Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten
der Magd; die hat es heut’ daheim gehört. Soll ich das Bild vielleicht mit Lehm überstreich’n?«
»Nein, laß es steh’n! Ich hab’ vorhin den Streit dem besten Anwalt übergeb’n, und der wird sicher dafür sorg’n, daß g’rad Derjenige, der mir den Schimpf hingemalt hat, ihn selber wieder wegthut.«
Er trat in das Haus. Schon im Flure desselben, drehte er sich noch einmal zurück.
»Es wird wohl heut’ noch aan Gewitter geb’n. Hast’ vielleicht noch Garben auf dem Felde?«
»Ja. Aber die Wagen sind schon vorgezog’n, und sobald die Kirch’ aus ist, hol’ ich, was noch drauß’n liegt.«
»Gut. Ich konnt’ mir’s denk’n, daß ich Dir so ‘was net erst zu sag’n brauch’!«
Ohne in eine der Stuben zu treten, schritt er durch den Flur und Hof hinaus nach dem Garten. Dieser wurde von einer hohen, massiven Steinmauer eingefaßt und stieß mit seinem hinteren Ende an eine alte, halbverwitterte Thurmruine. Sie war jedenfalls das letzte Ueberbleibsel eines längst zerfallenen, mittelalterlichen Bauwerkes und hatte, so weit man nur zurück zu denken vermochte, stets den sich zur Ruhe setzenden Tannenbauern als Auszüglerwohnung gedient. Es ging von ihr die Sage, daß hier ein Ritter gehaust habe, der seine Seele dem Teufel verschrieben hatte und von diesem auch geholt worden sei. Seit dieser Zeit litt es Niemanden in dem zusammenbröckelnden Gemäuer, und der Ort wurde von Jedermann geflohen, bis der erste Haubold kam, den Hof erbaute und die Ruine mit in den Bereich des Gartens zog. Da er sich vor dem Spuke nich fürchtete, so schrieb man ihm geheime Künste zu, welche sich auch auf seine Nachkommen vererbten. Diese hatten es stets verstanden, sich bei den Bewohnern der Umgegend in Respect zu setzen; sie waren immer kluge Leute gewesen und hatten gar Manches zu Stande gebracht, wozu Anderen der Muth oder die Kenntnisse und das Geschick entgangen war. Wenn Niemand Obst erbaute, auf dem Tannenhofe mußten die Bäume gestützt werden; wenn rund umher die Saatfelder versagten oder die Kartoffeln nicht gerathen wollten, die Tannenbauer hatten in ihren umfangreichen Räumen kaum Platz genug für die Fülle des Erntesegens. In ihren Ställen standen die glattesten Pferde und die drallsten Rinder; kam ein Fruchthändler oder Fleischer in das Dorf, er ging immer zuerst nach dem Tannenhofe; dort floß das Geld freiwillig ein, während selbst die Wohlhabenden im Dorfe leicht über Mangel klagten; wenn irgend wer aus Noth ein Stück Land verkaufen mußte, stets waren die Tannenbauer da, um es zu erwerben; ihr Besitzthum wuchs und verbesserte sich von Jahr zu Jahr, und da man sich nicht entschließen konnte, durch die Anerkennung fremder Vorzüge die eigenen Fehler an das Licht zu stellen, so griff man zu der alten Sage zurück und schrieb den Wohlstand auf dem Tannenhofe jenen Künsten zu, von denen der Aberglaube erzählt, daß sie unter Aufopferung des Seelenheiles zum Reichthume führen.
Die Haubolde hatten immer darüber gelächelt; ja, es waren einige unter ihnen gewesen, welche sich das Vergnügen gemacht hatten, die Befangenen durch allerhand Sonderlichkeiten in ihrer Ansicht zu bestärken. Sie ließen dabei unbedacht, daß sie dadurch sich selbst und den Ihrigen zu Schaden seien, eine Unvorsichtigkeit, unter welcher ganz besonders der jetzige Bauer zu leiden hatte.
Er mochte daran denken, als er jetzt durch den Garten ging und dann vor der Ruine stehen blieb, um den Blick langsam über dieselbe gleiten zu lassen. In ihrem Innern sollten seine Vorfahren den Pact mit dem Teufel geschlossen haben; durch die Esse, welche das Mauerwerk um einige Fuß überragte, fuhr in finsteren Nächten der Drache hernieder; dunkle oder feurige Erscheinungen zuckten des Mitternachts durch die Luft, und wenn der Sturm über die unheimliche Stätte strich, so fuhren unter herzbrechendem Aechzen und Stöhnen die eingebannten Geister auf und konnten doch nicht loskommen, weil unten im tiefsten Keller das sechste und siebente Buch Moses an einer Kette festgeschlossen lag.
Er lachte unwillkürlich auf und warf, halb trotzig, halb verächtlich, den Kopf zurück.
»Und so sind die Tannenbauern zu Teufelsbauern ‘worden, vor denen die Bub’n auf der Gass’ davonlauf’n und die sogar der Richter aus dem Ort’ hinausweist. Man höhnt und spottet ihrer, bis man ‘mal ihre Hilf’ gebraucht, und malt ihnen am End’ gar noch den Satan an die Mauer. Aber wer den Teufel an die Wand malt, zu dem geht er auch; das ist
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