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Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Titel: Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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gezog’n und drüb’n im Kaiserlichen noch gleich am andern Tage verkauft, wie sich herausgestellt hat. »Dein Path’, der Köpfle-Franz, hat die Schul’ für Dich bezahlt, so daß Du schon ‘was gelernt hast, Wilhelm; Du bist kein dummer Kerle, aber den König, den fängst Du mir schon net!«
    »Wart’s ab, Vater! Es ist mir doch auch gar keine Schand’, wenn es mir net gelingt. Weißt Du ‘was? Ich werd’ den Path’ um Rath frag’n. Den halt’n die Leut’ für dumm und net klug im Kopfe; aber er ist gescheidter als sie Alle mit ‘nander.«
    »Thu’s! Man sagt ja, daß er früher auch mit über die Grenz’ gegangen sei; vielleicht kann er Dir auf den richtigen Sprung helf’n.«
    »Ist er denn jetzt daheim?«
    »Ja,« antwortete die Mutter. »Geseh’n hab’ ich ihn zwar noch net, aber ich weiß, daß er da ist. Zum heutigen Tag’ bleibt er niemals auß’n, denn da jährt sich’s grad’, daß sie ihn da drauß’n im Walde bei dem Lieutenant gefangen hab’n. Was er da zu Haus’ vernimmt, das hat noch Niemand geseh’n; ich selber bin einige Mal’ an seinem Laden gewes’n, aber er hat kein Licht in der Stub’ gehabt. Vielleicht findst Du ihn um Zehn da unt’n beim Dukat’nhof.«
    »Ich werde nachschau’n. Aber sag’, Mutter, warum kauert er denn eigentlich die wenigen Tag’, die er im Dorfe ist, grad’ stets Punkt zehn Uhr Abends dort unter den alt’n Bäumen?«
    »Das kann ich auch net sag’n. Der Dukat’ngraf hat’s net leiden woll’n und gar ‘mal Anzeig’ bei dem Richter gemacht; aber er hat nix ausrichten können, weil dem Franz nix Unrechtes nachzuweis’n war.«
    »Wie geht’s denn mit dem Bauer?«
    »Immer weiter bergunter. Denk’ Dir nur, gestern hat er sogar die Emma verspielt!«
    »Die Emma? Wie meint Ihr das; wie ist das zugegang’n?«
    »Sie muß den Baron heirath’n; der hat sie gewonnen.«
    »Der Baron?« Er sprang vom Stuhle auf und blickte die Sprecherin erschrocken an.
    »Ja, der Baron. Der hat ihm schon manch’ schönen Thaler aus der Tasch’ gezog’n und nimmt ihm nun auch noch die Tochter weg, damit er ‘mal gleich den ganz’n Hof bekommt.«
    »Nein, der nimmt sie net weg, das weiß ich besser! Er thut nur so, als wollt’ er sie hab’n, damit er dem Bauer desto tiefer in den Kasten greif’n kann. Kein Mensch kennt ihn; Niemand weiß, wo er eigentlich herstammt; er verführt die Bauern und schlachtet nachher die Güter aus, und der Zettelkramer, der Agent, der den Leut’n seine schlecht’n Aktien aufbindet und dann in’s Fäustchen lacht, der hilft ihm dabei. Und der Bergwirth, der ist der Dritt’ im Bunde. Er hat erst nix gehabt, gar nix, und jetzt spielt er den groß’n Mann, natürlich nur mit fremdem Gelde, welches ihm beim Spiel immer nur grad’ in die Hände läuft. Ich glaub’, er weiß auch mehr als mancher Andere von der Schwärzerei!«
    »Das sag’n sie Alle im Dorf! Und noch Eins: kein Anderer ist der Schmugglerkönig als der Baron. Das ist ein schlimmer Gesell und man kann es ihm schon zutrau’n.«
    »Da soll er sich nur in Acht nehm’n vor mir. Und die Emma, die bekommt er net, dafür werd’ ich schon sorg’n. Ich will gleich ‘mal mit ihr red’n!«
    Er befand sich in einer Aufregung, für welche den Eltern die Erklärung mangelte, und noch ehe sie ihn weiter fragen oder am Gehen hindern konnten, hatte er die abgelegte Mütze wieder ergriffen und war verschwunden.
    Raschen Schrittes durcheilte er das Dorf und beachtete die ihm Begegnenden so wenig, daß er auch das Mädchen nicht bemerkte, welche, mit einem gefüllten Kruge in der Hand, aus dem Gasthofe trat und überrascht stehen blieb, als er an ihr vorüber ging.
    »Wilhelm, bist Du’s?« rief sie ihm nach.
    Bei dem Klange dieser Stimme hemmte er sofort seinen Lauf.
    »Emma! Schau, wie gut sich das trifft! Ich wollt’ zu Dir.«
    »Ich dacht’ schon, Du kennst mich net und willst gar nix mehr von mir wiss’n, weil Du mich net hast ansehen woll’n. Grüß Gott, Wilhelm!«
    Sie reichte ihm die freie Hand. Er erfaßte diese, zog das Mädchen an sich und drückte einen innigen Kuß auf ihre Lippen.
    »Dank schön, Emma! Wie kannst Du nur denk’n, daß ich Dich net mehr kennen mag; Du bist mir doch das Best’ und Liebste, was ich hab’, und ich freu’ mich wie ein Kaiser, daß ich wieder ‘mal kann bei Dir sein!«
    »Hast wohl Urlaub?«
    »Ja. Ich bin erst seit einer Viertelstund zu Haus’.«
    »Wie lange?«
    »Das weiß ich net. Bei uns heißt’s, bis auf

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