Die Rose von Windsor: Historischer Roman (German Edition)
auszukommen.« Nachdem er sich einmal für das Thema erwärmt hatte, gewann seine Begeisterung die Oberhand über sein Misstrauen und Unbehagen. Hier bewegte er sich auf sicherem Terrain.
Der Wettbewerb ging zu Ende, als der letzte Ritter den Stein in einen Rosenbusch schleuderte, woraufhin ein Regen von Blütenblättern herabrieselte und ein Zweig abbrach. Der Mann verneigte sich und wurde mit einer Kakophonie von Pfiffen und Beifall belohnt. Ida schüttelte den Kopf.
»Der Gärtner wird morgen nicht sein Freund sein«, meinte sie, lächelte aber dabei.
»Das gilt für uns alle – bei dem zertrampelten Gras. Ich …« Roger brach ab, als ein Diener sich vor ihnen verneigte.
»Mistress, der König wünscht, dass Ihr ihm aufwartet«, verkündete er.
Sogar im Fackelschein war deutlich zu erkennen, dass Ida errötete.
»Selbstverständlich«, murmelte sie, dann knickste sie mit gesenktem Blick vor Roger. »Mylord, es war ein Vergnügen, sich mit Euch zu unterhalten, aber jetzt müsst Ihr mich entschuldigen.«
»Demoiselle.« Er verneigte sich, sagte aber nichts weiter, obwohl
er den nahezu überwältigenden Drang dazu verspürte. Es war zu seinem eigenen Besten, dass niemand auf die Idee kam, er würde ihr den Hof machen oder ihre Gesellschaft suchen, obgleich er nichts lieber getan hätte. Er sah zu, wie sie zum König hinüberging. Über ihn gebeugt hörte sie sich an, was er ihr zu sagen hatte, ohne den Blick von ihm zu wenden. Henry hob lächelnd eine Hand und strich ihr über das Gesicht. Vernehmlich den Atem ausstoßend gesellte sich Roger wieder zu seinen Gefährten und verdrängte grimmig jeglichen Gedanken an eine Tändelei mit ihr.
7
Châteauroux, französische Grenze,
Herbst 1177
Nach Atem ringend säuberte Roger sein Schwert am Ärmel des Fußsoldaten, den er soeben niedergestreckt hatte. An seiner Seite hakte Anketil die Helmbrünne auf, die sein Gesicht schützte, und japste wie ein Trinker, der nach langer Trockenzeit seinen ersten Becher Wein hinunterstürzt.
»Bei den Gebeinen Gottes!«, schnaufte er, sich mit dem Unterarm über Mund und Kinn wischend. »Das war für meinen Geschmack entschieden zu knapp.«
Roger entblößte die Zähne zu einem freudlosen Grinsen. Er bekam nicht genug Luft, um zurückzugeben, dass es nie einfach war, eine Burg ihren Besatzern zu entreißen. Nachdem sie mit Hilfe von Leitern einen Abschnitt der Mauer eingenommen hatten, hatte der Kampf, ihn zu halten, erbittert getobt und war noch nicht vorüber. Die Schlacht nahm auf der Brustwehr
ihren Fortgang. Châteauroux war eine strategische Festung in den umkämpften Marschen zwischen Frankreich und Anjou. Ihr Lord, der Henry den Treueeid geleistet hatte, war auf einem Kreuzzug gestorben und hatte eine fünfjährige Tochter als Erbin hinterlassen. Die Franzosen hatten Anspruch auf die Burg erhoben und sie besetzt, und Henry brannte darauf, sie zurückzuerobern und das Erbe der kleinen Denise de Châteauroux zu kontrollieren.
Roger hatte schon früher um Burgen gekämpft. Die Schlacht von Haughsley hatte sich unauslöschlich in seine Erinnerung eingebrannt: die Vorwürfe und Schuldzuweisungen seines Vaters, sein Gefühl, versagt zu haben, der Verlust seiner Männer. In gewisser Hinsicht hatte sein verhasster Vater ihm einen Dienst erwiesen. Er hatte an diesem Tag verschiedene Lektionen gelernt, war im Feuer gehärtet worden und als scharfer, unverwüstlicher Stahl daraus hervorgegangen. Dieser Stahl hatte bei Fornham in all seinem neuen Glanz geschimmert und ermöglichte es ihm jetzt, mit der Patina der Erfahrung, seine Männer zu organisieren, das zu bewahren, was sie erstritten hatten, und mit grimmiger, entschlossener Tatkraft das nächste Ziel in Angriff zu nehmen.
» A Bigod! A Bigod! « Anketil hatte genug Atem geschöpft und stieß den Kriegsruf aus, als die goldenen Schilde mit den roten Kreuzen wie Feuer auf der Brustwehr aufflammten und das Bigod-Banner zusammen mit dem königlichen Löwen Englands entrollt wurde und Sieg verheißend im Wind wehte.
In dieser Nacht ging es im Wachraum hoch her. Henrys Soldaten feierten die Zurückeroberung von Châteauroux vom König von Frankreich. Roger, der mit Anketil, Hamo Lenveise und Oliver Vaux an einem Tisch saß, schenkte sich Wein aus einem großen Krug ein und trank. Sein Kopf summte, und er wusste,
dass er unsicher auf den Beinen sein würde, wenn er aufstand. Es war Zeit, mit dem Trinken aufzuhören. Nach einem Kampf geschah immer dasselbe. Man betrank
Weitere Kostenlose Bücher