Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Titel: Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
hergekommen?«
    Sie schlug beschämt die Lider nieder.
    »Seid mir net bös’, Herr Haubold! Es thut so leid, wenn Ihr mir zornig seid!«
    »Das hab’ ich schon geseh’n, Marie! Bist stets aan gutes Herz gewes’n, und hätt’ ich Dich net gehabt damals in den Jahr’n voll Trüb-und Traurigkeit, so wär ich schier ohne Lieb’ und Trost zu Grund’ gegangen. Aber laß’ mir meine Klaus’ allein! Du hast im Haus’ genug zu thun und sollst Dich net auch noch mit mir besorg’n.«
    »Ich thät’s so gern!« antwortete sie, und bei diesen Worten ging es so hell und warm über ihr Gesicht, daß die Zerstörung, welche die Pocken in demselben angerichtet hatten, sich vollständig vergessen ließ. Dann legte sie die Hand leise in seine dargebotene Rechte und entfernte sich.
    Er stand unbeweglich, bis ihre Schritte verschollen waren.
    »Was hatte sie mit meinem Bild zu thun? Und diese Aug’n! Ich hab’ die Aehnlichkeit noch niemals net bemerkt. Und hier an derselben Stell’ hat die Martha gestand’n, als sie so plötzlich Abschied nahm, und mit derselben Stimm’ dieselben Wort’ gesagt: ›Seid mir net bös’, Herr Haubold!‹ O, Martha, warum bist Du damals fort und hast es auch geglaubt, daß ich der Mörder bin!«
    Er nahm das Bild des Mädchens von der Wand und betrachtete es mit dem Ausdrucke unaussprechlicher Liebe.
    »Nur noch aan einzig’ Mal möcht’ ich Dich seh’n und wiss’n, wie Dir’s geht! Aan einzig’ Mal nur möcht’st Du zu mir kommen, um zu erfahr’n, wie treue Lieb’ ich hab’ gehegt und Alles hier in Deiner Stub’ gelass’n, g’rad’ wie es war, als Du gegangen bist! Aber Du kommst nimmer wieder, und ich – ich hab’ vergebens an Deine Lieb’ geglaubt!«
II.
    Die letzten Halme waren zusammengeharkt, und Kathrine steckte den Rechen in die Garben, mit denen der Leiterwagen hoch beladen war.
    »Nun, was soll’s, daß Du Dir’s so bequem mach’n willst?« fragte der Wiesenbauer, indem er nach den Zügeln griff.
    »Darf ich net noch aan wenig außen bleib’n, Vater? Es ist Sonntag heut’, und Du brauchst mich jetzt doch net weiter.«
    »Hab’ nix dawider; Ihr Weibsleut’ wißt immer am Best’n, wenn der Sonntag ist, an dem Ihr die Händ’ in den Schooß leg’n müßt. Aber sei zur recht’n Zeit zu Haus’, damit das Vieh net versäumt wird!«
    Das Fuhrwerk setzte sich in Bewegung, zu beiden Seiten von Knecht und Magd geleitet, welche bereit waren, mit den langen Heugabeln die schwanke Ladung im Gleichgewichte zu erhalten. Sie hatten schon eine ziemliche Strecke zurückgelegt, als sie beim Passiren eines Hohlweges lauten Peitschenknall vor sich vernahmen. Heinemann antwortete in derselben Weise. Der Nahende mußte außerhalb der Senkung warten, da innerhalb derselben ein Ausweichen nicht möglich war. Als der Fahrweg wieder offenes Terrain erreichte, sahen sie Gustav, welcher mit seinem Geschirre und einigem Gesinde an der Seite hielt.
    »Ah, Du bist’s?« fragte Heinemann höhnisch. »Erst sieht man den groß’n und nachher auch den klaanen Beelzebub; das hat nix Gutes zu bedeut’n! Aber zum Verwundern ist es net, daß Euch das Gewiss’n aus dem Hofe treibt, denn Euer Wapp’n ist dort an die Wand geschrieb’n!«
    Er zeigte bei diesen Worten nach der Ruine, auf deren von hier sichtbaren Rückseite eine große, schwarze, mit Schwanz, Hörnern und Pferdehufen ausgestattete Teufelsgestalt zu bemerken war. Gustav bog sich mit zornig glühendem Gesichte über den Leiterbaum herüber.
    »Merk’s, Wies’nbauer, was ich Dir heut’ sag’: ›Die Erntezeit ist aane heil’ge Zeit, und wer sie durch Bosheit entweiht, der wird die Strafe find’n. Was man in den Acker thut, das giebt er sorgfältig wieder; Du hast Wind und Asch’ gesä’t und wirst Sturm und Feuer ernt’n!‹«
    »Oho!« lachte Heinemann. »Wie kommst denn Du zu dieser frommen Predigt? Also Feuer werd’ ich ernt’n! Was Ihr auf dem Teufelshofe seid, das waaß hier Jedermann; wollt Ihr mir etwa auch noch den Brand ins Haus leg’n? Fahr’ zu, Teufelsbub’; ich kann Dich net in meiner Nähe leid’n!«
    Er hieb mit der Peitsche auf Gustav’s Pferde ein; diese bäumten sich erschreckt empor und sprangen zur Seite auf seine eigenen Thiere ein, welche, dadurch scheu gemacht, sich schnaubend in die Stränge legten und mit dem Wagen davonrannten. Sie kamen nicht weit; die hohe Ladung gerieth ins Wanken, verlor das Gleichgewicht und stürzte krachend auf die Seite.
    »Das ist aan schneller Lohn!«

Weitere Kostenlose Bücher