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Die Rose von Windsor: Historischer Roman (German Edition)

Die Rose von Windsor: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Rose von Windsor: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Chadwick
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schmiegte. »Jeder Tag ist mir wie ein Jahr vorgekommen.«
    »Jeder Tag war wie ein Jahr«, murmelte er und zog sie in die Arme.

    Auf seinem Schlachtross sitzend verfolgte Roger, wie Hugh über die Wiese ritt, seinen kleinen Speer zückte und auf den ersten von drei Pfählen zutrabte, an denen ein Ring aus geflochtenen Weidenruten hing. Hugh hatte sein Pferd gut im Griff, saß ausgezeichnet im Sattel und vermochte genau zu zielen. Unter dem Beifall der Zuschauer sammelte er nacheinander alle drei Ringe ein.
    »Er wird einmal ein ebenso guter Turnierkämpfer wie sein Vater«, bemerkte Oliver Vaux grinsend, als Hugh sein Pferd wendete und auf sie zuritt.
    Roger lächelte stolz und widersprach nicht, obwohl er bei sich dachte, dass Hugh seine Zeit schwerlich auf dem Turnierfeld verbringen würde. Der Junge hatte zweifellos Talent, aber er steckte seine Nase lieber in ein Buch oder sah den Steinmetzen zu. Er zeigte großes Interesse am Zuschneiden und Bearbeiten der Steine und war fasziniert von der Kunst, Verzierungen herauszuarbeiten. Von seiner Mutter hatte er den Blick für Symmetrie, Farben und Muster geerbt. Die Kriegerausbildung gehörte zu seiner Erziehung, aber Hugh war nicht mit dem Herzen dabei, wohingegen seine jüngeren Brüder bereits ständig ihre Spielzeugschwerter schwangen.
    »Gut gemacht, Sohn!«, lobte Roger, als Hugh sich zu ihnen gesellte. Der Junge errötete vor Freude. Mit einem schmerzhaften Stich registrierte Roger erneut, wie sehr er während seiner Abwesenheit gewachsen war. Er war zwar noch ein Junge, aber vor ihm lagen nicht mehr viele Kinderjahre. Roger seufzte, befahl einem Diener, die Ringe wieder aufzuhängen, ließ sich eine Lanze geben und vollführte dasselbe Manöver wie Hugh, teils, um in Übung zu bleiben, teils, weil es ihm Vergnügen bereitete, Hand, Augen und Pferd zu koordinieren, und ihn daran erinnerte, dass trotz all der Pflichten und der auf seinen Schultern lastenden Verantwortung noch immer das Blut eines jungen
Mannes durch seine Adern floss und es galt, die kleinen Freuden des Lebens zu genießen.
    Er war seit einer Woche wieder daheim, und obwohl er mit dem Landgut, der Überwachung der Bauarbeiten und dem Problem des Lösegelds beschäftigt gewesen war, hatte es immer wieder kurze Momente wie diesen gegeben, in denen er sich entspannen konnte. Es war ein Luxus, dass er in einem Bett mit einer Federmatratze erwachen durfte und Ida an seiner Seite spürte, dass er in ihrer Gesellschaft die Mahlzeiten einnahm und sie abends beim Nähen oder Sticken beobachtete. Und er genoss ihre körperlichen Berührungen. Er war kein Sklave seiner Begierden wie andere Männer, hatte aber dennoch den Liebesakt mit seiner Frau schmerzlich vermisst. Auch seine Kinder bereiteten ihm Freude. Ihre Possen amüsierten ihn, und ihre Lebhaftigkeit hatte auf ihn dieselbe Wirkung wie ein Ritt über das Übungsfeld. Er empfand einen überwältigenden Beschützerinstinkt, wenn sich seine kleinste Tochter auf seinem Schoß in seinen pelzgesäumten Umhang kuschelte und einschlief. Das bedingungslose Vertrauen, das sie ihm bewies, rührte ihn zutiefst. Sein eigener Vater hatte derartige Erfahrungen nie gemacht, er wäre vielmehr entsetzt vor der Vorstellung zurückgeschreckt, ein Kind auf den Schoß zu nehmen, was Roger im Nachhinein ein wenig traurig stimmte.
    Er traf ebenfalls alle drei Ringe, trabte zu den anderen zurück und sonnte sich in der Bewunderung in den Augen seines Sohnes.
    Als er vom Pferd stieg, schoss der riesige weiße Ganter aus dem Hühnerhof über die Grasnarbe und verfolgte ein paar aufgeregt gackernde Hennen. Zischend und fauchend verteidigte er mit lang ausgestrecktem Hals sein Territorium.
    »Vorsicht, Sir«, warnte der Stallbursche, der herbeigekommen war, um Rogers Pferd zu nehmen. »Letzte Woche ist er
auf den Steinmetzmeister losgegangen, weil er gedacht hat, er würde seine Frauen bedrohen.« Er nickte in Richtung der vier braunen Gänse, die vor der Mauer einer Vorratshütte an ein paar Grasbüscheln zupften.
    Roger schnaubte belustigt, während er beobachtete, wie der Ganter die Hennen über den Hof scheuchte. Einige der hirnlosen Geschöpfe flatterten hoch und landeten gackernd in dem Wassertrog, wo sie voller Panik mit den Flügeln schlugen, während der Ganter sie noch immer drohend anzischte. Roger begann zu prusten, und seine Männer hielten sich vor Lachen die Seiten. Einen Moment später kam eine Frau mit aufgerollten Ärmeln und einer Schöpfkelle in der Hand

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