und die Röthe, welche sich von den Wangen bis über seine Stirn verbreitete, hatte wohl außer der empfangenen Züchtigung auch noch eine andere, eine innere Ursache. Aber wie ihm vorher der Muth zur Gegenwehr entgangen war, so fehlte er ihm auch jetzt zur ehrlichen Selbsterkenntniß, und bei der Erinnerung an die Vergangenheit bäumte sich der falsche Stolz in ihm empor.
    »Was ich gewes’n bin, das brauchst mir net zu sag’n! Der Teichbauer war ich, wenn Du nix dageg’n hast, und den Teichhof hab ich vertrunk’n und verspielt net aus Leichtsinn, wie Du meinst, sondern weil ich’s grad so und net anders gewollt hab. Und daran ist weiter niemand schuld als Du! Du hast mir die Kantoralwin’ abspenstig gemacht, und mir ist nachher Alles gleich gewes’n. Aber bekommen hast’ sie doch net, obgleich Du schier durch Himmel und Höll’ gedrungen bist, und durch das Giftwasser ist’s denn gar aus geword’n. Das Aug’ reiß’ ich mir Deinetweg’n noch lange net heraus, Heiner, und zu erbarmen braucht sich auch niemand und Kaaner über mich; ich werd’ schon selbst allein noch mit mir fertig!«
    »Das seh’ ich, und drum bin auch ich nun mit Dir fertig. Behüt’ Dich Gott, Balzer!«
    »Aber ich noch net mit Dir! Meine Rechnung streich ich net eher, als bis ich Dich net mehr zu sehn vermag. Du hast aus dem Balthasar vom Teichhof den Kart’nbalzer gemacht, nun sollst’ auch merk’n, daß ich ihn spiel’ bis auf den letzt’n Trumpf.«
    »Spiel fort, Balzer. Wirst net viel Trümpf’ mehr hab’n!«
    Er nahm den in ein Tuch geschlagenen Vogelbauer, welcher neben ihm gestanden hatte, von der Erde auf und entfernte sich. Der heruntergekommene Teichbauer blickte ihm finster nach und warf die geballte Faust hinter ihm empor.
    »Wart nur, Bursch; die Ohrschell’n sind Dir theuer angerechnet! Aber warum hab ich doch nur den Kerle net gleich darniedergeschlag’n? Das hätt’ er mir ‘mal früher bieten soll’n. Ist’s denn wahr, daß Spiel und Trunk den Mensch’n feig und zagig mach’n? Ich war doch sonst mehr als zu viel gleich

Weitere Kostenlose Bücher