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Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Titel: Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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eine ganze Menge anderer Ueberraschungen, die alle für die Bedürfnisse der Empfänger berechnet waren. Diese einzige Stunde ließ alles Vergangene versinken, und sogar der alte Silbermann gab nach, als er von Alma überrumpelt wurde: »Silberpapa, hast’ dem Kantorgroßvater auch schon das ›Gimpelpack‹ verziehen?«
    »Noch net, Goldkind Du.«
    »So thu’s ja gleich, nachher bekommst’ auch den erst’n Kuß von mir!«
    »Ist’s wahr?« frug er ungläubig und dennoch sich unwillkürlich den Mund wischend.
    »Ja, aber sofort mußt’s thun!«
    »Na, um diesen Preis verzeih’ ich aller Augenblick’ noch ganz andre Ding’. Hier ist die Hand, Nachbar; nun mag wirklich und von Herz’n Friede sein!«
    Er empfing schmunzelnd die verheißene Belohnung. Sie war ihm ein überreicher Ersatz für das schöne Komplott, aus dem nun doch nichts werden konnte.
    Keine noch so leise Erinnerung an längst vergangenes und nun vergebenes Unrecht trübte die Freude des Abends, und selbst Balzer, der sicher einer lebenslänglichen Gefängnißstrafe entgegenging, wurde ohne besondere Härte erwähnt. Als man aufbrach und Heiner sich für einige Augenblicke mit der Geliebten allein sah, meinte er: »Nun hast’ das Gedicht von mir, brauchst mir aber trotzdem net zu sag’n, woher Du All’s so gut gewußt hast. Ich hätt’ nimmermehr gedacht, daß so viel Leid noch solch aan gutes End’ nehmen könnt! Doch sag’, muß ich den ersten Kuß bis zur Hochzeit aufheb’n?«
    Sie lächelte ihm glücklich zu.
    »Hast’ in net schon auf dem Fichtler dreifach erhalt’n?«
    »Das galt net mir; das war aus Mitleid für den Stieglitz.«
    »Soll ich dann auch solch Mitleid hab’n mit Dir?«
    »Ich bitt’ gar schön darum!«
    Die Bitte wurde gewährt, und diese Mildthätigkeit schien die beiden Leute so in Anspruch zu nehmen, daß Papa Silbermann, der den Kantor bis an den Schlitten begleitet hatte, eine Erinnerung für nöthig hielt.
    »Wo steckst’ denn, Heiner?« frug er von unten herauf. »Ja, wo aane Frau ins Haus kommt, da giebt’s nur eitel Säumniß und Honigkuch’n. Oder soll etwa der Nachbar auf die Gut’ Nacht von Dir wart’n, bis die Pferd’ angefroren sind?«

Im Sonnenthau
Erzählung aus dem Erzgebirge von Karl May
    Es war gegen Abend. Ein Wanderer, das volle Ränzchen auf dem Rücken und den Knotenstock in der Hand, schritt jugendlich elastischen Schrittes die Bergstraße dahin, welche in zahlreichen Windungen das Plateau der Höhe zu erreichen suchte. An einer Stelle, wo ein schmaler Waldpfad in die Chaussee mündete, blieb er nachdenkend stehen.
    »Das muß der Steg sein, der grad’ auf die Forstschenk’ führt. Ich werd’ ihn geh’n, denn dann schneid’ ich eine gute Viertelstund’ von der Wanderung ab!«
    Er sprang über den Chausseegraben und betrat den Wald, der hier frei von Unterholz war, so daß man dem Steige, welcher in grader Richtung emporstieg, gut zu folgen vermochte. So einsam es hier auf und zwischen den Bergen zu sein pflegte, nach einiger Zeit vernahm er entgegenkommende Schritte. Der biedere, treuherzige Gebirgsbewohner schreitet selbst an den Fremden nicht gern schweigsam vorüber; er muß wenigstens einen theilnehmenden Gruß mit ihm wechseln. Der Kommende war ein alter Mann, welcher den steilen Abhang nur mühsam hinabzusteigen vermochte.
    »Grüß Gott, Alter!«
    »Grüß Gott! Wohin, junger Mann?«
    »Nach Gründorf hinauf.«
    »Da hast’ noch anderthalb Stund’ zu gehn. Mach’ schnell, eh’ der Abend kommt, damit Dir nix passirt!«
    »Nix passirt? Ist denn Gefahr dabei?«
    »Kann sein! Bist wol fremd in der Gegend?«
    »Ich war mehrere Jahr’ net hier.«
    »So weißt’ auch nix von dem Grenzmeister?«
    »Nein. Was ist mit ihm? Vor zwanzig Jahr’n hat er ‘mal sein Wes’n hier gehabt.«
    »Und jetzt nun wieder. Die Schmuggler und Wildfänger sind ihm unterthan; Niemand weiß, wer er eigentlich ist; aber er macht seine Sach’ so schlimm und verweg’n, daß der König sogar Militair hergeschickt hat, um ihn zu fangen. Beim Wies’nbauer in Gründorf liegt der Offizier.«
    »Habt Dank für die Warnung! Geht dieser Steg zur Forstschenk’ hinauf?«
    »Ja. Wirst dort Gesellschaft find’n. Der Offizier sitzt da, um von dem Umgang auszuruhn, und bei ihm der blinde Thorbauer aus Gründorf. Er ist in der Stadt gewes’n. Kannst vielleicht noch mit Platz find’n auf seinem Rollwägele. Gut’ Nacht!«
    »Gut’ Nacht!«
    Der Jüngling stieg von Neuem bergauf. Nachdem er mit dem

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