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Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Titel: Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Und gerade der Sicherheit hätt’s schad’n können, wenn ich’s net mit Ueberwindung ertrag’n hätte. Ich habe nie Jemand nix zu Leide gethan, Ihnen net und der Alwin’ erst recht net, und da ich sie mit dem wüst’n Balzer verhandeln seh und sie geg’n ihn in Schutz nehmen will, muß ich mit ihm gleiche Streich’ erleid’n!«
    »Wer hat Dir aufgetragen, sie in Schutz zu nehmen, Heiner? War ich nicht zugegen? Uebrigens muß ich Dir sagen, daß sie außer dem meinigen bald auch noch einen andern Schutz haben wird, einen Schutz, der einen Unterschied zu machen weiß zwischen einem reichen Vierspänner und einem – einem – und dem Erben eines Vogelstellers. Gute Nacht!«
    Er schritt weiter.
    Wie vom Blitz getroffen blieb Heiner stehen. Was hatten diese dunklen, diese harten Worte zu bedeuten? Seine Stirn schmerzte ihn auf einmal, und seine Schläfe klopften mit fühlbarer Stärke. So stand er lange, lange Zeit, das Herz wie todt und leer. Dann auf einmal stieg es aus demselben empor heiß und gewaltig, mit unwiderstehlicher, wunderbarer Macht, und es durchfluthete ihn eine Klarheit, die ihm den kleinsten Gedanken ebenso wie den größten Wunsch seines Lebens auf einmal mit untrüglicher Deutlichkeit erkennen ließ. Dann trieb es ihn fort, hinweg, hinaus aus dem Dorfe, hinaus in Feld und Hag, wo er mit sich und seinem Sinnen allein herumwanderte, bis er die Mitternacht vom Thurme schlagen hörte. Da kehrte er zurück.
    Am Gasthofe, aus dessen geöffneten Saalfenstern noch immer Musik und jubelndes Stimmengewirr erschallte, ging er vorüber und stand erst still, als er am Zaune des Schulgartens stand. Kein einziges Fenster des Hauses war erleuchtet.
    »Sie ist noch net daheim; ich wart’, bis sie kommt, und red’ dann mit ihr.«
    Er trat durch die stets offene Gartenpforte und schritt der Tannenhecke zu, in welcher sich der Kantor, der ein Liebhaber von gärtnerischen Sonderbarkeiten war, vor einiger Zeit jene niedrige australische Laube gebaut hatte. Er kroch in dieselbe hinein und streckte sich auf der Moosbank aus. Seinen auf ihn einstürmenden Gedanken nachhängend, achtete er nicht auf den Stundenschlag, und es mochte eine ziemliche Zeit vergangen sein, als er endlich leise Schritte nahen hörte, die auf die Tannen zukamen und unter ihnen halten blieben.
    Wer war es? Alwine nicht, denn ein halb unterdrücktes Räuspern ließ eine männliche Stimme erkennen.
    Wieder verging eine kurze Zeit; da erklangen Mädchenstimmen von jenseits des Zaunes herüber.
    »Gute Nacht!«
    »Gute Nacht, Alwin’; sei froh, Du bist in Sicherheit!«
    Es war die Kantorstochter, die mit einigen ihrer Freundinnen, um der Aufdringlichkeit der Jungburschen zu entgehen, wie gewöhnlich den Weg hinter dem Dorfe herauf eingeschlagen hatte. Sie trat in den Garten und mußte, um zur Hausthüre zu gelangen, an den Tannen vorüber. Als sie bei denselben anlangte, rief es ihren Namen.
    »Herrgott, ist denn Wer da?«
    »Ja, ich bins.«
    Der Vorhergekommene trat aus dem Dunkel der Bäume hervor und auf sie zu.
    »Der Teichhofbalzer! Was willst’ hier in unserm Gart’n?«
    »Auf Dich wart’n, um mit Dir zu red’n.«
    »Jetzt? Nach Mitternacht? Das thut kaan braver Bursch’. Geh heim und komm am Tage zum Vater, wenn Du mit uns zu sprech’n hast!«
    »Mit Dir hab ich zu sprech’n, nur mit Dir, und Zeit und Ort ist hier gerade recht dazu.«
    »So mach’s kurz; ich muß hinein! Was hast vorzubringen?«
    »Daß ich’s net wieder so ruhig leid’ wie heut, wenn Du mit dem Heiner schamerirst und mich mit dem Korb ablauf’n läss’st.«
    »Wirst’s wohl noch leiden müss’n, so oft als Du mich aufforderst. Ich tanz net mit Dir.«
    »Aber mit dem Heiner?«
    »Ja.«
    »Warum mit ihm, he?«
    »Weil er mir besser gefällt als Du. Er ist net rüd und wüst wie Du und zehnmal hüb – – –«
    Sie hielt erschrocken inne, über sich selbst erröthend, obgleich sie nicht fühlte, daß sie mit dem halb aussprochenen Worte die ganze Oberfläche ihres Innern verrathen hatte.
    »Hübscher, sag’s nur aus, zehnmal hübscher ist seine feine Larv’, als mein häßlichs Gesicht.
    Aber nur schad’, daß ich net ganz und gar abscheulich seh und kaane Larv’ aan Bauerngut aufwiegt. Wirst also doch noch mit mir tanz’n.«
    »Fällt mir net ein, net um die Welt!«
    »Net um die Welt, aber um den Teichhof. Die Bäuerin wird dem Bauer net den Galopp versag’n.«
    »Bist Du toll? Such Dir die Bäuerin, woher Du willst, mich aber bekommst nun und

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