Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten
eigentlich mit Dir?! Also ein harter Mann bin ich? Ja, die Emma ist wohl ein wenig weicher als ich, das will ich schon glaub’n, und beim Kopf darfst mich auch net nehmen, sonst könnt’ Dir wohl das Küss’n vergeh’n. Mach’ daß Du fortkommst von hier, Du unnützer Bub’, und such’ Dir Deine Liebst’ im Armenhaus’, aber net auf dem Dukat’nhof. Und das will ich Dir noch sag’n, wenn Du Dich hier nur wieder blick’n läßt, so ist um Deine zwei Knochen gescheh’n. Merk’ Dir’s. Und nun marsch fort!«
»Herr Graf,« entgegnete ruhig der junge Mann, »Sie sind jetzt net in der Stimmung, daß ich Ihnen auf Alles richtig antwort’n könnt’, aber erstens kann ich vielleicht beweisen, daß ich kein unnützer Bub’ bin, und sodann ist’s mir um meine Knoch’n noch niemals bang’ gewes’n. Und wenn nun gar der Rock darüber hängt, den ich heut’ anhab’, so will ich es Keinem rath’n, sich an mir zu vergreif’n! Ich geh’; aber – – –«
Er sprach nicht weiter; ein schallender Schlag mit der flachen Hand hatte ihn in das Gesicht getroffen.
»So, da hast’s, was ich von Deinem bunten Flick’n halt’! Und nun mach schnell, sonst kommt noch mehr!«
Wilhelms Hände ballten sich zusammen; er machte Miene, sich auf den Bauer zu stürzen. Aber mit Aufbietung seiner ganzen Selbstbeherrschung trat er um mehrere Schritte zurück.
»Nein, Dukat’nbauer, ich werd’ mich an Ihnen net vergreif’n, denn Sie sind Emma’s Vater! Und ein königlicher Unteroffizier, der Ehr’ im Leibe hat, weiß schon noch, wie er auf and’re Weis’ zusammenkommt mit – mit – –«
»Nun – mit – mit wem denn, wenn ich frag’n darf, Herr königlicher Feldmarschall?«
»Schon gut! Die Ohrfeig’ kommt mit auf die Rechnung, die ich Ihnen vielleicht bald zu mach’n hab’. Gute Nacht, Dukat’ngraf!«
Er drehte sich um und ging, aber nicht durch den Garten, sondern er nahm seinen Weg durch das offene Haus, das war er sich und seiner Kleidung schuldig.
Es kostete ihn nicht wenig Mühe, die in ihm herrschende Aufregung zu bezwingen und seine Gedanken von dem letzten Ereignisse weg auf die vorher belauschte Unterredung zu wenden. Er hatte zu handeln, und alles Persönliche mußte deshalb zunächst in den Hintergrund gewiesen werden.
Sein Weg führte ihn nach dem Häuschen des Köpfle-Franz. Dort angekommen, sah er durch eine dünne Spalte des Bodens, daß noch Licht in der Stube sei. Er klopfte an.
»Wer ist da drauß’n?« frug es von innen.
»Ich bin’s, der Wilhelm! Darf ich ein, Path’ Franz?«
»In meine Stub’ darf niemals kein Mensch net – auch Du net; Du weißt’s ja!«
»Laß mich nur heut’ ‘mal ein, Path’! Ich hab’ Dich ‘was zu frag’n.«
»Frag’ morg’n, wenn Du mich auf der Straß’ siehst!«
»Es muß heut’ noch sein!«
»Ist’s so nothwendig?«
»Ja! Die Mutter hat auch gesagt, ich soll’ zu Dir geh’n.«
Das schlug durch. Was Niemand bei ihm erreichte, das war der Marie möglich. Er konnte ihr niemals vergessen, was sie nach jenem Abende an ihm gethan hatte. Sie war von dem Dukatenhofe fortgegangen und Monate lang unter Sorge, Angst und Bangigkeit seine Pflegerin gewesen. Und als es seiner starken Konstitution gelungen war, die körperlichen Folgen der furchtbaren Verwundung zu überwinden, da hatte sie nicht mehr von ihm gehen wollen. Aber trotz der Störung, welche sein Geist erlitten hatte, erkannte er doch, daß er ein solches Opfer niemals vergelten könne; er nahm es nicht an und vermochte sie später sogar, ihrem jetzigen Manne, mit dem sie glücklich lebte, ihre Hand zu reichen.
»So wart’, ich komm’ hinaus. Ich wollte so gleich fort; da kannst Du’s drauß’n sag’n!«
Das Licht verlosch, und bald befand sich Franz vor dem Hause, dessen Eingang er wieder verschloß.
»Nun, was gibt’s? Ich denk’, Du bist in Garnison!«
»Ich bin heut’ nach Haus’, und will Dir sag’n, weshalb.«
Er überzeugte sich erst, daß kein Lauscher in der Nähe sei, und stattete dann seinen Bericht ab, dem er auch das auf dem Dukatenhof Erfahrene beifügte.
»Aber, Path’, Du darfst Niemandem wiedersag’n, was ich Dir vertraut hab’!« schloß er seine Rede.
Franz antwortete nicht. Er schien entweder in tiefes Nachdenken versunken zu sein oder mit einem Entschlusse zu ringen.
»Also, dem – dem – na, Dem seine Tochter willst Du zur Frau hab’n?« frug er endlich.
»Ja. Wir hab’n uns schon lange lieb, und sie ist so gut, gar net wie ihr
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