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Die Rose von Windsor: Historischer Roman (German Edition)

Die Rose von Windsor: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Rose von Windsor: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Chadwick
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ein weiterer Gang durch die Halle zu dem Podest gebracht wurde. Nachdem er sich vergewissert hatte, dass der geröstete Pfau, dem man zu Dekorationszwecken die prächtigen schillernden Schwanzfedern gelassen hatte, dem König formell präsentiert wurde, drehte er sich wieder um, aber der Junge war verschwunden.
    Doch wenig später stieß er erneut auf ihn, als er die Platten mit den Speisen überprüfte, die in der Halle der Frauen aufgetragen werden sollten. Der junge William FitzRoy spähte um die offene Tür herum in den Raum und musterte die darin versammelten Frauen eindringlich. Irgendetwas an seiner Haltung zeugte von verzweifeltem Hunger, und zu seiner Überraschung empfand Roger einen Anflug von Mitleid. Er wusste, wie es war, sich nach etwas zu sehnen, das schon lange aus seinem Leben verschwunden war.
    Als würde er seine Gegenwart spüren, fuhr der Junge herum und lief rot an. Der Blick, den er Roger zuwarf, war schuldbewusst, trotzig und zornig zugleich.
    Roger zögerte, wusste nicht, was er sagen sollte. Im Umgang mit seinem eigenen Sohn fehlten ihm nie die Worte, aber dies war nicht sein Sohn. Abneigung stieg in ihm auf, die er sofort unterdrückte. Das Kind war unschuldig, die Sünde ging auf Henrys Konto.
    »Du trägst eine sehr schöne Tunika«, meinte er.
    Der Junge schob das Kinn vor.
    »Mein Bruder, der König, hat sie mir geschenkt.«
    Roger hob ob der Betonung der Worte »der König« die Brauen. Das Benehmen des Kindes konnte von rührendem Stolz herrühren oder einfach nur bedeuten, dass der Junge ein verzogenes Balg war.
    »Es freut mich, dass er so gut für dich sorgt«, sagte er. »Du bekleidest ein wichtiges Amt bei Hof, nicht wahr?«
    Der Junge nickte.
    »Ich werde bald Knappe«, verkündete er, dann blickte er über Rogers Schulter, hinter der John of Mortain, der Bruder des Königs, auf sie zuschlenderte und sich dabei die Hose hochzog, als käme er gerade von der Latrine.
    »Mylord.« Roger drehte sich um und verneigte sich.
    »Meidest du Familienzusammenkünfte?«, fragte John obenhin, dabei legte er dem Jungen eine Hand auf die Schulter. »Was tust du denn hier, kleiner Bruder? Vernachlässigst deine Pflichten, um Frauen durch Schlüssellöcher zu beobachten? Ts, ts. Das solltest du älteren Männern wie Lord Bigod überlassen, die die Möglichkeit haben, ihre Begierde später auch zu stillen.«
    Williams Gesicht leuchtete jetzt so rot wie seine Tunika.
    »Ich habe nicht … ich wollte nur …«
    »…einen Moment verschnaufen«, sprang Roger ein, während er John mit einem tadelnden Blick maß. »Außerdem empfiehlt es sich immer, zu wissen, was um einen herum vorgeht. Und was das Spähen durch Schlüssellöcher angeht …. das überlasse ich denen, die Spaß an solchen Spielchen haben.«
    John kniff einen Moment lang die Augen zusammen, dann beschloss er, Belustigung vorzutäuschen, und versetzte seinem Halbbruder einen spielerischen Rippenstoß.
    »Na lauf schon, du Schlingel.«
    William duckte sich unter Johns Arm hinweg und schoss in Richtung der Halle davon. John stemmte die Hände in die Hüften und sah ihm grinsend nach. »Irgendwie mag ich den Bengel. Mein Vater war immer gut zu den Bastarden, die er seinen Huren angehängt hat. Richard wird dafür sorgen, dass es ihm an nichts fehlt und etwas aus ihm wird, so wie mein Vater es wollte, und sollte mir diese Verantwortung zufallen, werde ich dasselbe tun … zum Gedenken an alles, was war.«
    »Danke, Sire«, erwiderte Roger steif, obwohl er seinen Peiniger am liebsten bewusstlos geprügelt hätte. John war für seine verbale Grausamkeit, sein verschlagenes Wesen und seine Vorliebe für Heimlichkeiten bekannt. Er würde nie geradewegs auf ein Ziel zusteuern, wenn die erfreuliche Möglichkeit bestand, einen Tunnel zu graben, und immer, wenn er sprach, trafen seine Worte irgendjemanden wie Pfeile.
    Als John weiterging, überlegte Roger jedoch, ob er vielleicht auch bei der Halle der Frauen stehen geblieben war, um einen Blick auf eine Mutter zu werfen, die er kaum kannte. Man konnte die verlorenen Jahre nicht zurückholen, aber ohne sie war es schwer, ein ausgeglichenes Erwachsenenleben zu führen. Seine eigene Mutter nahm nicht an dem Fest teil, aber er wusste, wie leicht er selbst derjenige hätte sein können, der sehnsuchtsvoll in diesen Raum spähte.

    William lehnte sich vor Scham glühend gegen die Wand eines der Nebengebäude. Er hatte nur einen Blick auf die Frau erhaschen wollen, die ihn geboren hatte, um ihr Bild in

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