Die Rose von Windsor: Historischer Roman (German Edition)
nicht, aber vielleicht in Kürze.« Er zeigte auf einen der vor ihm ausgebreiteten Pergamentbögen. »Welchen Mann würdet Ihr denn vorschlagen?«
»Nun, ein Marshal wäre meiner Meinung nach die beste Wahl«, erwiderte William mit unbewegtem Gesicht, dabei griff er nach einem weiteren Stück Brot.
Richard schnaubte.
»Meine Gedanken haben sich nicht so weit von Framlingham entfernt, Mylord, wie Ihr sehr wohl wisst.« Er tippte mit dem Finger auf das Pergament. »Roger Bigod hat mir tausend Mark für den Titel geboten, dazu Pack-und Reitpferde, zwei Jagdhunde und einen Ballen purpurfarbener Seide.«
»Purpurrote Seide ist kostbarer als Gold, und bessere Pferde als die Roger Bigods findet Ihr nirgendwo in Eurem Reich.«
»Das mag sein, aber kann ich mir der Loyalität des Mannes sicher sein? Der Name seines Vaters stand stellvertretend für Verrat. Mein eigener Vater musste seine Burgen beschlagnahmen und Orford erbauen lassen, um den Hurensohn in Schach
zu halten. East Anglia ist reich, und von seinen Häfen gelangt man mühelos nach Flandern.«
»Sein Vater mag ein Verräter gewesen sein«, hielt William dagegen, »aber Roger Bigod ist genauso wenig ein zweiter Earl Hugh, wie Ihr eine zweite Ausgabe Eures Vaters seid. Ich kenne Roger schon sehr lange. Er ist ein Ehrenmann und ein Arbeitstier.«
»Ist er auch vertrauenswürdig?«
William biss in sein Brot.
»Wenn er rebellieren wollte, hätte er es schon längst getan. Er hat bei Fornham gesiegt. Wer weiß, was ohne diesen Sieg aus England geworden wäre. Außerdem ist er mit der Mutter Eures Halbbruders verheiratet und demzufolge mit Euch verwandt.«
Richard quittierte diese Bemerkung mit einem sarkastischen Lachen.
»Aber nicht durch Blutsbande, Marshal, nicht durch Blutsbande.«
»Was manchmal nicht das Schlechteste ist.«
»Aber würdet Ihr ihm Euer Leben anvertrauen? Würde er sich zwischen Euch und eine für Euch bestimmte Klinge werfen? Ich habe oft genug erlebt, dass einen gerade die angeblich so loyalen Männer im entscheidenden Moment im Stich lassen, und ich werde die Grafschaft Norfolk niemandem zusprechen, der nicht absolut zuverlässig ist.«
William hielt Richards durchdringendem Blick unverwandt stand.
»Roger Bigod steht stets zu seinem Wort«, entgegnete er. »Und ja, er würde sich in die für Euch bestimmte Klinge stürzen.«
»Seid Ihr da ganz sicher?«
»Das schwöre ich bei meinem Leben.«
Richard runzelte nachdenklich die Stirn.
»Sein Halbbruder begibt sich mit mir auf den Kreuzzug, und er hat mir gleichfalls eine bescheidene Summe angeboten, damit ich zu seinen Gunsten entscheide. Er beansprucht alle Bigod-Ländereien, die sein Vater während seiner Zeit als Earl erworben hat, die Zahl beläuft sich auf mehr als siebzig Landsitze.« Wieder tippte er auf das Pergament. »Ein Vater kann sein Land hinterlassen, wem er will, und obwohl traditionell der jüngere Sohn das angekaufte Land erbt, ist dies nicht gesetzlich festgelegt.«
»Also hat Rogers Bruder keine Rechte?«
»Um das Erbe des Vaters ist erwartungsgemäß ein Streit entbrannt. Mir scheint, dass Roger in diesem Fall mehr Trümpfe in der Hand hat, denn ich bezweifle, dass man sich auf seinen Halbbruder verlassen kann, wenn es hart auf hart kommt – aber ich könnte mich natürlich irren. Ich werde auf dem Weg nach Jerusalem ja Gelegenheit haben, es herauszufinden.«
»Sire, Ihr solltet diese Angelegenheit regeln, bevor Ihr nach Jerusalem aufbrecht«, drängte William. »Roger könnte Euch von großem Nutzen sein. Ihr habt mich zum Lord von Striguil gemacht, damit ich Euch bei den Regierungsgeschäften behilflich sein kann, aber dazu brauche ich die Unterstützung von Männern, denen ich vertraue, und zu denen zählt Roger Bigod. Mit dem Titel des Earl of Norfolk könnt Ihr ihn an Euch binden.«
Richard drehte den Becher in den Händen und betrachtete die Edelsteine, mit denen der untere Rand besetzt war.
»Tausend Mark für die Grafschaft, den dritten Penny und die Erlaubnis, Framlingham wieder aufzubauen«, murmelte er. »Eine beträchtliche Summe, aber meiner Meinung nach hat er sein Angebot recht niedrig kalkuliert.«
»Roger Bigod ist kein Narr, wenn es um Geld geht«, stimmte William zu.
Richard blickte über seine Schulter hinweg zu seinem Kanzler hinüber.
»Aber er ist sicherlich nicht so gerissen wie der Bischof von Ely«, bemerkte er belustigt.
William lächelte schief. Er wusste, dass Longchamp dem König treu ergeben war und so eifersüchtig auf
Weitere Kostenlose Bücher