Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Titel: Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
Ordre. Hast Bier geholt?«
    »Ja, zum Abendbrod. Sie wart’n schon und ich muß mich sput’n. Geh derweil in den Gart’n; ich werd’ net lange aus sein!«
    »Gut; aber sag mir erst, was das ist mit dem Baron! Die Mutter hat mir’s gleich erzählt, und da hab’ ich es net aushalt’n können und bin sofort nach dem Dukat’nhof gelauf’n.«
    »Hör’, Wilhelm, diese Sach’ ist net gut vom Vater. Ich hab heut’ gar viel geweint und ihm schöne Wort’ gegeb’n, aber es will nix helf’n. Auf morg’n über acht Tag’ soll die Verlobung sein.«
    »So!« antwortete er hart. »Und Du wirst dann Ja sag’n?«
    »Sprich net in dieser Weis, Wilhelm! Du weißt, wie lieb ich Dich hab’, und es ist gut, daß Du da bist, sonst hätt’ ich gar net gewußt, was ich vor Angst und Bange thun soll. Nun aber können wir uns bered’n, und was Du mir sagst, das werd’ ich mach’n, denn den Baron, den kann ich net leid’n, und seine Frau mag ich erst recht net werd’n.«
    Sie hatten den Hof erreicht. Er zog sie wieder an sich und strich ihr liebkosend über das volle, weiche Haar.
    »Du bist doch mein Herzensschatz, grad’ so wie früher noch, und sollst’s auch nimmer bereu’n, daß Du mich lieb hast! Der Leut’betrüger soll mit Dir gar nix zu schaffen hab’n, und ich werd’ schon noch ‘was find’n, wie ich ihm an den Krag’n komm’. Aber jetzt geh’ nur hinein! Ich werd’ im Garten wart’n.«
    Sie trennten sich. Er ging den Zaun entlang, sprang über denselben dann weg und legte sich trotz der schon ziemlich strengen Jahreszeit unter den weitgreifenden Aesten eines dickstämmigen Nußbaumes nieder.
    Er mochte ungefähr eine Viertelstunde gelegen haben, da hörte er Jemand mit leisen Schritten quer über das Feld kommen und am Zaune stehen bleiben. Was wollte der Mann hier? War es vielleicht der Liebhaber von einer der Mägde? Dann lief er Gefahr, bemerkt zu werden. Schon entschloß er sich, den Ort behutsam zu verlassen, um ein besseres Versteck aufzusuchen, als er auch vom Hofe her Schritte vernahm, die ihn veranlaßten, seine jetzige Stellung nur dahin zu ändern, daß er sich so eng wie möglich an den Stamm schmiegte.
    Der Nahende war kein Anderer als der Dukatenbauer selbst. Er erkannte ihn sofort an der langen, breiten Gestalt und dem eigenthümlichen Klingen der Uhrkette, welches durch das Aneinanderschlagen der Dukaten verursacht wurde. Graf ging grad’ auf die Stelle zu, an welcher Jener sich niedergeduckt hatte. Sie mußte also vorher genau bestimmt worden sein und vielleicht schon öfters zu ähnlichen geheimen Zusammenkünften gedient haben.
    »Ist wer da?« frug er mit gedämpfter Stimme, aber bei der ringsum herrschenden Stille konnte Wilhelm die Worte recht gut vernehmen.
    »Ja; ich bin’s!«
    »Nun?«
    »Es ist Alles in Ordnung. Aber der Händler verlangt das ganze Geld in baarer Münz’ und auch die alte Schuld dazu. Es wär’ zu viel, diesmal, als daß er es ohne Zahlung riskiren könnt’, sagt’ er.«
    »Ich weiß es schon; er soll auch Alles hab’n! Heut’ steht mein ganzer Reichthum auf dem Spiel; d’rum seid fein hübsch vorsichtig, bis ich komm’! Hier ist der Zettel. Steck’ ihn in das Loch!«
    Er reichte etwas über den Zaun hinüber und kehrte dann, während der Andere sich entfernte, nach dem Wohnhause zurück. Dort stieg er die Treppe empor und trat in das Zimmer, welches ausschließlich nur für seinen Gebrauch bestimmt war und zu dem kein Mensch außer ihm jemals Zutritt bekam. Einen Schreibsekretär von einer Arbeit und Form, welche auf hohes Alter schließen ließen, öffnend, setzte er sich vor denselben nieder, zog ein Buch hervor, schlug es auf und begann die auf den Blättern befindlichen Zahlenreihen zu überrechnen. Sein schon sonst so strenges Gesicht verfinsterte sich mehr und mehr, und als er auch die letzte beschriebene Seite geprüft hatte, erhob er sich, ließ die geballte Hand dröhnend auf die Notizensammlung fallen und murmelte ingrimmig zwischen die Zähne:
    »Alle, alle ist’s mit mir! Kein Stein, kein Ziegel von dem Dukat’nhof ist mein. Ich bin kaput, ich bin bankerott; ich muß geh’n und vor dem Amt erklär’n, daß ich nix mehr hab’! Daran ist Niemand schuld als der Baron, der Bergwirth und der Agent, dieser Heimtücker, der, welcher Einen durch seine blaue Nasenquetsch’ anstarrt wie die Klapperschlang’ den Vogel, so daß man net anders kann, als man muß zu ihm hin!«
    Der Grimm trieb ihn mit großen Schritten in der Stube hin

Weitere Kostenlose Bücher