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Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Titel: Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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auch die Höhl’ sein, denn ich hab’ ihn sonst im ganz’n Wald niemals wo anders net getroff’n.«
    »Habt Ihr denn auch keine Vermuthung gehabt, wer der Grenzmeister sein könne?«
    »Davon red’ ich net. Die Vermuthung führt oft irr’; der Beweis, das ist die Hauptsach’!«
    »Die Vermuthung hat auch ihre Gründe, welche, geschickt benutzt, zum Beweise führen können. Hätte ich nur den kleinsten Anhalt, so würde der Meister mein, darauf könnt Ihr Euch verlassen!«
    »Ja, Ihr seid ein vornehmer Herr und viel klüger als Unsereins. Eure Taktik wird’s schon so weit bringen, daß Ihr ihn fangt – – oder er Euch. Jetzt aber muß ich heim. Wollt Ihr mit aufsteig’n, Herr?«
    »Ich habe meine Recognoscirung beendet und nehme Euer Anerbieten an.«
    Der Knecht saß schon auf dem Wagen; sie nahmen nun auch Platz und fuhren davon. Als der Wirth in die Stube trat, bemerkte er den Jüngling und rief, halb verlegen:
    »Heiner, Du! Hast den Abschied erhalt’n?«
    »Ja, Forstwirth. Ihr habt’s ja vorhin gehört, daß ich morgen kommen soll’.«
    »Das ist wahr. Wirst Freud’ anricht’n bei der Mutter! Ich hab’ sie lange Zeit net gesehn, aber sie soll ganz abgekommen sein. Wirst schon merk’n, wo die Hilf’ herkommen muß.«
    Während die Beiden noch ein Weilchen bei einander saßen, suchte der Wagen mit dem Lieutenant und dem Thorbauer in schneller Fahrt sein Ziel zu erreichen. Vor dem Dorfe angekommen, stieg der Erstere, sich bedenkend, aus.
    »Warum fahrt Ihr denn net weiter mit?«
    »Hab’ meine Absicht, Schubert. Es braucht Niemand zu wissen, daß wir heut mit einander gesprochen haben.«
    »Schön, jetzt geht die Taktik los. Gebraucht sie nur zu Haus’ auch gut!«
    Der Lieutenant schritt langsam dem voraneilenden Wagen nach. Es war ihm heut’ so mancherlei aufgefallen, und die letzten Worte des Thorbauern, so absichtslos sie gesprochen sein mochten, waren ganz geeignet, seiner Ahnung festern Halt zu geben. Zu Hause angekommen, ließ er den Wiesenbauer zu sich rufen.
    »Oppermann, ich muß Euch, wie schon so oft, auch heut um einen guten Rath bitten. Allen Anzeichen nach haben nämlich die Pascher heut einen Coup vor, der über die Grenze hinüber nach Breitenbach gerichtet ist. Eure Ansicht hat sich schon so oft als praktisch erwiesen, daß ich nicht eher meine Dispositionen treffen möchte, als bis ich Euch gehört habe.«
    »Von wem habt Ihr die Kunde?« frug der Bauer gleichgültig.
    »Das ist natürlich Amtsgeheimniß. Der Grenzmeister hat eben auch nicht lauter zuverlässige Leute.«
    »Ist’s kostbares Gut?«
    »Es scheint so. Nur bin ich mir über den Weg unklar, den sie einschlagen werden.«
    »Wenn sie wirklich nach Breitenbach woll’n, so ist gar kein Zweifel darüber möglich. Unsereiner hat gar viel gehört und erfahr’n und kennt ihre Schlich’. Ueber den Tannenschlag gehn sie net, da ist’s heut zu licht, denn es war gestern Vollmond; folglich gehn sie durch die Steinbrüch’ und den Wassergrund hinab, einen dritten Weg giebt’s net.«
    »So werde ich die Brüche und den Grund besetzen lassen. Ich vertraue Eurer Klugheit. Ihr seid früher Grenzer gewesen und habt also mehr Erfahrung als andere Leute.«
    Er verließ den Hof augenblicklich wieder, um seine Anordnungen zu treffen. Der Bauer blickte ihm mit eigenthümlichem Lächeln nach.
    »So, also erfahren hat er heut, daß ich Grenzer gewes’n bin; natürlich hab’n sie ihm dann auch gesagt, weshalb ich net dabei geblieb’n bin. Da ist’s nun freilich nix mehr mit dem an der Nas’ Herumführ’n. Aber dem Wies’nbauer kommt der Herr Offizier doch net gleich und dem Grenzmeister also auch net. Er spricht von Vertrau’n und hat doch nun seit heut grad das Gegentheil; folglich thut er, als will er die Steinbrüch’ und den Grund besetz’n und wird doch nun grad’ zum Tannenschlag gehn, weil er glaubt, daß ich ihn in die Irr’ weis’n will. Ich muß meine Vorkehrung darnach treff’n, noch eh’ die Depesch’ aus dem Baum’ geholt wird.«
    Nach einer Weile des Nachsinnens fuhr er fort:
    »Also einen Verräther oder wenigstens einen unvorsichtig’n Schwätzer hab’n wir unter uns! Ich werd’ auf morg’n eine Versammlung ausschreib’n und Gericht halt’n. Der Mensch wird entdeckt und – –«
    Er machte eine drohende Bewegung und schritt dann den hinteren Gebäuden des Hauses zu. Im Stalle, wo eine Laterne brannte und er sich unbeobachtet sah, zog er die Brieftasche hervor und schrieb einige Zeilen auf ein

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