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Die Rose von Windsor: Historischer Roman (German Edition)

Die Rose von Windsor: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Rose von Windsor: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Chadwick
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mit anderen Augen sehen, wenn du älter bist. Komm jetzt und setz dich ans Feuer, und ich erzähle dir alles, was ich über deine Mutter weiß.«
    Zwischen dem Wunsch, alles zu erfahren, und der unbestimmten
Ahnung, es sei besser, die Dinge auf sich beruhen zu lassen, blieb William, wo er war. Aber schließlich ließ er sich von Hodierna überreden und zur Bank am Feuer führen. Er hörte ihr stumm zu, doch ihre Worte schienen aus weiter Ferne zu kommen, und er konnte noch immer nicht glauben, dass seine Mutter ein lebendes, atmendes Wesen war und keine Gestalt aus einem Wintermärchen.

26
    Westminster, 1189
September 1189

    Ein Stück flussabwärts der Stadt London wurde der Westminsterpalast von Fackeln, Kerzen und Laternen hell erleuchtet, als sich die Abenddämmerung über den Komplex von Hallen, Verwaltungsgebäuden und Kapellen herabsenkte. Die Reflexionen der Lichter tanzten wie vom Himmel gefallene Sterne über die Wasseroberfläche der Themse.
    Zuvor war Richard in der großen Kirche in einer prunkvollen Zeremonie, an der der Adel, die Magnaten und die Bischöfe Englands teilgenommen hatten, gesalbt und zum König gekrönt worden.
    Das Fest in der vor hundert Jahren von William Rufus, dem Sohn des Eroberers, erbauten großen Halle war eine rein männliche Angelegenheit; die Frauen, die der Krönung in der Kirche beigewohnt hatten, feierten mit Königin Eleanor in Whitehall, der kleineren Halle.
    Roger kam, ein weißes Handtuch mit Fransen über seine Schulter gelegt, seinen zeremoniellen Pflichten nach, unterstützt
von den anderen königlichen Tafelmeistern, zu denen auch Robert, Earl of Leicester, gehörte, der vor kurzem die Nachfolge seines Vaters angetreten hatte. Leicester war verpflichtet worden, Richard auf seinem Kreuzzug in das Heilige Land zu begleiten. Er war ein erfahrener Soldat, und seine Fähigkeiten würden sich auf einem längeren Feldzug sicher als nützlich erweisen. Roger jedoch wusste wie alle anderen auch, dass Richard ungeachtet Leicesters Prahlerei wegen seiner neuen Ämter den Earl nicht allein auf den Kreuzzug mitnahm, um einen kompetenten Befehlshaber auf dem Schlachtfeld zu haben, sondern weil er eine Gefahr in seinem Heimatland eliminieren wollte. Leicesters Vater war einer der Rädelsführer einer Rebellion gewesen, die fast zum Untergang des Reiches geführt hätte. Richard wollte kein Risiko eingehen.
    Roger wusste gleichfalls, dass auch er von Richard auf Herz und Nieren geprüft wurde. Im Gegensatz zu William Marshal konnte er weder auf eine lange Geschichte in königlichen Diensten bauen, noch genoss er Königin Eleanors Freundschaft und konnte darauf setzen, dass sie für ihn eintrat. Alles hing für ihn noch in der Schwebe, obwohl es für Roger von Vorteil war, dass Ranulf de Glanville als Justiciar abgesetzt worden war und Richard keinen Zweifel daran gelassen hatte, dass er de Glanvilles Teilnahme an dem Kreuzzug wünschte. Er hatte nicht vor, ihm die Kontrolle über England zu überlassen. Es waren Gerüchte über beträchtliche Unterschlagungen im Umlauf, denen Roger durchaus Glauben schenkte, auch wenn sie sich wohl nur schwer beweisen lassen würden. Ranulf war nicht der einzige de Glanville, der das Kreuz nahm. Gundredas Mann sollte seinem Bruder zur Seite stehen, und Huon hatte sich bereits verpflichtet. Der einzige Nachteil, den Roger sah, bestand darin, dass die drei so Gelegenheit bekamen, sich bei Richard einzuschmeicheln.
    Sein Blick blieb auf einem königlichen Pagen haften, der an der hohen Tafel servierte und seine Aufgabe mit rascher, sorgfältiger Präzision erfüllte. Sein dunkles Haar hob sich schimmernd von seiner rotgoldenen Tunika ab, und Roger erkannte die geschickten Bewegungen seiner Hände sofort, weil er sie daheim jeden Tag sah, wenn Ida nähte oder Borten webte. Der Junge war ihm bislang nicht aufgefallen, weil er zu beschäftigt gewesen war, aber jetzt beobachtete er ihn mit schmalen Augen, wobei sich seine Muskeln in instinktiver Abwehr anspannten. Als würde er Rogers Blick spüren, sah der Junge auf und starrte ihn an, was Roger einen Schock versetzte, weil seine Augen denen Idas so glichen – und auch wieder nicht, denn Idas Augen waren stets voller Liebe auf ihn gerichtet, während die des Jungen hart und feindselig funkelten. Roger seufzte leise. Das Kind musste seinen Hintergrund kennen, sonst würde es ihn, einen völlig Fremden, nicht so ansehen.
    Eine Fanfare erscholl, und Roger musste sich auf seine Pflichten konzentrieren, als

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