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Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Titel: Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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darf er mit der Alwin’ so oft beisammen sein?«
    »Sie haben als Nachbarskinder von Jugend auf nur mit einander verkehrt; warum sollten sie sich jetzt auf einmal meiden? Zudem hat er ja stets die Soloparthien im Tenor und sie im Sopran; da müssen sie sehr oft und viel zusammen üben.«
    »Auch draußen im Walde oder auf dem Tanzbod’n?«
    »Im Walde?«
    »Ja freilich! Oder wißt Ihr net, daß sie hinausläuft, wenn er drauß’n sitzt beim Vogelfang? Und beim Tanz hat sie es fast nur mit ihm zu thun, so daß aan Andrer fast gar nimmer an sie kommen kann. Meintweg’n mag’s bisher nur blos Bekanntschaft sein, aber daraus kann jede Minut ‘was anders werd’n. Ich an Eurer Stell’ wollt besser Aug’nmerk auf solche Dinge hab’n.«
    »Hm, ich kann Dir nicht ganz Unrecht geben. Der Heiner ist mir nöthig, doch als Schwiegersohn darf er mir deshalb nicht kommen, denn die Alwine ist ein Mädchen, bei der noch ganz andere Bursche anklopfen, und in dem Silbermann seiner Taubenhütte mag ich sie nicht sehen. Wenn es so kommen soll, da ist allerdings die Freundschaft aus. Hast Du schon mit ihr gesprochen?«
    »Noch net, Herr Kantor.«
    »So thue es so bald wie möglich, und dann schickst Du mir den Freiersmann. Es ist wahr, wir müssen vorbeugen, und wenn die Hochzeit noch vor dem Jahre wird, so kann man es entschuldigen; es sieht ja Jeder ein, daß Du für Dein großes Wesen eine Frau gar nicht entbehren kannst.«
    Sie schieden.
    Am nächsten Sonntag war Kirchweih, und im Saale ging es des Abends lustig her. Die Dorfbewohner hatten ihre Gäste mitgebracht und benutzten die Gelegenheit, ihre sonst so wohlgehegten Silberfüchse einmal springen zu lassen. Auch der Kantor war mit seiner Tochter anwesend. Unter Allen die Schönste, war sie auch heut schon aus dem Grunde viel umworben, weil sie nie einen gewöhnlichen Tanz besuchte und hier also zu den seltenen Erscheinungen gehörte.
    Ihr Vater saß mit einigen der Gemeindeältesten an einem Ecktische, schenkte aber dem angeknüpften Gespräch wenig Aufmerksamkeit, sondern hatte sein Augenmerk verstohlen auf Alwine gerichtet. Sie tanzte jede Tour und zwar meist mit Heinrich Silbermann. Es ließ sich nicht leugnen, Beide gaben ein prächtiges Paar, dem die Augen der Zuschauer theils mit Neid, theils mit Bewunderung folgten. Das Augenpaar aber, welches am finstersten auf ihnen ruhte, gehörte dem Teichhofbalzer. Das Mädchen war ihm lieb, vielleicht mehr als Karte und Spiel, und wenn er die Herzlichkeit sah, mit welcher sie mit dem Heiner verkehrte, so wollten sich seine Fäuste ballen und ein grimmiger Haß gegen den Nebenbuhler loderte wild in ihm empor.
    Da trat der Wirth zu ihm.
    »Was stehst’ denn da wie verschneit und abgefror’n, Balzer? Ist Dir ‘was über den Weg gelauf’n? Bist doch sonst immer lustig und fidel!«
    »Soll man da net zornig werd’n, wenn Andere lustig umherschwanken und Unseraaner muß zusehen, daß die hübschesten Madels von der Seit’ abfall’n!«
    »Aha! Ja, der Silberheiner ist der schönste Bursch drei Meilen in der Rund’ und immer bei der Spritz wenn’s brennt. Wie lang darfst net tanz’n?«
    »Waaßt’s ja selber, zwölf Monat’, volle zwölf Monat’, das halt der Teufel aus!«
    »Ja, das ist auch so aan Herkommen, das man fein belach’n sollt’. Wer stirbt, der ist gut aufgehob’n, im Himmel, sagt der Pfarr’, wo die Englein singen und springen ›io io ewig in dulci jubilo‹ wie’s in dem Lied steht ›Wachet auf, ruft uns die Stimme.‹ Und während Die da ob’n selig und guter Dinge sind, soll man hier unt’n über sie heulen und klag’n und sich kaan Vergnüg’n und nix vergönnen, was gut und fröhlich ist. Ich sage soviel: Wenn mir Wer stirbt, so tanz ich doch!«
    »Und die Leut’?«
    »Was gehn die mich an? Die schrein und jammern net mit mir, drum bin ich lustig mit ihnen. Bei unnützem Gebrauch muß man nur den rechten Muth hab’n, dennoch zu thun, was man will, dann hört es ganz von selber auf. Aber wenn Du wirklich trauern und net tanz’n willst, so hätte ich wohl ‘was Anderes für Dich.«
    »Was?«
    »Es geht heut grausam über meine Küch, und der Brat’n fängt an, rar zu werd’n. Magst net hinaus gehn und aan Reh oder so’ was hol’n? Du waaßt, ich zahl Dir’s gut, und der Förster sitzt mit dem Gehülfen unt’n, so daß Du sie heut net zu fürchten brauchst.«
    »Sollst ‘was bekommen, Wirth, doch ists noch Zeit bis später; erst will ich sehn, ob mir net die Lust zum Tanz’n doch

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